Man erkennet leicht, daß solches von Uber- schwemmung herkommen muß, wo das Wasser sich gesetzet, und kan mehr als eine Uberschwemmung daran Schuld gewesen seyn. Varenius(a) führet ein Exem- pel an, wie die Lagen der Erde ab- wechseln. Als man zu Amsterdam einen Brunnen gegraben und 230 Schuhe tieff in die Erde kommen, hat man die ver- schiedenen Lagen folgen der gestalt gefunden. Schwartze Garten-Erde gieng 7 Schuhe tief, nach ihr kam Torff 9 Schuhe tief, hier- auf weicher Thon 9, Sand 8, Garten-Er- de 4, Thon 10, Erde 4, Sand 10, Thon 2, weisser Sand 4, trockene Erde 5, Morast 1, Sand 14, sandichte Lette 3, Sand mit Thon vermengt 5, Sand mit kleinen See-Mu- scheln vermengt 4, Thon bis auf 102 und endlich Kießlichter Sand 31 Schuhe tief. Man siehet aus gegenwärtiger Observati- on, daß der Thon vor Zeiten der Seegrund gewesen und die See den Sand mit den Muscheln zu rücke gelassen, als sie davon ge- wichen. Die übrigen lagen aber müssen nach und nach durch allerhand Verschwem- mungen dazu kommen seyn. Und kan die- ses einige Exempel zeigen, daß die Erde von uhralten Zeiten her sehr viele Veränderun-
Man erkennet leicht, daß ſolches von Uber- ſchwemmung herkommen muß, wo das Waſſer ſich geſetzet, und kan mehr als eine Uberſchwemmung daran Schuld geweſen ſeyn. Varenius(a) fuͤhret ein Exem- pel an, wie die Lagen der Erde ab- wechſeln. Als man zu Amſterdam einen Brunnen gegraben und 230 Schuhe tieff in die Erde kommen, hat man die ver- ſchiedenen Lagen folgen der geſtalt gefunden. Schwartze Garten-Erde gieng 7 Schuhe tief, nach ihr kam Torff 9 Schuhe tief, hier- auf weicher Thon 9, Sand 8, Garten-Er- de 4, Thon 10, Erde 4, Sand 10, Thon 2, weiſſer Sand 4, trockene Erde 5, Moraſt 1, Sand 14, ſandichte Lette 3, Sand mit Thon vermengt 5, Sand mit kleinen See-Mu- ſcheln vermengt 4, Thon bis auf 102 und endlich Kießlichter Sand 31 Schuhe tief. Man ſiehet aus gegenwaͤrtiger Obſervati- on, daß der Thon vor Zeiten der Seegrund geweſen und die See den Sand mit den Muſcheln zu ruͤcke gelaſſen, als ſie davon ge- wichen. Die uͤbrigen lagen aber muͤſſen nach und nach durch allerhand Verſchwem- mungen dazu kommen ſeyn. Und kan die- ſes einige Exempel zeigen, daß die Erde von uhralten Zeiten her ſehr viele Veraͤnderun-
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Cap. X. Von denen Dingen,
Man erkennet leicht, daß ſolches von Uber-
ſchwemmung herkommen muß, wo das
Waſſer ſich geſetzet, und kan mehr als eine
Uberſchwemmung daran Schuld geweſen
ſeyn. Varenius (a) fuͤhret ein Exem-
pel an, wie die Lagen der Erde ab-
wechſeln. Als man zu Amſterdam
einen Brunnen gegraben und 230 Schuhe
tieff in die Erde kommen, hat man die ver-
ſchiedenen Lagen folgen der geſtalt gefunden.
Schwartze Garten-Erde gieng 7 Schuhe
tief, nach ihr kam Torff 9 Schuhe tief, hier-
auf weicher Thon 9, Sand 8, Garten-Er-
de 4, Thon 10, Erde 4, Sand 10, Thon 2,
weiſſer Sand 4, trockene Erde 5, Moraſt 1,
Sand 14, ſandichte Lette 3, Sand mit Thon
vermengt 5, Sand mit kleinen See-Mu-
ſcheln vermengt 4, Thon bis auf 102 und
endlich Kießlichter Sand 31 Schuhe tief.
Man ſiehet aus gegenwaͤrtiger Obſervati-
on, daß der Thon vor Zeiten der Seegrund
geweſen und die See den Sand mit den
Muſcheln zu ruͤcke gelaſſen, als ſie davon ge-
wichen. Die uͤbrigen lagen aber muͤſſen
nach und nach durch allerhand Verſchwem-
mungen dazu kommen ſeyn. Und kan die-
ſes einige Exempel zeigen, daß die Erde von
uhralten Zeiten her ſehr viele Veraͤnderun-
gen
(a) Geogr. gener. part. 3. ſect. 2. c. 7. prop.
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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/590>, abgerufen am 22.11.2024.
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