lein in der Materie dem Satze des zurei- chenden Grundes (§. 30. Met.) und ist dannenhero ungereimet. Denn das nen- net man ungereimet, was einer offenbah- ren Wahrheit, dergleichen der Satz des zu- reichenden Grundesist, wiederspricht. Es bleiben demnach so wohl die untheilbahren Stäublein der Materie, als auch die leeren Räumlein zwischen ihnen erdichtete Din- ge, die bloß in der Einbildung bestehen, hin- gegen der Vernunfft, welche durch den Satz des zureichenden Grundes bestehet, wieder- sprechen. Jch weiß wohl, daß einige ver- meinen, es habe GOtt gefallen, ihnen die- se Grösse und Figur zu geben: allein die- selben vergessen, daß man sich in solchen Dinge, die auf das Wesen der Sache an- kommen, keinesweges auf den Willen GOttes beruffen kan (§. 989 Met.). Es muß vorher möglich seyn, ehe es GOtt wol- len kan (§. 680 Met.).
§. 7.
Man muß aber hier einen ZweiffelWird ausser Zweiffel gesetzet. benehmen, der einem leicht entstehen könnte, wenn man den Beweiß ansiehet, den schon vor diesem die Alten geführet, wenn sie die Würcklichkeit der leeren Räumlein zwi- schen den kleinen Stäublein der Materie darthun wollen, wie aus dem Lucretio(a) zuersehen. Sie haben nemlich vermeinet,
wenn
(a)de rerum Natura lib. 1. p. 57. edit. Wecheli- nae A. 1583. in 8.
B 3
und der Natur der Coͤrper.
lein in der Materie dem Satze des zurei- chenden Grundes (§. 30. Met.) und iſt dannenhero ungereimet. Denn das nen- net man ungereimet, was einer offenbah- ren Wahrheit, dergleichen der Satz des zu- reichenden Grundesiſt, wiederſpricht. Es bleiben demnach ſo wohl die untheilbahren Staͤublein der Materie, als auch die leeren Raͤumlein zwiſchen ihnen erdichtete Din- ge, die bloß in der Einbildung beſtehen, hin- gegen der Vernunfft, welche durch den Satz des zureichenden Grundes beſtehet, wieder- ſprechen. Jch weiß wohl, daß einige ver- meinen, es habe GOtt gefallen, ihnen die- ſe Groͤſſe und Figur zu geben: allein die- ſelben vergeſſen, daß man ſich in ſolchen Dinge, die auf das Weſen der Sache an- kommen, keinesweges auf den Willen GOttes beruffen kan (§. 989 Met.). Es muß vorher moͤglich ſeyn, ehe es GOtt wol- len kan (§. 680 Met.).
§. 7.
Man muß aber hier einen ZweiffelWird auſſer Zweiffel geſetzet. benehmen, der einem leicht entſtehen koͤnnte, wenn man den Beweiß anſiehet, den ſchon vor dieſem die Alten gefuͤhret, wenn ſie die Wuͤrcklichkeit der leeren Raͤumlein zwi- ſchen den kleinen Staͤublein der Materie darthun wollen, wie aus dem Lucretio(a) zuerſehen. Sie haben nemlich vermeinet,
wenn
(a)de rerum Natura lib. 1. p. 57. edit. Wecheli- næ A. 1583. in 8.
B 3
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und der Natur der Coͤrper.
lein in der Materie dem Satze des zurei-
chenden Grundes (§. 30. Met.) und iſt
dannenhero ungereimet. Denn das nen-
net man ungereimet, was einer offenbah-
ren Wahrheit, dergleichen der Satz des zu-
reichenden Grundesiſt, wiederſpricht. Es
bleiben demnach ſo wohl die untheilbahren
Staͤublein der Materie, als auch die leeren
Raͤumlein zwiſchen ihnen erdichtete Din-
ge, die bloß in der Einbildung beſtehen, hin-
gegen der Vernunfft, welche durch den Satz
des zureichenden Grundes beſtehet, wieder-
ſprechen. Jch weiß wohl, daß einige ver-
meinen, es habe GOtt gefallen, ihnen die-
ſe Groͤſſe und Figur zu geben: allein die-
ſelben vergeſſen, daß man ſich in ſolchen
Dinge, die auf das Weſen der Sache an-
kommen, keinesweges auf den Willen
GOttes beruffen kan (§. 989 Met.). Es
muß vorher moͤglich ſeyn, ehe es GOtt wol-
len kan (§. 680 Met.).
§. 7. Man muß aber hier einen Zweiffel
benehmen, der einem leicht entſtehen koͤnnte,
wenn man den Beweiß anſiehet, den ſchon
vor dieſem die Alten gefuͤhret, wenn ſie die
Wuͤrcklichkeit der leeren Raͤumlein zwi-
ſchen den kleinen Staͤublein der Materie
darthun wollen, wie aus dem Lucretio (a)
zuerſehen. Sie haben nemlich vermeinet,
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geſetzet.
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/57>, abgerufen am 21.11.2024.
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