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F. v. W. [Margarethe von Wolff]: Gemüth und Selbstsucht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Selbstliebe befangen, sich einbilden, Alles wieder gut machen zu können. Immer wird es ihnen leicht, Verzeihung zu erlangen, und so achten sie die Thränen nicht, welche ihrem Unrechte flossen. -- Sternheim kam am Abend; nie sah ich in einem Gesichte so sehr die edelsten Empfindungen der Seele ausgesprochen. In den Augen lag ein Ausdruck, daß man hätte sagen mögen, es seien keine Augen von dieser Welt. Sein Glückwunsch war einfach und herzlich, und zu R.'s Ehre muß ich gestehn, daß dessen Benehmen die vollste Anerkennung aussprach. Er war in einer milden Stimmung, welche ihm immer außerordentlich wohl läßt. Sophie erschien ungezwungen freundlich; ein weniger edles Gemüth würde sich haben einschüchtern lassen, das Bewußtsein völliger Reinheit gab ihr eine durchaus würdige Haltung.

Es ist jetzt entschieden, daß R. in einigen Wochen sich in sein Vaterland begeben und dort eine Anstellung suchen wird. Sobald ihm eine solche zu Theil geworden, kehrt er zurück, um zu heirathen, da es auf den größeren oder geringeren Ertrag der Stelle dabei nicht ankommt.

Dieser Brief ist längere Zeit liegen geblieben, denn in dem Augenblick, wo ich ihn schließen wollte, erschien hier, sehr unerwartet, Herr von Steinberg. Er ward freudig empfangen und war selber in der besten Stimmung. Sind Sie mir nicht ein wenig gut dafür, sagte er heimlich, daß ich R, zurückgeführt habe?

Selbstliebe befangen, sich einbilden, Alles wieder gut machen zu können. Immer wird es ihnen leicht, Verzeihung zu erlangen, und so achten sie die Thränen nicht, welche ihrem Unrechte flossen. — Sternheim kam am Abend; nie sah ich in einem Gesichte so sehr die edelsten Empfindungen der Seele ausgesprochen. In den Augen lag ein Ausdruck, daß man hätte sagen mögen, es seien keine Augen von dieser Welt. Sein Glückwunsch war einfach und herzlich, und zu R.'s Ehre muß ich gestehn, daß dessen Benehmen die vollste Anerkennung aussprach. Er war in einer milden Stimmung, welche ihm immer außerordentlich wohl läßt. Sophie erschien ungezwungen freundlich; ein weniger edles Gemüth würde sich haben einschüchtern lassen, das Bewußtsein völliger Reinheit gab ihr eine durchaus würdige Haltung.

Es ist jetzt entschieden, daß R. in einigen Wochen sich in sein Vaterland begeben und dort eine Anstellung suchen wird. Sobald ihm eine solche zu Theil geworden, kehrt er zurück, um zu heirathen, da es auf den größeren oder geringeren Ertrag der Stelle dabei nicht ankommt.

Dieser Brief ist längere Zeit liegen geblieben, denn in dem Augenblick, wo ich ihn schließen wollte, erschien hier, sehr unerwartet, Herr von Steinberg. Er ward freudig empfangen und war selber in der besten Stimmung. Sind Sie mir nicht ein wenig gut dafür, sagte er heimlich, daß ich R, zurückgeführt habe?

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[0084] Selbstliebe befangen, sich einbilden, Alles wieder gut machen zu können. Immer wird es ihnen leicht, Verzeihung zu erlangen, und so achten sie die Thränen nicht, welche ihrem Unrechte flossen. — Sternheim kam am Abend; nie sah ich in einem Gesichte so sehr die edelsten Empfindungen der Seele ausgesprochen. In den Augen lag ein Ausdruck, daß man hätte sagen mögen, es seien keine Augen von dieser Welt. Sein Glückwunsch war einfach und herzlich, und zu R.'s Ehre muß ich gestehn, daß dessen Benehmen die vollste Anerkennung aussprach. Er war in einer milden Stimmung, welche ihm immer außerordentlich wohl läßt. Sophie erschien ungezwungen freundlich; ein weniger edles Gemüth würde sich haben einschüchtern lassen, das Bewußtsein völliger Reinheit gab ihr eine durchaus würdige Haltung. Es ist jetzt entschieden, daß R. in einigen Wochen sich in sein Vaterland begeben und dort eine Anstellung suchen wird. Sobald ihm eine solche zu Theil geworden, kehrt er zurück, um zu heirathen, da es auf den größeren oder geringeren Ertrag der Stelle dabei nicht ankommt. Dieser Brief ist längere Zeit liegen geblieben, denn in dem Augenblick, wo ich ihn schließen wollte, erschien hier, sehr unerwartet, Herr von Steinberg. Er ward freudig empfangen und war selber in der besten Stimmung. Sind Sie mir nicht ein wenig gut dafür, sagte er heimlich, daß ich R, zurückgeführt habe?

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T13:52:17Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T13:52:17Z)

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Zitationshilfe: F. v. W. [Margarethe von Wolff]: Gemüth und Selbstsucht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–86. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_selbstsucht_1910/84>, abgerufen am 21.11.2024.