F. v. W. [Margarethe von Wolff]: Gemüth und Selbstsucht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.er Nutzen daraus, auch in Beziehung auf Kunst und Literatur. -- Absichtlich habe ich dir dieses Alles in Sophiens Gegenwart gesagt, sie ist deine liebe, nahe Verwandte, so besprich jetzt mit ihr deine Zukunft. Bedenke, lieber Freund, ob du nach zwei Jahren geeigneter sein möchtest, dich in das Joch der Abhängigkeit zu begeben; bedenke, daß du dann damit erst beginnen würdest, was längst als der erste Schritt hinter dir liegen müßte. Herr Steffano verließ das Zimmer, sein Neffe stützte den Kopf in die Hand und sagte endlich, mehr mißlaunig als bewegt: Es thut mir leid, schmerzlich leid, daß du dieses Alles auf solche Weise hast erfahren müssen. Gewiß, Sophie, es war meine Absicht, dich zuerst mit meinem Entschlusse bekannt zu machen. Deiner lieben Billigung wollte ich vor jeder andern sicher sein. Vergieb mir, was gleichwohl nicht mein Verschulden war. Warum weinst du? fügte er nicht ohne Härte hinzu. Sie schwieg einen Augenblick und sagte dann, zu ihm hinsehend: Wäre es dir lieb, wenn der Gedanke an eine Trennung mich nicht erschütterte? -- R. stand auf und näherte sich ihr. Trennungen, sagte er, sind Bedingungen des Daseins, wer getrennt ist, darf darum nicht geschieden sein. Der Geist einer innigen, unnennbaren Liebe vereint nur um so fester, wo äußere Verhältnisse entfernen. O Sophie, möchtest du gleich mir empfinden, daß es eine Liebe giebt, welche er Nutzen daraus, auch in Beziehung auf Kunst und Literatur. — Absichtlich habe ich dir dieses Alles in Sophiens Gegenwart gesagt, sie ist deine liebe, nahe Verwandte, so besprich jetzt mit ihr deine Zukunft. Bedenke, lieber Freund, ob du nach zwei Jahren geeigneter sein möchtest, dich in das Joch der Abhängigkeit zu begeben; bedenke, daß du dann damit erst beginnen würdest, was längst als der erste Schritt hinter dir liegen müßte. Herr Steffano verließ das Zimmer, sein Neffe stützte den Kopf in die Hand und sagte endlich, mehr mißlaunig als bewegt: Es thut mir leid, schmerzlich leid, daß du dieses Alles auf solche Weise hast erfahren müssen. Gewiß, Sophie, es war meine Absicht, dich zuerst mit meinem Entschlusse bekannt zu machen. Deiner lieben Billigung wollte ich vor jeder andern sicher sein. Vergieb mir, was gleichwohl nicht mein Verschulden war. Warum weinst du? fügte er nicht ohne Härte hinzu. Sie schwieg einen Augenblick und sagte dann, zu ihm hinsehend: Wäre es dir lieb, wenn der Gedanke an eine Trennung mich nicht erschütterte? — R. stand auf und näherte sich ihr. Trennungen, sagte er, sind Bedingungen des Daseins, wer getrennt ist, darf darum nicht geschieden sein. Der Geist einer innigen, unnennbaren Liebe vereint nur um so fester, wo äußere Verhältnisse entfernen. O Sophie, möchtest du gleich mir empfinden, daß es eine Liebe giebt, welche <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0018"/> er Nutzen daraus, auch in Beziehung auf Kunst und Literatur. — Absichtlich habe ich dir dieses Alles in Sophiens Gegenwart gesagt, sie ist deine liebe, nahe Verwandte, so besprich jetzt mit ihr deine Zukunft. Bedenke, lieber Freund, ob du nach zwei Jahren geeigneter sein möchtest, dich in das Joch der Abhängigkeit zu begeben; bedenke, daß du dann damit erst beginnen würdest, was längst als der erste Schritt hinter dir liegen müßte.</p><lb/> <p>Herr Steffano verließ das Zimmer, sein Neffe stützte den Kopf in die Hand und sagte endlich, mehr mißlaunig als bewegt: Es thut mir leid, schmerzlich leid, daß du dieses Alles auf solche Weise hast erfahren müssen. Gewiß, Sophie, es war meine Absicht, dich zuerst mit meinem Entschlusse bekannt zu machen. Deiner lieben Billigung wollte ich vor jeder andern sicher sein. Vergieb mir, was gleichwohl nicht mein Verschulden war. Warum weinst du? fügte er nicht ohne Härte hinzu.</p><lb/> <p>Sie schwieg einen Augenblick und sagte dann, zu ihm hinsehend: Wäre es dir lieb, wenn der Gedanke an eine Trennung mich nicht erschütterte? — </p><lb/> <p>R. stand auf und näherte sich ihr. Trennungen, sagte er, sind Bedingungen des Daseins, wer getrennt ist, darf darum nicht geschieden sein. Der Geist einer innigen, unnennbaren Liebe vereint nur um so fester, wo äußere Verhältnisse entfernen. O Sophie, möchtest du gleich mir empfinden, daß es eine Liebe giebt, welche<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0018]
er Nutzen daraus, auch in Beziehung auf Kunst und Literatur. — Absichtlich habe ich dir dieses Alles in Sophiens Gegenwart gesagt, sie ist deine liebe, nahe Verwandte, so besprich jetzt mit ihr deine Zukunft. Bedenke, lieber Freund, ob du nach zwei Jahren geeigneter sein möchtest, dich in das Joch der Abhängigkeit zu begeben; bedenke, daß du dann damit erst beginnen würdest, was längst als der erste Schritt hinter dir liegen müßte.
Herr Steffano verließ das Zimmer, sein Neffe stützte den Kopf in die Hand und sagte endlich, mehr mißlaunig als bewegt: Es thut mir leid, schmerzlich leid, daß du dieses Alles auf solche Weise hast erfahren müssen. Gewiß, Sophie, es war meine Absicht, dich zuerst mit meinem Entschlusse bekannt zu machen. Deiner lieben Billigung wollte ich vor jeder andern sicher sein. Vergieb mir, was gleichwohl nicht mein Verschulden war. Warum weinst du? fügte er nicht ohne Härte hinzu.
Sie schwieg einen Augenblick und sagte dann, zu ihm hinsehend: Wäre es dir lieb, wenn der Gedanke an eine Trennung mich nicht erschütterte? —
R. stand auf und näherte sich ihr. Trennungen, sagte er, sind Bedingungen des Daseins, wer getrennt ist, darf darum nicht geschieden sein. Der Geist einer innigen, unnennbaren Liebe vereint nur um so fester, wo äußere Verhältnisse entfernen. O Sophie, möchtest du gleich mir empfinden, daß es eine Liebe giebt, welche
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-16T13:52:17Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-16T13:52:17Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |