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Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.

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Die Voraussetzung dieses zweiten dramatischen Ansatzes ist in pwo_220.002
der Stimmung gegeben, mit welcher wir das Leben zu betrachten pwo_220.003
pflegen, solange es gesichert, namentlich nicht durch Tod oder sonst pwo_220.004
schwereres Verhängnis gefährdet erscheint. Das Behagen am Leben, pwo_220.005
die Lust am immer neuen Aufkeimen der Natur, der Genuß der pwo_220.006
Lebensfreuden, der Lebensmut und Uebermut, mit dem wir auf unsere pwo_220.007
Mitmenschen blicken: das alles hat in der Tragödie keinen Raum pwo_220.008
und drängt doch nicht minder stark nach unmittelbarer Vergegenwärtigung pwo_220.009
und Verkörperung als das Weltleid mit seinem jenseits und pwo_220.010
aufwärts gerichteten Zug. So zielt auch die Lebenslust mit ihren pwo_220.011
ausschließlich auf das Diesseits und das "volle Menschenleben" gerichteten pwo_220.012
Augen auf dramatisch lebendigen Ausdruck hin.

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Die Anfänge der Komödie in Griechenland.
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Die Entstehung der Komödie bestätigt Erfahrungen, die sich uns pwo_220.016
schon in Ausbildung früherer Formen der Poesie aufdrängten: wiederum pwo_220.017
geschieht die Fortentwicklung durch Verzweigung. Der Dionysos- pwo_220.018
Kultus hatte nicht nur eine ernste, weihevolle, sondern auch eine übermütig pwo_220.019
heitere, überschwänglich orgiastische Seite. Galt es doch, in pwo_220.020
Dionysos die üppige Naturmacht, den Gott der Fruchtbarkeit und des pwo_220.021
Rausches zu feiern.

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Das Fest der Weinlese wurde durch ein Dankopfer für Dionysos pwo_220.023
begangen. Des Gottes der zeugenden Naturkraft voll, trug man dem pwo_220.024
Festzug als deren Symbol einen Phallos voran und sang übermütige pwo_220.025
Dithyramben voll derber Lebens- und Liebeslust. Mit den Vorbeiziehenden pwo_220.026
neckte man sich in dieser Festzeit überdies in ausgelassenen pwo_220.027
Spottreden. So lag die Einführung dialogischer Elemente in den pwo_220.028
ursprünglich alleinigen Chorgesang nahe. Die neue dramatische Form, pwo_220.029
beim Herumschwärmen ausgebildet, blieb zunächst recht eigentlich ein pwo_220.030
Schwarmgesang und führt daher die Bezeichnung Komödie pwo_220.031
(komodia von komos).

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Man muß der ausschweifenden, wild überschwänglichen eleusinischen pwo_220.033
Mysterien gedenken, um den Geist zu ahnen, aus dem die pwo_220.034
Komödie geboren ward. Noch Aristophanes bewahrt in dem Chor

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Zitationshilfe: Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_poetik_1899/234>, abgerufen am 26.11.2024.