Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

Cap. XI. Von dem Wachsthum,
siedendem Wasser verbrühet. Will man
sehen, wie sie überall durchlöchert; so darff
man nur ein Stücklein Wurtzel ins Was-
ser stellen, das zuvor von der Lufft gereiniget
worden, und vermittelst der Lufft-Pumpe
unter einem Recipienten die äussere Lufft
wegpumpen (§. 165 T. I. Exper): als-
denn wird man überall, wo das Häutlein
durchlöchert ist, kleine Lufft-Bläslein her-
vordringen sehen. Die schwammichte
Materie, welche den grösten Theil der Rin-
de ausmacht, ziehet das Wasser in sich wie
ein Schwamm und schwellt davon auf.
Wenn man sie demnach in die Sonne leget,
so gehet es ihr wie einem Schwamme: sie
kreucht über die Maassen viel ein. Diese
Materie ist es, welche Grevv in seiner Ana-
tomie der Pflantzen Parenchyma nennet.
Wenn man ein Stücke junge Wurtzeln
queer durch von einander schneidet, so zie-
het sich die Rinde zurücke: woraus man
siehet, daß ihre Theile so schwammicht als
sie ist, ausgedehnet sind. Das Holtz beste-
het aus subtilen Fäselein, die nach der Länge
der Wurtzeln sich leicht von einander reissen
lassen und von deren Unterscheide wir her-
nach bey dem Holtze ein mehreres untersu-
chen wollen. Endlich das Marck, welches
der mittlere oder innerste Theil der Wur-
tzel ist, siehet durch das Vergrösserungs-
Glaß wie ein Hauffen kleiner Bläßlein aus

und

Cap. XI. Von dem Wachsthum,
ſiedendem Waſſer verbruͤhet. Will man
ſehen, wie ſie uͤberall durchloͤchert; ſo darff
man nur ein Stuͤcklein Wurtzel ins Waſ-
ſer ſtellen, das zuvor von der Lufft gereiniget
worden, und vermittelſt der Lufft-Pumpe
unter einem Recipienten die aͤuſſere Lufft
wegpumpen (§. 165 T. I. Exper): als-
denn wird man uͤberall, wo das Haͤutlein
durchloͤchert iſt, kleine Lufft-Blaͤslein her-
vordringen ſehen. Die ſchwammichte
Materie, welche den groͤſten Theil der Rin-
de ausmacht, ziehet das Waſſer in ſich wie
ein Schwamm und ſchwellt davon auf.
Wenn man ſie demnach in die Sonne leget,
ſo gehet es ihr wie einem Schwamme: ſie
kreucht uͤber die Maaſſen viel ein. Dieſe
Materie iſt es, welche Grevv in ſeiner Ana-
tomie der Pflantzen Parenchyma nennet.
Wenn man ein Stuͤcke junge Wurtzeln
queer durch von einander ſchneidet, ſo zie-
het ſich die Rinde zuruͤcke: woraus man
ſiehet, daß ihre Theile ſo ſchwammicht als
ſie iſt, ausgedehnet ſind. Das Holtz beſte-
het aus ſubtilen Faͤſelein, die nach der Laͤnge
der Wurtzeln ſich leicht von einander reiſſen
laſſen und von deren Unterſcheide wir her-
nach bey dem Holtze ein mehreres unterſu-
chen wollen. Endlich das Marck, welches
der mittlere oder innerſte Theil der Wur-
tzel iſt, ſiehet durch das Vergroͤſſerungs-
Glaß wie ein Hauffen kleiner Blaͤßlein aus

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0640" n="604"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">Cap. XI.</hi> Von dem Wachsthum,</hi></fw><lb/>
&#x017F;iedendem Wa&#x017F;&#x017F;er verbru&#x0364;het. Will man<lb/>
&#x017F;ehen, wie &#x017F;ie u&#x0364;berall durchlo&#x0364;chert; &#x017F;o darff<lb/>
man nur ein Stu&#x0364;cklein Wurtzel ins Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er &#x017F;tellen, das zuvor von der Lufft gereiniget<lb/>
worden, und vermittel&#x017F;t der Lufft-Pumpe<lb/>
unter einem Recipienten die a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ere Lufft<lb/>
wegpumpen (§. 165 <hi rendition="#aq">T. I. Exper</hi>): als-<lb/>
denn wird man u&#x0364;berall, wo das Ha&#x0364;utlein<lb/>
durchlo&#x0364;chert i&#x017F;t, kleine Lufft-Bla&#x0364;slein her-<lb/>
vordringen &#x017F;ehen. Die &#x017F;chwammichte<lb/>
Materie, welche den gro&#x0364;&#x017F;ten Theil der Rin-<lb/>
de ausmacht, ziehet das Wa&#x017F;&#x017F;er in &#x017F;ich wie<lb/>
ein <hi rendition="#fr">S</hi>chwamm und &#x017F;chwellt davon auf.<lb/>
Wenn man &#x017F;ie demnach in die Sonne leget,<lb/>
&#x017F;o gehet es ihr wie einem Schwamme: &#x017F;ie<lb/>
kreucht u&#x0364;ber die Maa&#x017F;&#x017F;en viel ein. Die&#x017F;e<lb/>
Materie i&#x017F;t es, welche <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Grevv</hi></hi> in &#x017F;einer Ana-<lb/>
tomie der Pflantzen <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Parenchyma</hi></hi> nennet.<lb/>
Wenn man ein Stu&#x0364;cke junge Wurtzeln<lb/>
queer durch von einander &#x017F;chneidet, &#x017F;o zie-<lb/>
het &#x017F;ich die Rinde zuru&#x0364;cke: woraus man<lb/>
&#x017F;iehet, daß ihre Theile &#x017F;o &#x017F;chwammicht als<lb/>
&#x017F;ie i&#x017F;t, ausgedehnet &#x017F;ind. Das Holtz be&#x017F;te-<lb/>
het aus &#x017F;ubtilen Fa&#x0364;&#x017F;elein, die nach der La&#x0364;nge<lb/>
der Wurtzeln &#x017F;ich leicht von einander rei&#x017F;&#x017F;en<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en und von deren Unter&#x017F;cheide wir her-<lb/>
nach bey dem Holtze ein mehreres unter&#x017F;u-<lb/>
chen wollen. Endlich das Marck, welches<lb/>
der mittlere oder inner&#x017F;te Theil der Wur-<lb/>
tzel i&#x017F;t, &#x017F;iehet durch das Vergro&#x0364;&#x017F;&#x017F;erungs-<lb/>
Glaß wie ein Hauffen kleiner Bla&#x0364;ßlein aus<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[604/0640] Cap. XI. Von dem Wachsthum, ſiedendem Waſſer verbruͤhet. Will man ſehen, wie ſie uͤberall durchloͤchert; ſo darff man nur ein Stuͤcklein Wurtzel ins Waſ- ſer ſtellen, das zuvor von der Lufft gereiniget worden, und vermittelſt der Lufft-Pumpe unter einem Recipienten die aͤuſſere Lufft wegpumpen (§. 165 T. I. Exper): als- denn wird man uͤberall, wo das Haͤutlein durchloͤchert iſt, kleine Lufft-Blaͤslein her- vordringen ſehen. Die ſchwammichte Materie, welche den groͤſten Theil der Rin- de ausmacht, ziehet das Waſſer in ſich wie ein Schwamm und ſchwellt davon auf. Wenn man ſie demnach in die Sonne leget, ſo gehet es ihr wie einem Schwamme: ſie kreucht uͤber die Maaſſen viel ein. Dieſe Materie iſt es, welche Grevv in ſeiner Ana- tomie der Pflantzen Parenchyma nennet. Wenn man ein Stuͤcke junge Wurtzeln queer durch von einander ſchneidet, ſo zie- het ſich die Rinde zuruͤcke: woraus man ſiehet, daß ihre Theile ſo ſchwammicht als ſie iſt, ausgedehnet ſind. Das Holtz beſte- het aus ſubtilen Faͤſelein, die nach der Laͤnge der Wurtzeln ſich leicht von einander reiſſen laſſen und von deren Unterſcheide wir her- nach bey dem Holtze ein mehreres unterſu- chen wollen. Endlich das Marck, welches der mittlere oder innerſte Theil der Wur- tzel iſt, ſiehet durch das Vergroͤſſerungs- Glaß wie ein Hauffen kleiner Blaͤßlein aus und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/640
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 604. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/640>, abgerufen am 17.06.2024.