Wolff, Christian von: Vernünfftige Gedancken Von den Würckungen der Natur. Halle (Saale), 1723.Cap. XIV. Von den Sinnen. der Schall schwach ist, hingegen mehr nach-gelassen wird, wenn derselbe starck ist. Denn wenn das scharf gespannte Fell zu starck gestossen wird, so wird es schlaff, daß es sich nach diesem nicht mehr von einem schwachen Schalle bewegen lässet. Und da- her kommet es, daß die Leute, welchen öffters ein starcker Knall oder Schall in die Ohren fähret, als z. E. die Constabler und diejeni- gen, welche grossen Glocken nahe stehen, wenn sie geläutet werden, nicht mehr leise hören. Die innere Höhle des Ohres, die in einem harten Knochen gebildet, und durch das Trummel-Fell von dem Gehörgange unterschieden wird, ist voll Lufft. De- rowegen da der Schall nichts anders ist als eine gewisse Art der Bewegung der Lufft (§. 7. T. III. Exper.), so kan er auch dem Trummel-Felle keine andere Bewe- gung mittheilen. Wenn aber das Trum- mel-Fell gestossen wird, drucket es diedarin- nen enthaltene Lufft zusammen und in dem es zurücke springet giebet sich auch die in der Trummel enthaltene wieder zurücke, und erhält dadurch eine solche Bewegung, wie in dem Schalle erfordert wird (§. 10. T. III. Exper.). Und auf solche Weise wird der Schall in das innere Ohre ge- bracht. Dieser Schall fähret durch das längliche und circulrundte Fenster in den innersten Theil des Ohres oder den Jrr- gang
Cap. XIV. Von den Sinnen. der Schall ſchwach iſt, hingegen mehr nach-gelaſſen wird, wenn derſelbe ſtarck iſt. Denn wenn das ſcharf geſpannte Fell zu ſtarck geſtoſſen wird, ſo wird es ſchlaff, daß es ſich nach dieſem nicht mehr von einem ſchwachen Schalle bewegen laͤſſet. Und da- her kommet es, daß die Leute, welchen oͤffters ein ſtarcker Knall oder Schall in die Ohren faͤhret, als z. E. die Conſtabler und diejeni- gen, welche groſſen Glocken nahe ſtehen, wenn ſie gelaͤutet werden, nicht mehr leiſe hoͤren. Die innere Hoͤhle des Ohres, die in einem harten Knochen gebildet, und durch das Trummel-Fell von dem Gehoͤrgange unterſchieden wird, iſt voll Lufft. De- rowegen da der Schall nichts anders iſt als eine gewiſſe Art der Bewegung der Lufft (§. 7. T. III. Exper.), ſo kan er auch dem Trummel-Felle keine andere Bewe- gung mittheilen. Wenn aber das Trum- mel-Fell geſtoſſen wird, drucket es diedarin- nen enthaltene Lufft zuſammen und in dem es zuruͤcke ſpringet giebet ſich auch die in der Trummel enthaltene wieder zuruͤcke, und erhaͤlt dadurch eine ſolche Bewegung, wie in dem Schalle erfordert wird (§. 10. T. III. Exper.). Und auf ſolche Weiſe wird der Schall in das innere Ohre ge- bracht. Dieſer Schall faͤhret durch das laͤngliche und circulrundte Fenſter in den innerſten Theil des Ohres oder den Jrr- gang
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Cap. XIV. Von den Sinnen.
der Schall ſchwach iſt, hingegen mehr nach-
gelaſſen wird, wenn derſelbe ſtarck iſt.
Denn wenn das ſcharf geſpannte Fell zu
ſtarck geſtoſſen wird, ſo wird es ſchlaff, daß
es ſich nach dieſem nicht mehr von einem
ſchwachen Schalle bewegen laͤſſet. Und da-
her kommet es, daß die Leute, welchen oͤffters
ein ſtarcker Knall oder Schall in die Ohren
faͤhret, als z. E. die Conſtabler und diejeni-
gen, welche groſſen Glocken nahe ſtehen,
wenn ſie gelaͤutet werden, nicht mehr leiſe
hoͤren. Die innere Hoͤhle des Ohres, die
in einem harten Knochen gebildet, und durch
das Trummel-Fell von dem Gehoͤrgange
unterſchieden wird, iſt voll Lufft. De-
rowegen da der Schall nichts anders
iſt als eine gewiſſe Art der Bewegung der
Lufft (§. 7. T. III. Exper.), ſo kan er auch
dem Trummel-Felle keine andere Bewe-
gung mittheilen. Wenn aber das Trum-
mel-Fell geſtoſſen wird, drucket es diedarin-
nen enthaltene Lufft zuſammen und in dem
es zuruͤcke ſpringet giebet ſich auch die in der
Trummel enthaltene wieder zuruͤcke,
und erhaͤlt dadurch eine ſolche Bewegung,
wie in dem Schalle erfordert wird (§. 10.
T. III. Exper.). Und auf ſolche Weiſe
wird der Schall in das innere Ohre ge-
bracht. Dieſer Schall faͤhret durch das
laͤngliche und circulrundte Fenſter in den
innerſten Theil des Ohres oder den Jrr-
gang
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