Es erhellet so gleich aus diesenWarumb die Lufft die gantze Erde um- giebet. Eigenschafften, daß die Lufft den gantzen Erdboden umgeben muß. Denn man setze, es sey ein Ort auf der Erde vorhanden, da keine Lufft wäre? weil daselbst der Lufft in den anliegenden Ländern nichts wiederste- het, so muß sie nicht allein durch ihre Schweere, nach Art aller flüßigen Cörper, die eine Schweere haben, sondern auch ver- möge ihrer ausdehnenden Krafft sich dahin bewegen und durch den Lufftleeren Raum ausbreiten, biß sie ihn dergestalt erfüllet, daß die daselbst nunmehro vorhandene Lufft durch ihre Schweere und ausdehnende Krafft der in den anligenden Ländern ge- nungsam wieder stehet. Man kan ein solches Land, da keine Lufft seyn sollte, ansehen wie ein Gefässe, daraus man die Lufft ausge- pumpet. Gleichwie nun die äussere Lufft daselbst hinein dringet, bis es auf eine gleichmäßige Art wie von aussen damit er- füllet (§. 86. T. I. Exper.): eben so müste es auf dem Erdboden geschehen, wenn über einem Lande die Lufft weggenommen würde,
§. 187.
Und eben diese Ursache ist es,Warumb sie in die Tieffe dringet. warum die Lufft in die Tieffe dringet, wenn eine Grube gegraben wird. Denn wir können uns auch hier die Grube unter dem ausgeleereten Recipienten vorstellen: wie ein jeder leicht begreiffet.
§. 188
(Physick) S
Cap. II. Von der Lufft
§. 186.
Es erhellet ſo gleich aus dieſenWarumb die Lufft die gantze Erde um- giebet. Eigenſchafften, daß die Lufft den gantzen Erdboden umgeben muß. Denn man ſetze, es ſey ein Ort auf der Erde vorhanden, da keine Lufft waͤre? weil daſelbſt der Lufft in den anliegenden Laͤndern nichts wiederſte- het, ſo muß ſie nicht allein durch ihre Schweere, nach Art aller fluͤßigen Coͤrper, die eine Schweere haben, ſondern auch ver- moͤge ihrer ausdehnenden Krafft ſich dahin bewegen und durch den Lufftleeren Raum ausbreiten, biß ſie ihn dergeſtalt erfuͤllet, daß die daſelbſt nunmehro vorhandene Lufft durch ihre Schweere und ausdehnende Krafft der in den anligenden Laͤndern ge- nungſam wiedeꝛ ſtehet. Man kan ein ſolches Land, da keine Lufft ſeyn ſollte, anſehen wie ein Gefaͤſſe, daraus man die Lufft ausge- pumpet. Gleichwie nun die aͤuſſere Lufft daſelbſt hinein dringet, bis es auf eine gleichmaͤßige Art wie von auſſen damit er- fuͤllet (§. 86. T. I. Exper.): eben ſo muͤſte es auf dem Erdboden geſchehen, wenn uͤber einem Lande die Lufft weggenommen wuͤrde,
§. 187.
Und eben dieſe Urſache iſt es,Warumb ſie in die Tieffe dringet. warum die Lufft in die Tieffe dringet, wenn eine Grube gegraben wird. Denn wir koͤnnen uns auch hier die Grube unter dem ausgeleereten Recipienten vorſtellen: wie ein jeder leicht begreiffet.
§. 188
(Phyſick) S
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Cap. II. Von der Lufft
§. 186. Es erhellet ſo gleich aus dieſen
Eigenſchafften, daß die Lufft den gantzen
Erdboden umgeben muß. Denn man ſetze,
es ſey ein Ort auf der Erde vorhanden, da
keine Lufft waͤre? weil daſelbſt der Lufft in
den anliegenden Laͤndern nichts wiederſte-
het, ſo muß ſie nicht allein durch ihre
Schweere, nach Art aller fluͤßigen Coͤrper,
die eine Schweere haben, ſondern auch ver-
moͤge ihrer ausdehnenden Krafft ſich dahin
bewegen und durch den Lufftleeren Raum
ausbreiten, biß ſie ihn dergeſtalt erfuͤllet, daß
die daſelbſt nunmehro vorhandene Lufft
durch ihre Schweere und ausdehnende
Krafft der in den anligenden Laͤndern ge-
nungſam wiedeꝛ ſtehet. Man kan ein ſolches
Land, da keine Lufft ſeyn ſollte, anſehen wie
ein Gefaͤſſe, daraus man die Lufft ausge-
pumpet. Gleichwie nun die aͤuſſere Lufft
daſelbſt hinein dringet, bis es auf eine
gleichmaͤßige Art wie von auſſen damit er-
fuͤllet (§. 86. T. I. Exper.): eben ſo muͤſte
es auf dem Erdboden geſchehen, wenn uͤber
einem Lande die Lufft weggenommen
wuͤrde,
Warumb
die Lufft
die gantze
Erde um-
giebet.
§. 187. Und eben dieſe Urſache iſt es,
warum die Lufft in die Tieffe dringet, wenn
eine Grube gegraben wird. Denn wir
koͤnnen uns auch hier die Grube unter dem
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ſie in die
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/309>, abgerufen am 22.11.2024.
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