Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.Cap. IX. Von dem Wasser daß in Z und N wegen der Schweere gegenden Mittel-Punct des Monds L das Was- ser weniger gegen den Mittel-Punct der Er- de getrieben wird als in H und R. Denn da die Schweere des Wassers in Z gegen den Mittelpunct des Monds L derjenigen entgegen ist, wodurch es gegen den Mittel- punct der Erde T getrieben wird; so muß dadurch die Schweere gegen den Mittel- Punct der Erde um so viel vergeringert werden als die gegen den Mond austräget. Hingegen da die Schweere des Wassers in N gegen dem Mittel-Punct des Monds L geringer ist als in den Mittelpuncte T; so wird auch dasselbe weniger gegen den Mit- tel-Punct der Erde gedruckt als die Materie um den Mittelpunct in T. Dieses letzte- re konte Kepler nicht erklären: allein wie Newton die Keplerische Theorie weiter perfectioniret, so siehet man es deutlich. Weil die Erde auf gleiche Weise eine Schweere gegen die Sonne hat; so muß auch dieses alles in Ansehung der Sonne er- folgen, was wir in Ansehung des Monds erwiesen. Allein weil die Sonne gar viel weiter weg ist von der Erde als der Mond (§. 549 Astron.): so muß auch die Schwee- re der Erde gegen die Sonne gar viel gerin- ger seyn als die gegen den Mond. Dero- wegen kan auch, wenn die Sonne in L ste- het, das Wasser in Z und N nicht so starck auf-
Cap. IX. Von dem Waſſer daß in Z und N wegen der Schweere gegenden Mittel-Punct des Monds L das Waſ- ſer weniger gegen den Mittel-Punct der Er- de getrieben wird als in H und R. Denn da die Schweere des Waſſers in Z gegen den Mittelpunct des Monds L derjenigen entgegen iſt, wodurch es gegen den Mittel- punct der Erde T getrieben wird; ſo muß dadurch die Schweere gegen den Mittel- Punct der Erde um ſo viel vergeringert werden als die gegen den Mond austraͤget. Hingegen da die Schweere des Waſſers in N gegen dem Mittel-Punct des Monds L geringer iſt als in den Mittelpuncte T; ſo wird auch daſſelbe weniger gegen den Mit- tel-Punct der Erde gedruckt als die Materie um den Mittelpunct in T. Dieſes letzte- re konte Kepler nicht erklaͤren: allein wie Newton die Kepleriſche Theorie weiter perfectioniret, ſo ſiehet man es deutlich. Weil die Erde auf gleiche Weiſe eine Schweere gegen die Sonne hat; ſo muß auch dieſes alles in Anſehung der Sonne er- folgen, was wir in Anſehung des Monds erwieſen. Allein weil die Sonne gar viel weiter weg iſt von der Erde als der Mond (§. 549 Aſtron.): ſo muß auch die Schwee- re der Erde gegen die Sonne gar viel gerin- ger ſeyn als die gegen den Mond. Dero- wegen kan auch, wenn die Sonne in L ſte- het, das Waſſer in Z und N nicht ſo ſtarck auf-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0576" n="540"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. IX.</hi> Von dem Waſſer</hi></fw><lb/> daß in <hi rendition="#aq">Z</hi> und <hi rendition="#aq">N</hi> wegen der Schweere gegen<lb/> den Mittel-Punct des Monds <hi rendition="#aq">L</hi> das Waſ-<lb/> ſer weniger gegen den Mittel-Punct der Er-<lb/> de getrieben wird als in <hi rendition="#aq">H</hi> und <hi rendition="#aq">R.</hi> Denn<lb/> da die Schweere des Waſſers in <hi rendition="#aq">Z</hi> gegen<lb/> den Mittelpunct des Monds <hi rendition="#aq">L</hi> derjenigen<lb/> entgegen iſt, wodurch es gegen den Mittel-<lb/> punct der Erde <hi rendition="#aq">T</hi> getrieben wird; ſo muß<lb/> dadurch die Schweere gegen den Mittel-<lb/> Punct der Erde um ſo viel vergeringert<lb/> werden als die gegen den Mond austraͤget.<lb/> Hingegen da die Schweere des Waſſers in<lb/><hi rendition="#aq">N</hi> gegen dem Mittel-Punct des Monds <hi rendition="#aq">L</hi><lb/> geringer iſt als in den Mittelpuncte <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">T</hi></hi>; ſo<lb/> wird auch daſſelbe weniger gegen den Mit-<lb/> tel-Punct der Erde gedruckt als die Materie<lb/> um den Mittelpunct in <hi rendition="#aq">T.</hi> Dieſes letzte-<lb/> re konte <hi rendition="#fr">Kepler</hi> nicht erklaͤren: allein wie<lb/><hi rendition="#fr">Newton</hi> die <hi rendition="#fr">Kepleriſche</hi> Theorie weiter<lb/><hi rendition="#aq">perfectioni</hi>ret, ſo ſiehet man es deutlich.<lb/> Weil die Erde auf gleiche Weiſe eine<lb/> Schweere gegen die Sonne hat; ſo muß<lb/> auch dieſes alles in Anſehung der Sonne er-<lb/> folgen, was wir in Anſehung des Monds<lb/> erwieſen. Allein weil die Sonne gar viel<lb/> weiter weg iſt von der Erde als der Mond<lb/> (§. 549 <hi rendition="#aq">Aſtron.</hi>): ſo muß auch die Schwee-<lb/> re der Erde gegen die Sonne gar viel gerin-<lb/> ger ſeyn als die gegen den Mond. Dero-<lb/> wegen kan auch, wenn die Sonne in <hi rendition="#aq">L</hi> ſte-<lb/> het, das Waſſer in <hi rendition="#aq">Z</hi> und <hi rendition="#aq">N</hi> nicht ſo ſtarck<lb/> <fw place="bottom" type="catch">auf-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [540/0576]
Cap. IX. Von dem Waſſer
daß in Z und N wegen der Schweere gegen
den Mittel-Punct des Monds L das Waſ-
ſer weniger gegen den Mittel-Punct der Er-
de getrieben wird als in H und R. Denn
da die Schweere des Waſſers in Z gegen
den Mittelpunct des Monds L derjenigen
entgegen iſt, wodurch es gegen den Mittel-
punct der Erde T getrieben wird; ſo muß
dadurch die Schweere gegen den Mittel-
Punct der Erde um ſo viel vergeringert
werden als die gegen den Mond austraͤget.
Hingegen da die Schweere des Waſſers in
N gegen dem Mittel-Punct des Monds L
geringer iſt als in den Mittelpuncte T; ſo
wird auch daſſelbe weniger gegen den Mit-
tel-Punct der Erde gedruckt als die Materie
um den Mittelpunct in T. Dieſes letzte-
re konte Kepler nicht erklaͤren: allein wie
Newton die Kepleriſche Theorie weiter
perfectioniret, ſo ſiehet man es deutlich.
Weil die Erde auf gleiche Weiſe eine
Schweere gegen die Sonne hat; ſo muß
auch dieſes alles in Anſehung der Sonne er-
folgen, was wir in Anſehung des Monds
erwieſen. Allein weil die Sonne gar viel
weiter weg iſt von der Erde als der Mond
(§. 549 Aſtron.): ſo muß auch die Schwee-
re der Erde gegen die Sonne gar viel gerin-
ger ſeyn als die gegen den Mond. Dero-
wegen kan auch, wenn die Sonne in L ſte-
het, das Waſſer in Z und N nicht ſo ſtarck
auf-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/576 |
Zitationshilfe: | Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/576>, abgerufen am 28.07.2024. |