Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

3. Kap. Von der Entstehungsart
den; so geschiehet dieses nach dem Begriffe von
der Formation der Gefäße (§. 33.) durch die in
sie eindringende und häufiger eindringende Säfte;
diese Säfte aber kommen aus den vorigen Hölen,
die nun schon größer geworden sind, folglich müs-
sen die neue entstehende Hölen, Aeste (rami) von
den Vorigen werden. Auf diese Art wird es sich
mit einem jeden neuen formirten Gefäße verhal-
ten; indem es formirt wird, wird es immer als
ein Ramus von einem vorhergehenden, welches
zugleich größer wird, formirt werden, und alle
Gefäße werden also als ein einziges auf diese Art
zusammenhengendes System erzeugt werden.

§. 40.
Die Ursache,
die sie in den
Pflanzen ver-
hindert, liegt
in der Sub-
stanz dersel-
ben.

Nun aber warum geschiehet
dieses nicht auch bey den Pflanzen?
Jch sage kurz, die Materie, woraus
Pflanzen erzeugt werden, diese Pflan-
zensubstanz, die von der thierischen
Substanz sehr verschieden ist, ist die
Ursache, die solches verhindert. Die
Erfahrung lehrt es, daß ein Theil, so wohl bey
Thieren als Pflanzen, nachdem er producirt ist,
weiter nutrirt wird, und also die Nahrungssäfte
in seine Substanz aufnimmt; hört dieses auf zu
geschehn, so trocknet der Theil zusammen, und
stirbt ab, wie wir an den Blättern der Bäume
im Herbst sehen; geschiehet es in einem gewissen
Grade, so bleibt der Theil wie er ist; dieses findet
bey frischen Blättern der Pflanze, wenn sie er-

wach-

3. Kap. Von der Entſtehungsart
den; ſo geſchiehet dieſes nach dem Begriffe von
der Formation der Gefaͤße (§. 33.) durch die in
ſie eindringende und haͤufiger eindringende Saͤfte;
dieſe Saͤfte aber kommen aus den vorigen Hoͤlen,
die nun ſchon groͤßer geworden ſind, folglich muͤſ-
ſen die neue entſtehende Hoͤlen, Aeſte (rami) von
den Vorigen werden. Auf dieſe Art wird es ſich
mit einem jeden neuen formirten Gefaͤße verhal-
ten; indem es formirt wird, wird es immer als
ein Ramus von einem vorhergehenden, welches
zugleich groͤßer wird, formirt werden, und alle
Gefaͤße werden alſo als ein einziges auf dieſe Art
zuſammenhengendes Syſtem erzeugt werden.

§. 40.
Die Urſache,
die ſie in den
Pflanzen ver-
hindert, liegt
in der Sub-
ſtanz derſel-
ben.

Nun aber warum geſchiehet
dieſes nicht auch bey den Pflanzen?
Jch ſage kurz, die Materie, woraus
Pflanzen erzeugt werden, dieſe Pflan-
zenſubſtanz, die von der thieriſchen
Subſtanz ſehr verſchieden iſt, iſt die
Urſache, die ſolches verhindert. Die
Erfahrung lehrt es, daß ein Theil, ſo wohl bey
Thieren als Pflanzen, nachdem er producirt iſt,
weiter nutrirt wird, und alſo die Nahrungsſaͤfte
in ſeine Subſtanz aufnimmt; hoͤrt dieſes auf zu
geſchehn, ſo trocknet der Theil zuſammen, und
ſtirbt ab, wie wir an den Blaͤttern der Baͤume
im Herbſt ſehen; geſchiehet es in einem gewiſſen
Grade, ſo bleibt der Theil wie er iſt; dieſes findet
bey friſchen Blaͤttern der Pflanze, wenn ſie er-

wach-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0198" n="176"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">3. Kap. Von der Ent&#x017F;tehungsart</hi></fw><lb/>
den; &#x017F;o ge&#x017F;chiehet die&#x017F;es nach dem Begriffe von<lb/>
der Formation der Gefa&#x0364;ße (§. 33.) durch die in<lb/>
&#x017F;ie eindringende und ha&#x0364;ufiger eindringende Sa&#x0364;fte;<lb/>
die&#x017F;e Sa&#x0364;fte aber kommen aus den vorigen Ho&#x0364;len,<lb/>
die nun &#x017F;chon gro&#x0364;ßer geworden &#x017F;ind, folglich mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en die neue ent&#x017F;tehende Ho&#x0364;len, Ae&#x017F;te (<hi rendition="#aq">rami</hi>) von<lb/>
den Vorigen werden. Auf die&#x017F;e Art wird es &#x017F;ich<lb/>
mit einem jeden neuen formirten Gefa&#x0364;ße verhal-<lb/>
ten; indem es formirt wird, wird es immer als<lb/>
ein Ramus von einem vorhergehenden, welches<lb/>
zugleich gro&#x0364;ßer wird, formirt werden, und alle<lb/>
Gefa&#x0364;ße werden al&#x017F;o als ein einziges auf die&#x017F;e Art<lb/>
zu&#x017F;ammenhengendes Sy&#x017F;tem erzeugt werden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 40.</head><lb/>
            <note place="left">Die Ur&#x017F;ache,<lb/>
die &#x017F;ie in den<lb/>
Pflanzen ver-<lb/>
hindert, liegt<lb/>
in der Sub-<lb/>
&#x017F;tanz der&#x017F;el-<lb/>
ben.</note>
            <p>Nun aber warum ge&#x017F;chiehet<lb/>
die&#x017F;es nicht auch bey den Pflanzen?<lb/>
Jch &#x017F;age kurz, die Materie, woraus<lb/>
Pflanzen erzeugt werden, die&#x017F;e Pflan-<lb/>
zen&#x017F;ub&#x017F;tanz, die von der thieri&#x017F;chen<lb/>
Sub&#x017F;tanz &#x017F;ehr ver&#x017F;chieden i&#x017F;t, i&#x017F;t die<lb/>
Ur&#x017F;ache, die &#x017F;olches verhindert. Die<lb/>
Erfahrung lehrt es, daß ein Theil, &#x017F;o wohl bey<lb/>
Thieren als Pflanzen, nachdem er producirt i&#x017F;t,<lb/>
weiter nutrirt wird, und al&#x017F;o die Nahrungs&#x017F;a&#x0364;fte<lb/>
in &#x017F;eine Sub&#x017F;tanz aufnimmt; ho&#x0364;rt die&#x017F;es auf zu<lb/>
ge&#x017F;chehn, &#x017F;o trocknet der Theil zu&#x017F;ammen, und<lb/>
&#x017F;tirbt ab, wie wir an den Bla&#x0364;ttern der Ba&#x0364;ume<lb/>
im Herb&#x017F;t &#x017F;ehen; ge&#x017F;chiehet es in einem gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Grade, &#x017F;o bleibt der Theil wie er i&#x017F;t; die&#x017F;es findet<lb/>
bey fri&#x017F;chen Bla&#x0364;ttern der Pflanze, wenn &#x017F;ie er-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wach-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0198] 3. Kap. Von der Entſtehungsart den; ſo geſchiehet dieſes nach dem Begriffe von der Formation der Gefaͤße (§. 33.) durch die in ſie eindringende und haͤufiger eindringende Saͤfte; dieſe Saͤfte aber kommen aus den vorigen Hoͤlen, die nun ſchon groͤßer geworden ſind, folglich muͤſ- ſen die neue entſtehende Hoͤlen, Aeſte (rami) von den Vorigen werden. Auf dieſe Art wird es ſich mit einem jeden neuen formirten Gefaͤße verhal- ten; indem es formirt wird, wird es immer als ein Ramus von einem vorhergehenden, welches zugleich groͤßer wird, formirt werden, und alle Gefaͤße werden alſo als ein einziges auf dieſe Art zuſammenhengendes Syſtem erzeugt werden. §. 40. Nun aber warum geſchiehet dieſes nicht auch bey den Pflanzen? Jch ſage kurz, die Materie, woraus Pflanzen erzeugt werden, dieſe Pflan- zenſubſtanz, die von der thieriſchen Subſtanz ſehr verſchieden iſt, iſt die Urſache, die ſolches verhindert. Die Erfahrung lehrt es, daß ein Theil, ſo wohl bey Thieren als Pflanzen, nachdem er producirt iſt, weiter nutrirt wird, und alſo die Nahrungsſaͤfte in ſeine Subſtanz aufnimmt; hoͤrt dieſes auf zu geſchehn, ſo trocknet der Theil zuſammen, und ſtirbt ab, wie wir an den Blaͤttern der Baͤume im Herbſt ſehen; geſchiehet es in einem gewiſſen Grade, ſo bleibt der Theil wie er iſt; dieſes findet bey friſchen Blaͤttern der Pflanze, wenn ſie er- wach-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/198
Zitationshilfe: Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/198>, abgerufen am 21.11.2024.