Zeit die Lufft und den Erdboden wärmer machen als er ist.
Wie die Winde es kalt machen.
§. 243.
Jch habe schon oben erinnert, daß die Winde, sonderlich wenn sie starck blasen, die Lufft und den Erdboden nebst denen darauf befindlichen Cörpern abküh- len (§ 214). Und wir brauchen auch das Bla- sen als ein Mittel warme Sachen abzu- kühlen. Der Wind jaget die Lufft, wel- che von der Sonne etwas erwärmet wor- den, gleich wieder weg und bringet andere kalte in deren Stelle. Derowegen kan sie nicht so warm werden, als geschehen wür- de, wenn sie eine Weile in einem Orte stille stehen bliebe. Wiederumb die Lufft kan von der Wärme, die aus dem Erdboden aufsteiget, nur einen gewissen Antheil an- nehmen (§. 109 T. I. Exp). Derowegen wenn der Wind immer frische Lufft an einem Ort hinbringet; so nimmet die Lufft auch mehr von der Wärme der Erde weg, als sonst weggehen würde. Da wir finden, daß die warme Lufft durch die Bewegung kalt wird, wie man auch zu dem Ende Machinen er- dacht, damit man durch Bwegung der Lufft abkühlet (b); so kan es auch seyn, daß die Bewegung der Wärme durch die Bewe- gung des Windes gehemmet wird: wo- durch es gleichfalls kälter wird (§. 77). Es (a) Böckler in Theatro Machinarum Tab.
trä-
Cap. IV. Von den Witterungen
Zeit die Lufft und den Erdboden waͤrmer machen als er iſt.
Wie die Winde es kalt machen.
§. 243.
Jch habe ſchon oben erinnert, daß die Winde, ſonderlich wenn ſie ſtarck blaſen, die Lufft und den Erdboden nebſt denen darauf befindlichen Coͤrpern abkuͤh- len (§ 214). Und wir brauchen auch das Bla- ſen als ein Mittel warme Sachen abzu- kuͤhlen. Der Wind jaget die Lufft, wel- che von der Sonne etwas erwaͤrmet wor- den, gleich wieder weg und bringet andere kalte in deren Stelle. Derowegen kan ſie nicht ſo warm werden, als geſchehen wuͤr- de, wenn ſie eine Weile in einem Orte ſtille ſtehen bliebe. Wiederumb die Lufft kan von der Waͤrme, die aus dem Erdboden aufſteiget, nur einen gewiſſen Antheil an- nehmen (§. 109 T. I. Exp). Derowegen weñ der Wind immer friſche Lufft an einem Ort hinbringet; ſo nimmet die Lufft auch mehr von der Waͤrme der Erde weg, als ſonſt weggehen wuͤrde. Da wir finden, daß die warme Lufft durch die Bewegung kalt wird, wie man auch zu dem Ende Machinen er- dacht, damit man durch Bwegung der Lufft abkuͤhlet (b); ſo kan es auch ſeyn, daß die Bewegung der Waͤrme durch die Bewe- gung des Windes gehemmet wird: wo- durch es gleichfalls kaͤlter wird (§. 77). Es (a) Boͤckler in Theatro Machinarum Tab.
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Cap. IV. Von den Witterungen
Zeit die Lufft und den Erdboden waͤrmer
machen als er iſt.
§. 243. Jch habe ſchon oben erinnert,
daß die Winde, ſonderlich wenn ſie ſtarck
blaſen, die Lufft und den Erdboden nebſt
denen darauf befindlichen Coͤrpern abkuͤh-
len (§ 214). Und wir brauchen auch das Bla-
ſen als ein Mittel warme Sachen abzu-
kuͤhlen. Der Wind jaget die Lufft, wel-
che von der Sonne etwas erwaͤrmet wor-
den, gleich wieder weg und bringet andere
kalte in deren Stelle. Derowegen kan ſie
nicht ſo warm werden, als geſchehen wuͤr-
de, wenn ſie eine Weile in einem Orte ſtille
ſtehen bliebe. Wiederumb die Lufft kan
von der Waͤrme, die aus dem Erdboden
aufſteiget, nur einen gewiſſen Antheil an-
nehmen (§. 109 T. I. Exp). Derowegen weñ
der Wind immer friſche Lufft an einem Ort
hinbringet; ſo nimmet die Lufft auch mehr
von der Waͤrme der Erde weg, als ſonſt
weggehen wuͤrde. Da wir finden, daß die
warme Lufft durch die Bewegung kalt wird,
wie man auch zu dem Ende Machinen er-
dacht, damit man durch Bwegung der Lufft
abkuͤhlet (b); ſo kan es auch ſeyn, daß die
Bewegung der Waͤrme durch die Bewe-
gung des Windes gehemmet wird: wo-
durch es gleichfalls kaͤlter wird (§. 77). Es
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(a) Boͤckler in Theatro Machinarum Tab.
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 330. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/366>, abgerufen am 22.11.2024.
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