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Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.

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Cap. XI. Von dem Wachsthum
und Erde leicht an sich, ja die mineralischen
Brunnen bezeugen, daß sich auch metalli-
sche Theilgen damit vermengen lassen. De-
rowegen ist wohl kein Zweiffel, daß nicht
auch das Regen-Wasser mit allerhand Ma-
terie vermischet seyn sollte. Und solcherge-
stalt ist es nicht gantz rein; sondern führet
allerhand Materie den Pflantzen zu. Wenn
man aber gleich durch Chymische Destilla-
tiones
dieselben von dem Regen-Wasser
absondern kan; so darf man doch deswe-
gen nicht daran zweiffeln, daß sie zugegen
sind. Denn die Theilgen sind subtiler als
die Dünste, die daselbst in die Höhe steigen,
und gehet gar wohl an, daß sie mit über-
gehen, ohne von dem Wasser abgesondert
zu werden.

Wie das
Wasser
in die
Wurtzeln
kommet.
§. 397.

Die Erd-Theilgen sind wie ein
Schwamm und haben viel offene Lufft-Lö-
cher. Wenn sich demnach das Wasser hin-
ein zeucht, daß die Erde davon feuchte, oder
auch gar naß wird; so kan man sich die
Feuchtigkeit oder Nässe nicht anders vor-
stellen, als daß in denselben Höhlen Tröpf-
lein Wasser liegen, die zum Theil darüber
hervorragen, massen sich das Wasser in so
subtile Küglein eintheilen lässet, als hier zu
nöthig (§. 221. T. I. Exper.). Die Wurtzel
hat oben ein subtiles Häutlein, das wie an-
dere Häute das Wasser an sich ziehet und
dadurch ausgedehnet wird. Wil man

sich

Cap. XI. Von dem Wachsthum
und Erde leicht an ſich, ja die mineraliſchen
Brunnen bezeugen, daß ſich auch metalli-
ſche Theilgen damit vermengen laſſen. De-
rowegen iſt wohl kein Zweiffel, daß nicht
auch das Regen-Waſſer mit allerhand Ma-
terie vermiſchet ſeyn ſollte. Und ſolcherge-
ſtalt iſt es nicht gantz rein; ſondern fuͤhret
allerhand Materie den Pflantzen zu. Wenn
man aber gleich durch Chymiſche Deſtilla-
tiones
dieſelben von dem Regen-Waſſer
abſondern kan; ſo darf man doch deswe-
gen nicht daran zweiffeln, daß ſie zugegen
ſind. Denn die Theilgen ſind ſubtiler als
die Duͤnſte, die daſelbſt in die Hoͤhe ſteigen,
und gehet gar wohl an, daß ſie mit uͤber-
gehen, ohne von dem Waſſer abgeſondert
zu werden.

Wie das
Waſſer
in die
Wurtzeln
kommet.
§. 397.

Die Erd-Theilgen ſind wie ein
Schwamm und haben viel offene Lufft-Loͤ-
cher. Wenn ſich demnach das Waſſer hin-
ein zeucht, daß die Erde davon feuchte, oder
auch gar naß wird; ſo kan man ſich die
Feuchtigkeit oder Naͤſſe nicht anders vor-
ſtellen, als daß in denſelben Hoͤhlen Troͤpf-
lein Waſſer liegen, die zum Theil daruͤber
hervorragen, maſſen ſich das Waſſer in ſo
ſubtile Kuͤglein eintheilen laͤſſet, als hier zu
noͤthig (§. 221. T. I. Exper.). Die Wurtzel
hat oben ein ſubtiles Haͤutlein, das wie an-
dere Haͤute das Waſſer an ſich ziehet und
dadurch ausgedehnet wird. Wil man

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[626/0662] Cap. XI. Von dem Wachsthum und Erde leicht an ſich, ja die mineraliſchen Brunnen bezeugen, daß ſich auch metalli- ſche Theilgen damit vermengen laſſen. De- rowegen iſt wohl kein Zweiffel, daß nicht auch das Regen-Waſſer mit allerhand Ma- terie vermiſchet ſeyn ſollte. Und ſolcherge- ſtalt iſt es nicht gantz rein; ſondern fuͤhret allerhand Materie den Pflantzen zu. Wenn man aber gleich durch Chymiſche Deſtilla- tiones dieſelben von dem Regen-Waſſer abſondern kan; ſo darf man doch deswe- gen nicht daran zweiffeln, daß ſie zugegen ſind. Denn die Theilgen ſind ſubtiler als die Duͤnſte, die daſelbſt in die Hoͤhe ſteigen, und gehet gar wohl an, daß ſie mit uͤber- gehen, ohne von dem Waſſer abgeſondert zu werden. §. 397. Die Erd-Theilgen ſind wie ein Schwamm und haben viel offene Lufft-Loͤ- cher. Wenn ſich demnach das Waſſer hin- ein zeucht, daß die Erde davon feuchte, oder auch gar naß wird; ſo kan man ſich die Feuchtigkeit oder Naͤſſe nicht anders vor- ſtellen, als daß in denſelben Hoͤhlen Troͤpf- lein Waſſer liegen, die zum Theil daruͤber hervorragen, maſſen ſich das Waſſer in ſo ſubtile Kuͤglein eintheilen laͤſſet, als hier zu noͤthig (§. 221. T. I. Exper.). Die Wurtzel hat oben ein ſubtiles Haͤutlein, das wie an- dere Haͤute das Waſſer an ſich ziehet und dadurch ausgedehnet wird. Wil man ſich

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723, S. 626. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_naturwuerckungen_1723/662>, abgerufen am 02.06.2024.