Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

Schnee und Hagel.
ter geregnet, ohne daß von den oberen et-
was herab geregnet, Jch werde nach die-
sem bey dem Schnee noch eine andere Ur-
sache anführen, warumb die Wolcken, wel-
che starck herab regnen, wässerige Tropffen
führen müssen. Nemlich es können die
Dünste durch allerhand Veränderungen
in der oberen Lufft, wie aus dem vorherge-
henden überflüßig abzunehmen, was von
dem Thau (§. 271 & seqq.) und von dem
Regen erst jetzund gesaget worden, dicke und
wäßerig (§. 252) werden. Ob nun zwar
die dünnen Dünste nicht gefroren (§. 260);
so gefrieren doch die dicken, die wäßerig ge-
nung sind: oben aber ist es auch in dem
heissesten Sommer so kalt, daß Dünste ge-
frieren können, maassen eine bekandte Sa-
che ist, daß auch selbst in Hunds-Tagen auf
hohen Gebürgen Schnee gefunden wird.
Diese gefrornen Dünste sind freylich
schweerer als die Lufft und sollen darinnen
niederfallen (§. 195 T. I. Exper.): allein
sie werden durch den Wind in der Lufft er-
halten, indem ihre Krafft, damit sie beweget
werden, stärcker ist als die Schweere, da-
mit sie der Lufft überlegen seyn. Es wie-
derstehet auch die Lufft, die eine ausdeh-
nende Krafft hat, noch auf eine besondere
Art als andere flüßige Materien, die damit
nicht versehen sind. Denn indem etwas
herunter fallen will, wird sie zusammen ge-

druckt
A a 3

Schnee und Hagel.
ter geregnet, ohne daß von den oberen et-
was herab geregnet, Jch werde nach die-
ſem bey dem Schnee noch eine andere Ur-
ſache anfuͤhren, warumb die Wolcken, wel-
che ſtarck herab regnen, waͤſſerige Tropffen
fuͤhren muͤſſen. Nemlich es koͤnnen die
Duͤnſte durch allerhand Veraͤnderungen
in der oberen Lufft, wie aus dem vorherge-
henden uͤberfluͤßig abzunehmen, was von
dem Thau (§. 271 & ſeqq.) und von dem
Regen erſt jetzund geſaget worden, dicke und
waͤßerig (§. 252) werden. Ob nun zwar
die duͤnnen Duͤnſte nicht gefroren (§. 260);
ſo gefrieren doch die dicken, die waͤßerig ge-
nung ſind: oben aber iſt es auch in dem
heiſſeſten Sommer ſo kalt, daß Duͤnſte ge-
frieren koͤnnen, maaſſen eine bekandte Sa-
che iſt, daß auch ſelbſt in Hunds-Tagen auf
hohen Gebuͤrgen Schnee gefunden wird.
Dieſe gefrornen Duͤnſte ſind freylich
ſchweerer als die Lufft und ſollen darinnen
niederfallen (§. 195 T. I. Exper.): allein
ſie werden durch den Wind in der Lufft er-
halten, indem ihre Krafft, damit ſie beweget
werden, ſtaͤrcker iſt als die Schweere, da-
mit ſie der Lufft uͤberlegen ſeyn. Es wie-
derſtehet auch die Lufft, die eine ausdeh-
nende Krafft hat, noch auf eine beſondere
Art als andere fluͤßige Materien, die damit
nicht verſehen ſind. Denn indem etwas
herunter fallen will, wird ſie zuſammen ge-

druckt
A a 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0409" n="373"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Schnee und Hagel.</hi></fw><lb/>
ter geregnet, ohne daß von den oberen et-<lb/>
was herab geregnet, Jch werde nach die-<lb/>
&#x017F;em bey dem Schnee noch eine andere Ur-<lb/>
&#x017F;ache anfu&#x0364;hren, warumb die Wolcken, wel-<lb/>
che &#x017F;tarck herab regnen, wa&#x0364;&#x017F;&#x017F;erige Tropffen<lb/>
fu&#x0364;hren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Nemlich es ko&#x0364;nnen die<lb/>
Du&#x0364;n&#x017F;te durch allerhand Vera&#x0364;nderungen<lb/>
in der oberen Lufft, wie aus dem vorherge-<lb/>
henden u&#x0364;berflu&#x0364;ßig abzunehmen, was von<lb/>
dem Thau (§. 271 <hi rendition="#aq">&amp; &#x017F;eqq.</hi>) und von dem<lb/>
Regen er&#x017F;t jetzund ge&#x017F;aget worden, dicke und<lb/>
wa&#x0364;ßerig (§. 252) werden. Ob nun zwar<lb/>
die du&#x0364;nnen Du&#x0364;n&#x017F;te nicht gefroren (§. 260);<lb/>
&#x017F;o gefrieren doch die dicken, die wa&#x0364;ßerig ge-<lb/>
nung &#x017F;ind: oben aber i&#x017F;t es auch in dem<lb/>
hei&#x017F;&#x017F;e&#x017F;ten Sommer &#x017F;o kalt, daß Du&#x0364;n&#x017F;te ge-<lb/>
frieren ko&#x0364;nnen, maa&#x017F;&#x017F;en eine bekandte Sa-<lb/>
che i&#x017F;t, daß auch &#x017F;elb&#x017F;t in Hunds-Tagen auf<lb/>
hohen Gebu&#x0364;rgen Schnee gefunden wird.<lb/>
Die&#x017F;e gefrornen Du&#x0364;n&#x017F;te &#x017F;ind freylich<lb/>
&#x017F;chweerer als die Lufft und &#x017F;ollen darinnen<lb/>
niederfallen (§. 195 <hi rendition="#aq">T. I. Exper.</hi>): allein<lb/>
&#x017F;ie werden durch den Wind in der Lufft er-<lb/>
halten, indem ihre Krafft, damit &#x017F;ie beweget<lb/>
werden, &#x017F;ta&#x0364;rcker i&#x017F;t als die Schweere, da-<lb/>
mit &#x017F;ie der Lufft u&#x0364;berlegen &#x017F;eyn. Es wie-<lb/>
der&#x017F;tehet auch die Lufft, die eine ausdeh-<lb/>
nende Krafft hat, noch auf eine be&#x017F;ondere<lb/>
Art als andere flu&#x0364;ßige Materien, die damit<lb/>
nicht ver&#x017F;ehen &#x017F;ind. Denn indem etwas<lb/>
herunter fallen will, wird &#x017F;ie zu&#x017F;ammen ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A a 3</fw><fw place="bottom" type="catch">druckt</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[373/0409] Schnee und Hagel. ter geregnet, ohne daß von den oberen et- was herab geregnet, Jch werde nach die- ſem bey dem Schnee noch eine andere Ur- ſache anfuͤhren, warumb die Wolcken, wel- che ſtarck herab regnen, waͤſſerige Tropffen fuͤhren muͤſſen. Nemlich es koͤnnen die Duͤnſte durch allerhand Veraͤnderungen in der oberen Lufft, wie aus dem vorherge- henden uͤberfluͤßig abzunehmen, was von dem Thau (§. 271 & ſeqq.) und von dem Regen erſt jetzund geſaget worden, dicke und waͤßerig (§. 252) werden. Ob nun zwar die duͤnnen Duͤnſte nicht gefroren (§. 260); ſo gefrieren doch die dicken, die waͤßerig ge- nung ſind: oben aber iſt es auch in dem heiſſeſten Sommer ſo kalt, daß Duͤnſte ge- frieren koͤnnen, maaſſen eine bekandte Sa- che iſt, daß auch ſelbſt in Hunds-Tagen auf hohen Gebuͤrgen Schnee gefunden wird. Dieſe gefrornen Duͤnſte ſind freylich ſchweerer als die Lufft und ſollen darinnen niederfallen (§. 195 T. I. Exper.): allein ſie werden durch den Wind in der Lufft er- halten, indem ihre Krafft, damit ſie beweget werden, ſtaͤrcker iſt als die Schweere, da- mit ſie der Lufft uͤberlegen ſeyn. Es wie- derſtehet auch die Lufft, die eine ausdeh- nende Krafft hat, noch auf eine beſondere Art als andere fluͤßige Materien, die damit nicht verſehen ſind. Denn indem etwas herunter fallen will, wird ſie zuſammen ge- druckt A a 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/409
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/409>, abgerufen am 22.11.2024.