Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite
5. Kap. Von der Entstehungsart
§. 64.
Analogie
dieser Entste-
hungsart der
Flügel und
Füße.

Jch kann mir keine zwo Erschei-
nungen denken, die sich einander ähn-
licher wären, als diese, welche die
Formation der Flügel und Füße bey
dem Vogel gibt, und jene im 57. §.
beschriebene von der Formation der Seitentheile,
oder der Flügel, wie man sie zu nennen pflegt,
in den Blättern. Es ist keine chimärische Ana-
logie, sondern es ist gewis, die Thiere haben mit
den Blättern der Pflanzen in Ansehung ihrer For-
mation die mehreste Aehnlichkeit. Der Rückgrad
ist hier das, was bey der Formation des Blattes
der kleine Kegel oder die Hauptrippe war. Die
Kante ist hier wiederum eben das, was dort die
Kante war. Die Ordnung in der Producktion,
und die Art derselben, ist völlig einerley; nemlich
der Rückgrad und jene Hauptrippe des Blattes
werden zuerst allein excernirt, und alsdann ge-
schiehet die Excretion der Kante aus dem Rück-
grade und aus der Hauptrippe seitwärts. Es ist
wahr, die Kante des Rückgrads zieht sich in der
Folge aus der Mitte desselben weg und häuft sich
hingegen nur oben und unten zu beyden Seiten
an, und dieses geschiehet bey der Kante des Blat-
tes nicht; allein nehmen Sie nur an statt des
Huhnes die Fledermaus, so haben Sie nun auch
alles bis zum Erstaunen ähnlich. Sehen Sie
nur indessen, bis Sie eine Fledermaus, um sie
genauer zu betrachten, bekommen, die verschiede-
ne Figuren davon im Jonston noch, so werden

Sie
5. Kap. Von der Entſtehungsart
§. 64.
Analogie
dieſer Entſte-
hungsart der
Flügel und
Füße.

Jch kann mir keine zwo Erſchei-
nungen denken, die ſich einander aͤhn-
licher waͤren, als dieſe, welche die
Formation der Fluͤgel und Fuͤße bey
dem Vogel gibt, und jene im 57. §.
beſchriebene von der Formation der Seitentheile,
oder der Fluͤgel, wie man ſie zu nennen pflegt,
in den Blaͤttern. Es iſt keine chimaͤriſche Ana-
logie, ſondern es iſt gewis, die Thiere haben mit
den Blaͤttern der Pflanzen in Anſehung ihrer For-
mation die mehreſte Aehnlichkeit. Der Ruͤckgrad
iſt hier das, was bey der Formation des Blattes
der kleine Kegel oder die Hauptrippe war. Die
Kante iſt hier wiederum eben das, was dort die
Kante war. Die Ordnung in der Producktion,
und die Art derſelben, iſt voͤllig einerley; nemlich
der Ruͤckgrad und jene Hauptrippe des Blattes
werden zuerſt allein excernirt, und alsdann ge-
ſchiehet die Excretion der Kante aus dem Ruͤck-
grade und aus der Hauptrippe ſeitwaͤrts. Es iſt
wahr, die Kante des Ruͤckgrads zieht ſich in der
Folge aus der Mitte deſſelben weg und haͤuft ſich
hingegen nur oben und unten zu beyden Seiten
an, und dieſes geſchiehet bey der Kante des Blat-
tes nicht; allein nehmen Sie nur an ſtatt des
Huhnes die Fledermaus, ſo haben Sie nun auch
alles bis zum Erſtaunen aͤhnlich. Sehen Sie
nur indeſſen, bis Sie eine Fledermaus, um ſie
genauer zu betrachten, bekommen, die verſchiede-
ne Figuren davon im Jonſton noch, ſo werden

Sie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0228" n="206"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">5. Kap. Von der Ent&#x017F;tehungsart</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 64.</head><lb/>
            <note place="left"><hi rendition="#g">Analogie</hi><lb/>
die&#x017F;er Ent&#x017F;te-<lb/>
hungsart der<lb/>
Flügel und<lb/>
Füße.</note>
            <p>Jch kann mir keine zwo Er&#x017F;chei-<lb/>
nungen denken, die &#x017F;ich einander a&#x0364;hn-<lb/>
licher wa&#x0364;ren, als die&#x017F;e, welche die<lb/>
Formation der Flu&#x0364;gel und Fu&#x0364;ße bey<lb/>
dem Vogel gibt, und jene im 57. §.<lb/>
be&#x017F;chriebene von der Formation der Seitentheile,<lb/>
oder der Flu&#x0364;gel, wie man &#x017F;ie zu nennen pflegt,<lb/>
in den Bla&#x0364;ttern. Es i&#x017F;t keine chima&#x0364;ri&#x017F;che Ana-<lb/>
logie, &#x017F;ondern es i&#x017F;t gewis, die Thiere haben mit<lb/>
den Bla&#x0364;ttern der Pflanzen in An&#x017F;ehung ihrer For-<lb/>
mation die mehre&#x017F;te Aehnlichkeit. Der Ru&#x0364;ckgrad<lb/>
i&#x017F;t hier das, was bey der Formation des Blattes<lb/>
der kleine Kegel oder die Hauptrippe war. Die<lb/>
Kante i&#x017F;t hier wiederum eben das, was dort die<lb/>
Kante war. Die Ordnung in der Producktion,<lb/>
und die Art der&#x017F;elben, i&#x017F;t vo&#x0364;llig einerley; nemlich<lb/>
der Ru&#x0364;ckgrad und jene Hauptrippe des Blattes<lb/>
werden zuer&#x017F;t allein excernirt, und alsdann ge-<lb/>
&#x017F;chiehet die Excretion der Kante aus dem Ru&#x0364;ck-<lb/>
grade und aus der Hauptrippe &#x017F;eitwa&#x0364;rts. Es i&#x017F;t<lb/>
wahr, die Kante des Ru&#x0364;ckgrads zieht &#x017F;ich in der<lb/>
Folge aus der Mitte de&#x017F;&#x017F;elben weg und ha&#x0364;uft &#x017F;ich<lb/>
hingegen nur oben und unten zu beyden Seiten<lb/>
an, und die&#x017F;es ge&#x017F;chiehet bey der Kante des Blat-<lb/>
tes nicht; allein nehmen Sie nur an &#x017F;tatt des<lb/>
Huhnes die Fledermaus, &#x017F;o haben Sie nun auch<lb/>
alles bis zum Er&#x017F;taunen a&#x0364;hnlich. Sehen Sie<lb/>
nur inde&#x017F;&#x017F;en, bis Sie eine Fledermaus, um &#x017F;ie<lb/>
genauer zu betrachten, bekommen, die ver&#x017F;chiede-<lb/>
ne Figuren davon im <hi rendition="#fr">Jon&#x017F;ton</hi> noch, &#x017F;o werden<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Sie</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[206/0228] 5. Kap. Von der Entſtehungsart §. 64. Jch kann mir keine zwo Erſchei- nungen denken, die ſich einander aͤhn- licher waͤren, als dieſe, welche die Formation der Fluͤgel und Fuͤße bey dem Vogel gibt, und jene im 57. §. beſchriebene von der Formation der Seitentheile, oder der Fluͤgel, wie man ſie zu nennen pflegt, in den Blaͤttern. Es iſt keine chimaͤriſche Ana- logie, ſondern es iſt gewis, die Thiere haben mit den Blaͤttern der Pflanzen in Anſehung ihrer For- mation die mehreſte Aehnlichkeit. Der Ruͤckgrad iſt hier das, was bey der Formation des Blattes der kleine Kegel oder die Hauptrippe war. Die Kante iſt hier wiederum eben das, was dort die Kante war. Die Ordnung in der Producktion, und die Art derſelben, iſt voͤllig einerley; nemlich der Ruͤckgrad und jene Hauptrippe des Blattes werden zuerſt allein excernirt, und alsdann ge- ſchiehet die Excretion der Kante aus dem Ruͤck- grade und aus der Hauptrippe ſeitwaͤrts. Es iſt wahr, die Kante des Ruͤckgrads zieht ſich in der Folge aus der Mitte deſſelben weg und haͤuft ſich hingegen nur oben und unten zu beyden Seiten an, und dieſes geſchiehet bey der Kante des Blat- tes nicht; allein nehmen Sie nur an ſtatt des Huhnes die Fledermaus, ſo haben Sie nun auch alles bis zum Erſtaunen aͤhnlich. Sehen Sie nur indeſſen, bis Sie eine Fledermaus, um ſie genauer zu betrachten, bekommen, die verſchiede- ne Figuren davon im Jonſton noch, ſo werden Sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/228
Zitationshilfe: Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/228>, abgerufen am 27.11.2024.