Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.Göttingische Anz. 143 St. 1760. den, und folglich das Gelbe die wahre Materie zurNahrung seyn. Die Kraft, die sie dahin befördert, ist die oben schon in den Gewächsen genennte Vis essentialis. Mechanisch brechen ferner alle diese neu entstandene Adern zusammen, vereinigen sich, und werden zum Herzen (ob wohl dieses eben nicht in der Mitte liegt). Alsdann aber, und wenn das Blut in den Wegen roth und kuglicht wird, entsteht die Reizbarkeit, wodurch sich das neue Thier vom Gewächse unterscheidet. Die Schlagadern, wenn wir Hrn. W. recht verstehn, werden aus dem Abscheiden des überflüßigen Safts, eine schwere Aufgabe, indem man so wohl die Ursache, warum sich in den Gewächsen kein Herz bildet *), als warum bey denselben niemahls Schlag- adern gebauet werden **) und endlich warum keine Reiz- barkeit entstehet, nicht erklärt findet. Nur führt unser geschickter Verfasser aus der Erfahrung an, daß sich am neuen Thiere Schlagadern zeigen, wo vorher keine waren, die aus einer unorganischen Materie entstehen. Er glaubt auch auf eine fast ähnliche Weise bilden sich auch in den Er- wachsenen neue Schlagadern, wiewohl häufiger vor dem 20sten Jahre. Alle diese Schlagadern, fährt er fort, müssen aus einem Herzen entspringen, weil nur ein Flecken im Gelben erwächst. Er glaubt auch es sey mechanisch nothwendig, daß überall, wo eine Schlagader ist, auch eine zurückführende hervorgebracht werde, und die Val- veln in den letztern seyen eine Nachahmung der Zellen der Gewächse. Er findet den Charackter des Thieres im Her- zen, und hält diejenigen Thiere fast nur für Gewächse, bey denen man kein Herz findet. Wie sich die Eingewei- de aus einer unorganischen Materie, und nachwärts aus dem fadigten Gewebe bilden, gibt er die Niere zum Exem- pel, und glaubt so gar der adrigte Bau derselben sey zum Abscheiden des Harns nicht nothwendig, da sich ja der Harn schon zu einer Zeit abgeschieden habe, da an der Nie- *) §. 194. cit, 215. & 216. **) §. 215.
Goͤttingiſche Anz. 143 St. 1760. den, und folglich das Gelbe die wahre Materie zurNahrung ſeyn. Die Kraft, die ſie dahin befoͤrdert, iſt die oben ſchon in den Gewaͤchſen genennte Vis eſſentialis. Mechaniſch brechen ferner alle dieſe neu entſtandene Adern zuſammen, vereinigen ſich, und werden zum Herzen (ob wohl dieſes eben nicht in der Mitte liegt). Alsdann aber, und wenn das Blut in den Wegen roth und kuglicht wird, entſteht die Reizbarkeit, wodurch ſich das neue Thier vom Gewaͤchſe unterſcheidet. Die Schlagadern, wenn wir Hrn. W. recht verſtehn, werden aus dem Abſcheiden des uͤberfluͤßigen Safts, eine ſchwere Aufgabe, indem man ſo wohl die Urſache, warum ſich in den Gewaͤchſen kein Herz bildet *), als warum bey denſelben niemahls Schlag- adern gebauet werden **) und endlich warum keine Reiz- barkeit entſtehet, nicht erklaͤrt findet. Nur fuͤhrt unſer geſchickter Verfaſſer aus der Erfahrung an, daß ſich am neuen Thiere Schlagadern zeigen, wo vorher keine waren, die aus einer unorganiſchen Materie entſtehen. Er glaubt auch auf eine faſt aͤhnliche Weiſe bilden ſich auch in den Er- wachſenen neue Schlagadern, wiewohl haͤufiger vor dem 20ſten Jahre. Alle dieſe Schlagadern, faͤhrt er fort, muͤſſen aus einem Herzen entſpringen, weil nur ein Flecken im Gelben erwaͤchſt. Er glaubt auch es ſey mechaniſch nothwendig, daß uͤberall, wo eine Schlagader iſt, auch eine zuruͤckfuͤhrende hervorgebracht werde, und die Val- veln in den letztern ſeyen eine Nachahmung der Zellen der Gewaͤchſe. Er findet den Charackter des Thieres im Her- zen, und haͤlt diejenigen Thiere faſt nur fuͤr Gewaͤchſe, bey denen man kein Herz findet. Wie ſich die Eingewei- de aus einer unorganiſchen Materie, und nachwaͤrts aus dem fadigten Gewebe bilden, gibt er die Niere zum Exem- pel, und glaubt ſo gar der adrigte Bau derſelben ſey zum Abſcheiden des Harns nicht nothwendig, da ſich ja der Harn ſchon zu einer Zeit abgeſchieden habe, da an der Nie- *) §. 194. cit, 215. & 216. **) §. 215.
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Goͤttingiſche Anz. 143 St. 1760.
den, und folglich das Gelbe die wahre Materie zur
Nahrung ſeyn. Die Kraft, die ſie dahin befoͤrdert, iſt
die oben ſchon in den Gewaͤchſen genennte Vis eſſentialis.
Mechaniſch brechen ferner alle dieſe neu entſtandene Adern
zuſammen, vereinigen ſich, und werden zum Herzen (ob
wohl dieſes eben nicht in der Mitte liegt). Alsdann aber,
und wenn das Blut in den Wegen roth und kuglicht wird,
entſteht die Reizbarkeit, wodurch ſich das neue Thier vom
Gewaͤchſe unterſcheidet. Die Schlagadern, wenn wir
Hrn. W. recht verſtehn, werden aus dem Abſcheiden des
uͤberfluͤßigen Safts, eine ſchwere Aufgabe, indem man ſo
wohl die Urſache, warum ſich in den Gewaͤchſen kein
Herz bildet *), als warum bey denſelben niemahls Schlag-
adern gebauet werden **) und endlich warum keine Reiz-
barkeit entſtehet, nicht erklaͤrt findet. Nur fuͤhrt unſer
geſchickter Verfaſſer aus der Erfahrung an, daß ſich am
neuen Thiere Schlagadern zeigen, wo vorher keine waren,
die aus einer unorganiſchen Materie entſtehen. Er glaubt
auch auf eine faſt aͤhnliche Weiſe bilden ſich auch in den Er-
wachſenen neue Schlagadern, wiewohl haͤufiger vor dem
20ſten Jahre. Alle dieſe Schlagadern, faͤhrt er fort,
muͤſſen aus einem Herzen entſpringen, weil nur ein Flecken
im Gelben erwaͤchſt. Er glaubt auch es ſey mechaniſch
nothwendig, daß uͤberall, wo eine Schlagader iſt, auch
eine zuruͤckfuͤhrende hervorgebracht werde, und die Val-
veln in den letztern ſeyen eine Nachahmung der Zellen der
Gewaͤchſe. Er findet den Charackter des Thieres im Her-
zen, und haͤlt diejenigen Thiere faſt nur fuͤr Gewaͤchſe,
bey denen man kein Herz findet. Wie ſich die Eingewei-
de aus einer unorganiſchen Materie, und nachwaͤrts aus
dem fadigten Gewebe bilden, gibt er die Niere zum Exem-
pel, und glaubt ſo gar der adrigte Bau derſelben ſey zum
Abſcheiden des Harns nicht nothwendig, da ſich ja der
Harn ſchon zu einer Zeit abgeſchieden habe, da an der
Nie-
*) §. 194. cit, 215. & 216.
**) §. 215.
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Zitationshilfe: | Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/161>, abgerufen am 16.02.2025. |