Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_227.001 Nur spärliche Reste der spätern griechischen Komödie sind auf pwo_227.011 Die neuere griechische Komödie hat durch römisches Medium bis pwo_227.032 pwo_227.001 Nur spärliche Reste der spätern griechischen Komödie sind auf pwo_227.011 Die neuere griechische Komödie hat durch römisches Medium bis pwo_227.032 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0241" n="227"/><lb n="pwo_227.001"/> glücklichsten in einer Epoche des politischen Kraftgefühls und sozialen <lb n="pwo_227.002"/> Behagens. Jn Zeiten des Unbehagens, des unruhigen Gärens findet <lb n="pwo_227.003"/> der Dichter nicht mehr die Unbefangenheit frohen Humors, die <lb n="pwo_227.004"/> Oeffentlichkeit nicht mehr die Furchtlosigkeit ruhigen Duldens. Wir <lb n="pwo_227.005"/> sehen die griechische Komödie deshalb von Behandlung öffentlicher, <lb n="pwo_227.006"/> bedeutsamer Angelegenheiten und Charaktere abstehen, innerhalb des <lb n="pwo_227.007"/> Hauses und der Familie, überhaupt des privaten Lebens ein neues <lb n="pwo_227.008"/> Stoffgebiet suchen: die Liebe vor allem ist es, die nun in den Mittelpunkt <lb n="pwo_227.009"/> der komischen Handlung tritt.</p> <lb n="pwo_227.010"/> <p> Nur spärliche Reste der spätern griechischen Komödie sind auf <lb n="pwo_227.011"/> uns gekommen. Selbst von ihrem hervorragendsten Vertreter Menander <lb n="pwo_227.012"/> können wir nur aus indirekten Zeugnissen, aus winzigen Bruchstücken, <lb n="pwo_227.013"/> am meisten aus den römischen Ueberarbeitungen einiger seiner <lb n="pwo_227.014"/> Werke ein Bild gewinnen. So nehmen wir wahr, daß die Komödie <lb n="pwo_227.015"/> inzwischen an Reichhaltigkeit des Details und doch an Geschlossenheit <lb n="pwo_227.016"/> des Baus wesentliche Vervollkommnung erfahren hat. Jnteressante <lb n="pwo_227.017"/> Jntriguen, kunstvolle Schürzung und Lösung des Knotens findet man <lb n="pwo_227.018"/> fast überall. Auch die Charaktere haben an Fülle von feinen Einzelzügen <lb n="pwo_227.019"/> gewonnen; es fehlt auch nicht an einzelnen individuellen Momenten: <lb n="pwo_227.020"/> dennoch fehlt nicht nur die intuitive Kraft eines Aristophanes, <lb n="pwo_227.021"/> es pflanzt sich vor allem nun dauernd ein konventioneller Bestand <lb n="pwo_227.022"/> <hi rendition="#g">typischer</hi> Figuren fort, die, wennschon mit leichten Variationen, <lb n="pwo_227.023"/> immer wiederkehren. Der listige Sklave, der Parasit, der Renommist, <lb n="pwo_227.024"/> die geldgierige Hetäre u. a. m. sind zu stehenden Figuren mit einem <lb n="pwo_227.025"/> in den Grundzügen festliegenden Charakter erstarrt. Einen Fortschritt <lb n="pwo_227.026"/> der charakterisierenden Kleinkunst soll Menander durch charakteristische <lb n="pwo_227.027"/> Abstufung des Tones je nach dem Wesen seiner Personen und je nach <lb n="pwo_227.028"/> ihrer Lage herbeigeführt haben. Aus den Resten wie den Ueberarbeitungen <lb n="pwo_227.029"/> erkennt man besser einen gewandt rhetorischen Zug und einen <lb n="pwo_227.030"/> Ausfluß milder, epikuräischer, keineswegs großer Lebensanschauung. –</p> <lb n="pwo_227.031"/> <p> Die neuere griechische Komödie hat durch römisches Medium bis <lb n="pwo_227.032"/> in die Neuzeit hinein befruchtend gewirkt. Zwar hatte die italische <lb n="pwo_227.033"/> Komödie aus Spielen und Aufzügen eigene Triebe angesetzt: aus den <lb n="pwo_227.034"/> fescenninischen Spielen bildeten sich in Rom die Satiren (<hi rendition="#aq">saturae</hi>), <lb n="pwo_227.035"/> deren Spottverse unter Tanz und Flötenbegleitung vorgetragen wurden. <lb n="pwo_227.036"/> Zu wirklich dramatischer Form entwickelten sich die Atellanen, </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [227/0241]
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glücklichsten in einer Epoche des politischen Kraftgefühls und sozialen pwo_227.002
Behagens. Jn Zeiten des Unbehagens, des unruhigen Gärens findet pwo_227.003
der Dichter nicht mehr die Unbefangenheit frohen Humors, die pwo_227.004
Oeffentlichkeit nicht mehr die Furchtlosigkeit ruhigen Duldens. Wir pwo_227.005
sehen die griechische Komödie deshalb von Behandlung öffentlicher, pwo_227.006
bedeutsamer Angelegenheiten und Charaktere abstehen, innerhalb des pwo_227.007
Hauses und der Familie, überhaupt des privaten Lebens ein neues pwo_227.008
Stoffgebiet suchen: die Liebe vor allem ist es, die nun in den Mittelpunkt pwo_227.009
der komischen Handlung tritt.
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Nur spärliche Reste der spätern griechischen Komödie sind auf pwo_227.011
uns gekommen. Selbst von ihrem hervorragendsten Vertreter Menander pwo_227.012
können wir nur aus indirekten Zeugnissen, aus winzigen Bruchstücken, pwo_227.013
am meisten aus den römischen Ueberarbeitungen einiger seiner pwo_227.014
Werke ein Bild gewinnen. So nehmen wir wahr, daß die Komödie pwo_227.015
inzwischen an Reichhaltigkeit des Details und doch an Geschlossenheit pwo_227.016
des Baus wesentliche Vervollkommnung erfahren hat. Jnteressante pwo_227.017
Jntriguen, kunstvolle Schürzung und Lösung des Knotens findet man pwo_227.018
fast überall. Auch die Charaktere haben an Fülle von feinen Einzelzügen pwo_227.019
gewonnen; es fehlt auch nicht an einzelnen individuellen Momenten: pwo_227.020
dennoch fehlt nicht nur die intuitive Kraft eines Aristophanes, pwo_227.021
es pflanzt sich vor allem nun dauernd ein konventioneller Bestand pwo_227.022
typischer Figuren fort, die, wennschon mit leichten Variationen, pwo_227.023
immer wiederkehren. Der listige Sklave, der Parasit, der Renommist, pwo_227.024
die geldgierige Hetäre u. a. m. sind zu stehenden Figuren mit einem pwo_227.025
in den Grundzügen festliegenden Charakter erstarrt. Einen Fortschritt pwo_227.026
der charakterisierenden Kleinkunst soll Menander durch charakteristische pwo_227.027
Abstufung des Tones je nach dem Wesen seiner Personen und je nach pwo_227.028
ihrer Lage herbeigeführt haben. Aus den Resten wie den Ueberarbeitungen pwo_227.029
erkennt man besser einen gewandt rhetorischen Zug und einen pwo_227.030
Ausfluß milder, epikuräischer, keineswegs großer Lebensanschauung. –
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Die neuere griechische Komödie hat durch römisches Medium bis pwo_227.032
in die Neuzeit hinein befruchtend gewirkt. Zwar hatte die italische pwo_227.033
Komödie aus Spielen und Aufzügen eigene Triebe angesetzt: aus den pwo_227.034
fescenninischen Spielen bildeten sich in Rom die Satiren (saturae), pwo_227.035
deren Spottverse unter Tanz und Flötenbegleitung vorgetragen wurden. pwo_227.036
Zu wirklich dramatischer Form entwickelten sich die Atellanen,
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