Wolff, Eugen: Poetik: Die Gesetze der Poesie in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Ein Grundriß. Oldenburg u. a., 1899.pwo_054.001 pwo_054.015 § 33. pwo_054.016 pwo_054.017Superlative Darstellung. Die Poesie ist Ausdruck erhobener Gefühle: in dieser Tendenz pwo_054.018 Es muß danach selbstverständlich erscheinen, daß auch sonst Verstärkung pwo_054.032 pwo_054.001 pwo_054.015 § 33. pwo_054.016 pwo_054.017Superlative Darstellung. Die Poesie ist Ausdruck erhobener Gefühle: in dieser Tendenz pwo_054.018 Es muß danach selbstverständlich erscheinen, daß auch sonst Verstärkung pwo_054.032 <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0068" n="54"/><lb n="pwo_054.001"/> ihrer Verherrlichung. Bald durchmißt sie ein zweites Gebiet, <lb n="pwo_054.002"/> welches über das Gewöhnlich-Menschliche hinausragt, seinen Repräsentanten <lb n="pwo_054.003"/> in dem Heroen, Halbgott, Helden sieht. Aber selbst innerhalb <lb n="pwo_054.004"/> der natürlichen Sphäre weitet sich der Horizont und die Poesie <lb n="pwo_054.005"/> greift, um menschliche Eigenschaften und Gefühle wenigstens in höchster <lb n="pwo_054.006"/> physischer Vollendung zu zeichnen, zu demjenigen geschlossenen <lb n="pwo_054.007"/> Bild aus der Natur, welches den in Rede stehenden Charakterzug <lb n="pwo_054.008"/> rein und prägnant herausstellt; auch hier ist ein Erheben bis in den <lb n="pwo_054.009"/> Himmel im physischen Sinne, bis an die Gestirne besonders naheliegend. <lb n="pwo_054.010"/> Aehnlich wird das Gestaltenlose und Mechanische zu lebendigem <lb n="pwo_054.011"/> Schein erhoben. Allüberall erhebt die Poesie ihre Gegenstände <lb n="pwo_054.012"/> in eine höhere Welt oder einen vollkommneren Schein und bringt <lb n="pwo_054.013"/> jede wesentliche Eigenschaft, sei sie gut oder übel, zum erreichbar <lb n="pwo_054.014"/> prägnantesten Ausdruck, zur schärfsten Accentuierung.</p> </div> <div n="3"> <lb n="pwo_054.015"/> <head> <hi rendition="#c">§ 33. <lb n="pwo_054.016"/> Superlative Darstellung.</hi> </head> <lb n="pwo_054.017"/> <p> Die Poesie ist Ausdruck erhobener Gefühle: in dieser Tendenz <lb n="pwo_054.018"/> zeigt sich die Poesie ganz entsprechend der Geschichte des Geisteslebens <lb n="pwo_054.019"/> überhaupt abgestuft. Nach dem unmittelbaren Emporringen <lb n="pwo_054.020"/> der Seele zum Göttlichen sehen wir in den gottentsprossenen Heroen <lb n="pwo_054.021"/> Mittler zwischen dem Göttlichen und Menschlichen, deren Kult genau <lb n="pwo_054.022"/> ebenso in dem menschlichen Geistesbedürfnis gesetzmäßig begründet ist <lb n="pwo_054.023"/> wie nur immer der des Mittlers, des Gottmenschen, in der erhabensten <lb n="pwo_054.024"/> Religion. Wir sehen alsdann den Zauber der beseelten Natur <lb n="pwo_054.025"/> wirken, in ihr das Höhere und Höchste selbst beschlossen, – eine Auffassung, <lb n="pwo_054.026"/> die auf religiös-philosophischem Gebiete im Pantheismus ihre <lb n="pwo_054.027"/> Entsprechung anerkennen wird. Schließlich thut das Reich des Geistes <lb n="pwo_054.028"/> sich auf, Jdeen selbst gewinnen organisches Leben. Jmmer liegt die <lb n="pwo_054.029"/> Erhebung in ein als höher betrachtetes Reich dem poetischen Streben <lb n="pwo_054.030"/> zugrunde.</p> <lb n="pwo_054.031"/> <p> Es muß danach selbstverständlich erscheinen, daß auch sonst Verstärkung <lb n="pwo_054.032"/> und Erhöhung in dem Urwesen der Poesie liegen. Nicht <lb n="pwo_054.033"/> mehr werden wir als eine absonderliche, rätselhafte Eigentümlichkeit <lb n="pwo_054.034"/> anstaunen, daß ein Homer all seinen Gestalten schmückende Beiworte <lb n="pwo_054.035"/> zulegt und gar gern das attributive Adjektiv im Superlativ verwendet </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [54/0068]
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ihrer Verherrlichung. Bald durchmißt sie ein zweites Gebiet, pwo_054.002
welches über das Gewöhnlich-Menschliche hinausragt, seinen Repräsentanten pwo_054.003
in dem Heroen, Halbgott, Helden sieht. Aber selbst innerhalb pwo_054.004
der natürlichen Sphäre weitet sich der Horizont und die Poesie pwo_054.005
greift, um menschliche Eigenschaften und Gefühle wenigstens in höchster pwo_054.006
physischer Vollendung zu zeichnen, zu demjenigen geschlossenen pwo_054.007
Bild aus der Natur, welches den in Rede stehenden Charakterzug pwo_054.008
rein und prägnant herausstellt; auch hier ist ein Erheben bis in den pwo_054.009
Himmel im physischen Sinne, bis an die Gestirne besonders naheliegend. pwo_054.010
Aehnlich wird das Gestaltenlose und Mechanische zu lebendigem pwo_054.011
Schein erhoben. Allüberall erhebt die Poesie ihre Gegenstände pwo_054.012
in eine höhere Welt oder einen vollkommneren Schein und bringt pwo_054.013
jede wesentliche Eigenschaft, sei sie gut oder übel, zum erreichbar pwo_054.014
prägnantesten Ausdruck, zur schärfsten Accentuierung.
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§ 33. pwo_054.016
Superlative Darstellung. pwo_054.017
Die Poesie ist Ausdruck erhobener Gefühle: in dieser Tendenz pwo_054.018
zeigt sich die Poesie ganz entsprechend der Geschichte des Geisteslebens pwo_054.019
überhaupt abgestuft. Nach dem unmittelbaren Emporringen pwo_054.020
der Seele zum Göttlichen sehen wir in den gottentsprossenen Heroen pwo_054.021
Mittler zwischen dem Göttlichen und Menschlichen, deren Kult genau pwo_054.022
ebenso in dem menschlichen Geistesbedürfnis gesetzmäßig begründet ist pwo_054.023
wie nur immer der des Mittlers, des Gottmenschen, in der erhabensten pwo_054.024
Religion. Wir sehen alsdann den Zauber der beseelten Natur pwo_054.025
wirken, in ihr das Höhere und Höchste selbst beschlossen, – eine Auffassung, pwo_054.026
die auf religiös-philosophischem Gebiete im Pantheismus ihre pwo_054.027
Entsprechung anerkennen wird. Schließlich thut das Reich des Geistes pwo_054.028
sich auf, Jdeen selbst gewinnen organisches Leben. Jmmer liegt die pwo_054.029
Erhebung in ein als höher betrachtetes Reich dem poetischen Streben pwo_054.030
zugrunde.
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Es muß danach selbstverständlich erscheinen, daß auch sonst Verstärkung pwo_054.032
und Erhöhung in dem Urwesen der Poesie liegen. Nicht pwo_054.033
mehr werden wir als eine absonderliche, rätselhafte Eigentümlichkeit pwo_054.034
anstaunen, daß ein Homer all seinen Gestalten schmückende Beiworte pwo_054.035
zulegt und gar gern das attributive Adjektiv im Superlativ verwendet
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