Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.Cap. X. Von denen Dingen, Gebürgen Muscheln in so grosser Mengefindet, daß man sie zu Kalck verbrennet und damit Handel treibet, und grosse Steine, die viele Centner wiegen, in den Bergen ver- schwemmet, ja hin und wieder selbst auf den Spitzen derselben antrifft; sondern auch was heute zu Tage, da man mit so grossem Fleisse die gebildeten Steine sammlet, von andern von der Beschaffenheit der Berge angemercket wird. Gewis! Muscheln können nicht oben auf die Berge kommen, vielweniger inwendig hinein, wo sie nicht von dem See-Wasser hingeschwemmet werden. Grosse Steine die gegen den Ho- rizont incliniret seyn, können gleichfalls nicht anders als durch das Wasser dahin ge- bracht worden seyn. Und also sind Berge, die das Wasser zusammen geschwemmet, vorhanden. Es zeigen auch solches die ab- wechselnde Lagen des verschiedenen Erdrei- ches, welches wir in Bergen eben so antref- fen, wie wir es vorhin (§. 364) beschrieben. Gleichwie nun aber neue Berge entstanden; so ist vermuthlich, daß auch alte untergan- gen. Wenn man sich umb die Geschichte der Natur genauer bekümmern wird, als bisher geschehen, und insonderheit die Ver- änderungen, die sich durch das Wasser er- eignen, durch viele Secula mit Fleiß an- mercken; so wird sich nach und nach immer ein
Cap. X. Von denen Dingen, Gebuͤrgen Muſcheln in ſo groſſer Mengefindet, daß man ſie zu Kalck verbrennet und damit Handel treibet, und groſſe Steine, die viele Centner wiegen, in den Bergen ver- ſchwemmet, ja hin und wieder ſelbſt auf den Spitzen derſelben antrifft; ſondern auch was heute zu Tage, da man mit ſo groſſem Fleiſſe die gebildeten Steine ſammlet, von andern von der Beſchaffenheit der Berge angemercket wird. Gewis! Muſcheln koͤnnen nicht oben auf die Berge kommen, vielweniger inwendig hinein, wo ſie nicht von dem See-Waſſer hingeſchwemmet werden. Groſſe Steine die gegen den Ho- rizont incliniret ſeyn, koͤnnen gleichfalls nicht anders als durch das Waſſer dahin ge- bracht worden ſeyn. Und alſo ſind Berge, die das Waſſer zuſammen geſchwemmet, vorhanden. Es zeigen auch ſolches die ab- wechſelnde Lagen des verſchiedenen Erdrei- ches, welches wir in Bergen eben ſo antref- fen, wie wir es vorhin (§. 364) beſchrieben. Gleichwie nun aber neue Berge entſtanden; ſo iſt vermuthlich, daß auch alte untergan- gen. Wenn man ſich umb die Geſchichte der Natur genauer bekuͤmmern wird, als bisher geſchehen, und inſonderheit die Ver- aͤnderungen, die ſich durch das Waſſer er- eignen, durch viele Secula mit Fleiß an- mercken; ſo wird ſich nach und nach immer ein
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Cap. X. Von denen Dingen,
Gebuͤrgen Muſcheln in ſo groſſer Menge
findet, daß man ſie zu Kalck verbrennet und
damit Handel treibet, und groſſe Steine,
die viele Centner wiegen, in den Bergen ver-
ſchwemmet, ja hin und wieder ſelbſt auf den
Spitzen derſelben antrifft; ſondern auch
was heute zu Tage, da man mit ſo groſſem
Fleiſſe die gebildeten Steine ſammlet, von
andern von der Beſchaffenheit der Berge
angemercket wird. Gewis! Muſcheln
koͤnnen nicht oben auf die Berge kommen,
vielweniger inwendig hinein, wo ſie nicht
von dem See-Waſſer hingeſchwemmet
werden. Groſſe Steine die gegen den Ho-
rizont incliniret ſeyn, koͤnnen gleichfalls
nicht anders als durch das Waſſer dahin ge-
bracht worden ſeyn. Und alſo ſind Berge,
die das Waſſer zuſammen geſchwemmet,
vorhanden. Es zeigen auch ſolches die ab-
wechſelnde Lagen des verſchiedenen Erdrei-
ches, welches wir in Bergen eben ſo antref-
fen, wie wir es vorhin (§. 364) beſchrieben.
Gleichwie nun aber neue Berge entſtanden;
ſo iſt vermuthlich, daß auch alte untergan-
gen. Wenn man ſich umb die Geſchichte
der Natur genauer bekuͤmmern wird, als
bisher geſchehen, und inſonderheit die Ver-
aͤnderungen, die ſich durch das Waſſer er-
eignen, durch viele Secula mit Fleiß an-
mercken; ſo wird ſich nach und nach immer
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