Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

6. Cap. Von der Conception.
nunmehro überaus leicht, diese Würkung des
männlichen Saamens, und das ganze Concep-
tionsgeschäfte einzusehen, wie ich es §. 75. be-
stimmt habe. Diese erste Theile der jungen
Pflanze, die durch die Kraft des hinzukommen-
den männlichen Saamens erzeugt werden sollen
(§. cit.) sind von den gewöhnlichen Blättern der
alten Pflanze in nichts unterschieden. Untersu-
chen Sie diesen ersten Keim der jungen Pflanze,
die so genannte Plumula, so werden Sie finden,
daß sie eben so aus jungen Blättern zusammen-
gesetzt ist, wie die Knospen bey den alten Pflanzen
zufammengesetzt sind, in welchen die vor sich be-
stehende Theile herfürgebracht werden. Allein
dieses ist auch eine mehr als zu bekannte Wahr-
heit, und eben die, die dem Erfinder des Systems
der Evolution zu diesem System Anlaß gegeben
hat. Jst dieses nun aber so, sind diese ersten
Theile der jungen Pflanze eben solche Blätter, wie
sie in der alten Pflanze, ehe die Fruktification her-
fürgebracht wurde, producirt wurden; so werden
sie auch zu ihrer Herfürbringung eben dieselbe,
und keine andere Ursachen erfordern, als diejeni-
gen, welche bey der Vegetation der alten Pflanze,
zu der Zeit, da sie ihre gewöhnliche Blätter her-
für brachte, statt fanden; nun sind aber diese zur
Vegetation erforderte Ursachen keine andere, als
erstlich eine gesunde lebende Pflanze, (in so fern
nemlich in ihr jene wesentliche Kraft statt findet)
und zweytens eine hinlängliche Menge der Nah-
rungssäfte; denn so bald diese beyde Stücke zu-

sammen

6. Cap. Von der Conception.
nunmehro uͤberaus leicht, dieſe Wuͤrkung des
maͤnnlichen Saamens, und das ganze Concep-
tionsgeſchaͤfte einzuſehen, wie ich es §. 75. be-
ſtimmt habe. Dieſe erſte Theile der jungen
Pflanze, die durch die Kraft des hinzukommen-
den maͤnnlichen Saamens erzeugt werden ſollen
(§. cit.) ſind von den gewoͤhnlichen Blaͤttern der
alten Pflanze in nichts unterſchieden. Unterſu-
chen Sie dieſen erſten Keim der jungen Pflanze,
die ſo genannte Plumula, ſo werden Sie finden,
daß ſie eben ſo aus jungen Blaͤttern zuſammen-
geſetzt iſt, wie die Knoſpen bey den alten Pflanzen
zufammengeſetzt ſind, in welchen die vor ſich be-
ſtehende Theile herfuͤrgebracht werden. Allein
dieſes iſt auch eine mehr als zu bekannte Wahr-
heit, und eben die, die dem Erfinder des Syſtems
der Evolution zu dieſem Syſtem Anlaß gegeben
hat. Jſt dieſes nun aber ſo, ſind dieſe erſten
Theile der jungen Pflanze eben ſolche Blaͤtter, wie
ſie in der alten Pflanze, ehe die Fruktification her-
fuͤrgebracht wurde, producirt wurden; ſo werden
ſie auch zu ihrer Herfuͤrbringung eben dieſelbe,
und keine andere Urſachen erfordern, als diejeni-
gen, welche bey der Vegetation der alten Pflanze,
zu der Zeit, da ſie ihre gewoͤhnliche Blaͤtter her-
fuͤr brachte, ſtatt fanden; nun ſind aber dieſe zur
Vegetation erforderte Urſachen keine andere, als
erſtlich eine geſunde lebende Pflanze, (in ſo fern
nemlich in ihr jene weſentliche Kraft ſtatt findet)
und zweytens eine hinlaͤngliche Menge der Nah-
rungsſaͤfte; denn ſo bald dieſe beyde Stuͤcke zu-

ſammen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0266" n="244"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">6. Cap. Von der Conception.</hi></fw><lb/>
nunmehro u&#x0364;beraus leicht, die&#x017F;e Wu&#x0364;rkung des<lb/>
ma&#x0364;nnlichen Saamens, und das ganze Concep-<lb/>
tionsge&#x017F;cha&#x0364;fte einzu&#x017F;ehen, wie ich es §. 75. be-<lb/>
&#x017F;timmt habe. Die&#x017F;e er&#x017F;te Theile der jungen<lb/>
Pflanze, die durch die Kraft des hinzukommen-<lb/>
den ma&#x0364;nnlichen Saamens erzeugt werden &#x017F;ollen<lb/>
(§. <hi rendition="#aq">cit.</hi>) &#x017F;ind von den gewo&#x0364;hnlichen Bla&#x0364;ttern der<lb/>
alten Pflanze in nichts unter&#x017F;chieden. Unter&#x017F;u-<lb/>
chen Sie die&#x017F;en er&#x017F;ten Keim der jungen Pflanze,<lb/>
die &#x017F;o genannte <hi rendition="#aq">Plumula,</hi> &#x017F;o werden Sie finden,<lb/>
daß &#x017F;ie eben &#x017F;o aus jungen Bla&#x0364;ttern zu&#x017F;ammen-<lb/>
ge&#x017F;etzt i&#x017F;t, wie die Kno&#x017F;pen bey den alten Pflanzen<lb/>
zufammenge&#x017F;etzt &#x017F;ind, in welchen die vor &#x017F;ich be-<lb/>
&#x017F;tehende Theile herfu&#x0364;rgebracht werden. Allein<lb/>
die&#x017F;es i&#x017F;t auch eine mehr als zu bekannte Wahr-<lb/>
heit, und eben die, die dem Erfinder des Sy&#x017F;tems<lb/>
der Evolution zu die&#x017F;em Sy&#x017F;tem Anlaß gegeben<lb/>
hat. J&#x017F;t die&#x017F;es nun aber &#x017F;o, &#x017F;ind die&#x017F;e er&#x017F;ten<lb/>
Theile der jungen Pflanze eben &#x017F;olche Bla&#x0364;tter, wie<lb/>
&#x017F;ie in der alten Pflanze, ehe die Fruktification her-<lb/>
fu&#x0364;rgebracht wurde, producirt wurden; &#x017F;o werden<lb/>
&#x017F;ie auch zu ihrer Herfu&#x0364;rbringung eben die&#x017F;elbe,<lb/>
und keine andere Ur&#x017F;achen erfordern, als diejeni-<lb/>
gen, welche bey der Vegetation der alten Pflanze,<lb/>
zu der Zeit, da &#x017F;ie ihre gewo&#x0364;hnliche Bla&#x0364;tter her-<lb/>
fu&#x0364;r brachte, &#x017F;tatt fanden; nun &#x017F;ind aber die&#x017F;e zur<lb/>
Vegetation erforderte Ur&#x017F;achen keine andere, als<lb/>
er&#x017F;tlich eine ge&#x017F;unde lebende Pflanze, (in &#x017F;o fern<lb/>
nemlich in ihr jene we&#x017F;entliche Kraft &#x017F;tatt findet)<lb/>
und zweytens eine hinla&#x0364;ngliche Menge der Nah-<lb/>
rungs&#x017F;a&#x0364;fte; denn &#x017F;o bald die&#x017F;e beyde Stu&#x0364;cke zu-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ammen</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[244/0266] 6. Cap. Von der Conception. nunmehro uͤberaus leicht, dieſe Wuͤrkung des maͤnnlichen Saamens, und das ganze Concep- tionsgeſchaͤfte einzuſehen, wie ich es §. 75. be- ſtimmt habe. Dieſe erſte Theile der jungen Pflanze, die durch die Kraft des hinzukommen- den maͤnnlichen Saamens erzeugt werden ſollen (§. cit.) ſind von den gewoͤhnlichen Blaͤttern der alten Pflanze in nichts unterſchieden. Unterſu- chen Sie dieſen erſten Keim der jungen Pflanze, die ſo genannte Plumula, ſo werden Sie finden, daß ſie eben ſo aus jungen Blaͤttern zuſammen- geſetzt iſt, wie die Knoſpen bey den alten Pflanzen zufammengeſetzt ſind, in welchen die vor ſich be- ſtehende Theile herfuͤrgebracht werden. Allein dieſes iſt auch eine mehr als zu bekannte Wahr- heit, und eben die, die dem Erfinder des Syſtems der Evolution zu dieſem Syſtem Anlaß gegeben hat. Jſt dieſes nun aber ſo, ſind dieſe erſten Theile der jungen Pflanze eben ſolche Blaͤtter, wie ſie in der alten Pflanze, ehe die Fruktification her- fuͤrgebracht wurde, producirt wurden; ſo werden ſie auch zu ihrer Herfuͤrbringung eben dieſelbe, und keine andere Urſachen erfordern, als diejeni- gen, welche bey der Vegetation der alten Pflanze, zu der Zeit, da ſie ihre gewoͤhnliche Blaͤtter her- fuͤr brachte, ſtatt fanden; nun ſind aber dieſe zur Vegetation erforderte Urſachen keine andere, als erſtlich eine geſunde lebende Pflanze, (in ſo fern nemlich in ihr jene weſentliche Kraft ſtatt findet) und zweytens eine hinlaͤngliche Menge der Nah- rungsſaͤfte; denn ſo bald dieſe beyde Stuͤcke zu- ſammen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/266
Zitationshilfe: Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/266>, abgerufen am 22.11.2024.