Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
Widerlegung der Einwürfe

Der Herr von Haller sagt ferner p. 188.
189. die Säfte, welche durch diese Gefäße gehen,
müssen die Ursache ihrer Bewegung in Herzen
des Embryo erkennen; aber auch das, obgleich
diese Gefäße mit dem Embryo während der Jncu-
bation erst entstehen und folglich alsdann auch erst
Säfte durchlassen ist nicht nothwendig. Jch will
nicht vom Herzen reden, wo es noch gar nicht entdeckt
wird, ohngeachtet aus dem obigen schon genugsam
bekannt seyn muß, daß es alsdann auch noch nicht
existirt, und die Durchsichtigkeit nur eine Sache ist
zu der man seine Zuflucht zu nehmen gezwungen ist;
ich führe nur die Beobachtung an, da man das Herz
sehr deutlich sieht, aber auch sehr deutlich still liegen
sieht. Also zu dieser Zeit, vorher, da es unsicht-
bar war, mag es geschlagen haben, wodurch wer-
den die Säfte bewegt? Mir konnte dieses keine
Schwierigkeit seyn, sondern es war mir vielmehr
eine angenehme Bestärkung einer Wahrheit, die
ich lange vorher aus andern Gründen eingesehen
hatte. Es ist die wesentliche Kraft, die bey den
Thieren eben sowohl wie bey den Pflanzen statt fin-
det; wie hundert andere Beobachtungen solches
lehren. Man lese davon meine Dissertation nach.

Es ist noch eine besondere Beobachtung, die
mir eben einfällt, die alles dieses noch mehr be-
stätigen wird, und die der Herr Baron von Hal-
ler
gewiß auch oft wird gesehen haben. Man
kan nicht alles aufschreiben was man sieht. Man
sieht oft so viel merkwürdige Dinge auf einmahl,

daß
Widerlegung der Einwuͤrfe

Der Herr von Haller ſagt ferner p. 188.
189. die Saͤfte, welche durch dieſe Gefaͤße gehen,
muͤſſen die Urſache ihrer Bewegung in Herzen
des Embryo erkennen; aber auch das, obgleich
dieſe Gefaͤße mit dem Embryo waͤhrend der Jncu-
bation erſt entſtehen und folglich alsdann auch erſt
Saͤfte durchlaſſen iſt nicht nothwendig. Jch will
nicht vom Herzen reden, wo es noch gar nicht entdeckt
wird, ohngeachtet aus dem obigen ſchon genugſam
bekannt ſeyn muß, daß es alsdann auch noch nicht
exiſtirt, und die Durchſichtigkeit nur eine Sache iſt
zu der man ſeine Zuflucht zu nehmen gezwungen iſt;
ich fuͤhre nur die Beobachtung an, da man das Herz
ſehr deutlich ſieht, aber auch ſehr deutlich ſtill liegen
ſieht. Alſo zu dieſer Zeit, vorher, da es unſicht-
bar war, mag es geſchlagen haben, wodurch wer-
den die Saͤfte bewegt? Mir konnte dieſes keine
Schwierigkeit ſeyn, ſondern es war mir vielmehr
eine angenehme Beſtaͤrkung einer Wahrheit, die
ich lange vorher aus andern Gruͤnden eingeſehen
hatte. Es iſt die weſentliche Kraft, die bey den
Thieren eben ſowohl wie bey den Pflanzen ſtatt fin-
det; wie hundert andere Beobachtungen ſolches
lehren. Man leſe davon meine Diſſertation nach.

Es iſt noch eine beſondere Beobachtung, die
mir eben einfaͤllt, die alles dieſes noch mehr be-
ſtaͤtigen wird, und die der Herr Baron von Hal-
ler
gewiß auch oft wird geſehen haben. Man
kan nicht alles aufſchreiben was man ſieht. Man
ſieht oft ſo viel merkwuͤrdige Dinge auf einmahl,

daß
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0140" n="118"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Widerlegung der Einwu&#x0364;rfe</hi> </fw><lb/>
            <p>Der Herr <hi rendition="#fr">von Haller</hi> &#x017F;agt ferner <hi rendition="#aq">p.</hi> 188.<lb/>
189. die Sa&#x0364;fte, welche durch die&#x017F;e Gefa&#x0364;ße gehen,<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en die Ur&#x017F;ache ihrer Bewegung in Herzen<lb/>
des Embryo erkennen; aber auch das, obgleich<lb/>
die&#x017F;e Gefa&#x0364;ße mit dem Embryo wa&#x0364;hrend der Jncu-<lb/>
bation er&#x017F;t ent&#x017F;tehen und folglich alsdann auch er&#x017F;t<lb/>
Sa&#x0364;fte durchla&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t nicht nothwendig. Jch will<lb/>
nicht vom Herzen reden, wo es noch gar nicht entdeckt<lb/>
wird, ohngeachtet aus dem obigen &#x017F;chon genug&#x017F;am<lb/>
bekannt &#x017F;eyn muß, daß es alsdann auch noch nicht<lb/>
exi&#x017F;tirt, und die Durch&#x017F;ichtigkeit nur eine Sache i&#x017F;t<lb/>
zu der man &#x017F;eine Zuflucht zu nehmen gezwungen i&#x017F;t;<lb/>
ich fu&#x0364;hre nur die Beobachtung an, da man das Herz<lb/>
&#x017F;ehr deutlich &#x017F;ieht, aber auch &#x017F;ehr deutlich &#x017F;till liegen<lb/>
&#x017F;ieht. Al&#x017F;o zu die&#x017F;er Zeit, vorher, da es un&#x017F;icht-<lb/>
bar war, mag es ge&#x017F;chlagen haben, wodurch wer-<lb/>
den die Sa&#x0364;fte bewegt? Mir konnte die&#x017F;es keine<lb/>
Schwierigkeit &#x017F;eyn, &#x017F;ondern es war mir vielmehr<lb/>
eine angenehme Be&#x017F;ta&#x0364;rkung einer Wahrheit, die<lb/>
ich lange vorher aus andern Gru&#x0364;nden einge&#x017F;ehen<lb/>
hatte. Es i&#x017F;t die we&#x017F;entliche Kraft, die bey den<lb/>
Thieren eben &#x017F;owohl wie bey den Pflanzen &#x017F;tatt fin-<lb/>
det; wie hundert andere Beobachtungen &#x017F;olches<lb/>
lehren. Man le&#x017F;e davon meine Di&#x017F;&#x017F;ertation nach.</p><lb/>
            <p>Es i&#x017F;t noch eine be&#x017F;ondere Beobachtung, die<lb/>
mir eben einfa&#x0364;llt, die alles die&#x017F;es noch mehr be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;tigen wird, und die der Herr Baron <hi rendition="#fr">von Hal-<lb/>
ler</hi> gewiß auch oft wird ge&#x017F;ehen haben. Man<lb/>
kan nicht alles auf&#x017F;chreiben was man &#x017F;ieht. Man<lb/>
&#x017F;ieht oft &#x017F;o viel merkwu&#x0364;rdige Dinge auf einmahl,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">daß</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0140] Widerlegung der Einwuͤrfe Der Herr von Haller ſagt ferner p. 188. 189. die Saͤfte, welche durch dieſe Gefaͤße gehen, muͤſſen die Urſache ihrer Bewegung in Herzen des Embryo erkennen; aber auch das, obgleich dieſe Gefaͤße mit dem Embryo waͤhrend der Jncu- bation erſt entſtehen und folglich alsdann auch erſt Saͤfte durchlaſſen iſt nicht nothwendig. Jch will nicht vom Herzen reden, wo es noch gar nicht entdeckt wird, ohngeachtet aus dem obigen ſchon genugſam bekannt ſeyn muß, daß es alsdann auch noch nicht exiſtirt, und die Durchſichtigkeit nur eine Sache iſt zu der man ſeine Zuflucht zu nehmen gezwungen iſt; ich fuͤhre nur die Beobachtung an, da man das Herz ſehr deutlich ſieht, aber auch ſehr deutlich ſtill liegen ſieht. Alſo zu dieſer Zeit, vorher, da es unſicht- bar war, mag es geſchlagen haben, wodurch wer- den die Saͤfte bewegt? Mir konnte dieſes keine Schwierigkeit ſeyn, ſondern es war mir vielmehr eine angenehme Beſtaͤrkung einer Wahrheit, die ich lange vorher aus andern Gruͤnden eingeſehen hatte. Es iſt die weſentliche Kraft, die bey den Thieren eben ſowohl wie bey den Pflanzen ſtatt fin- det; wie hundert andere Beobachtungen ſolches lehren. Man leſe davon meine Diſſertation nach. Es iſt noch eine beſondere Beobachtung, die mir eben einfaͤllt, die alles dieſes noch mehr be- ſtaͤtigen wird, und die der Herr Baron von Hal- ler gewiß auch oft wird geſehen haben. Man kan nicht alles aufſchreiben was man ſieht. Man ſieht oft ſo viel merkwuͤrdige Dinge auf einmahl, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/140
Zitationshilfe: Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/140>, abgerufen am 21.11.2024.