Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

Historie der verschiedenen
chen daß ich mit einem mahl ein wenig zuviel ge-
wagt habe. Denn wenn man in physischen Ent-
deckungen recht sicher gehen will, so muß man die
Natur einer Sache nicht von einer, sondern von
so vielen Seiten, als möglich ist, kennen, und
alsdann, wenn sich die Sache auf allen Seiten
und in allen Umständen immer auf dieselbe Art
uns vorstellt, können wir versichert seyn, daß sie
sich so, wie wir glauben, verhält. Jch habe eine
dergleichen Furchtsamkeit auch in der Vorrede
meiner Disputation schon einigermassen blicken
lassen. Jndessen kann ich wohl eben nicht sagen,
daß ich bisher viel Uebereilungen entdeckt hätte;
sondern die neue Erfahrungen, welche ich mir
während der Zeit, von verschiedenen Dingen an-
geschaft habe, stimmen nicht nur mit meinen
Grundsätzen überein, sondern sie scheinen sie auch
sehr zu bestärken. Dieses thut aber der vorigen
Wahrheit nichts, und die Erinnerung bleibt im-
mer sehr wahr und nützlich. Und auf diese Art
erkenne ich aus den mehresten Anmerkungen die-
ser Recension die große Einsicht ihres Verfassers.
Nur einige wenige Punkte kommen darinn vor,
und zwar eben die, welche Herr Bonnet in seiner
neuen Schrift mit großem Fleiß weiter zu treiben
scheint, die ich, dafern ich nicht wider mein Ge-
wissen reden soll, nicht zugeben kann. Hiervon
will ich also in der Folge Jhnen meine Gedan-
cken sagen.

Sie

Hiſtorie der verſchiedenen
chen daß ich mit einem mahl ein wenig zuviel ge-
wagt habe. Denn wenn man in phyſiſchen Ent-
deckungen recht ſicher gehen will, ſo muß man die
Natur einer Sache nicht von einer, ſondern von
ſo vielen Seiten, als moͤglich iſt, kennen, und
alsdann, wenn ſich die Sache auf allen Seiten
und in allen Umſtaͤnden immer auf dieſelbe Art
uns vorſtellt, koͤnnen wir verſichert ſeyn, daß ſie
ſich ſo, wie wir glauben, verhaͤlt. Jch habe eine
dergleichen Furchtſamkeit auch in der Vorrede
meiner Diſputation ſchon einigermaſſen blicken
laſſen. Jndeſſen kann ich wohl eben nicht ſagen,
daß ich bisher viel Uebereilungen entdeckt haͤtte;
ſondern die neue Erfahrungen, welche ich mir
waͤhrend der Zeit, von verſchiedenen Dingen an-
geſchaft habe, ſtimmen nicht nur mit meinen
Grundſaͤtzen uͤberein, ſondern ſie ſcheinen ſie auch
ſehr zu beſtaͤrken. Dieſes thut aber der vorigen
Wahrheit nichts, und die Erinnerung bleibt im-
mer ſehr wahr und nuͤtzlich. Und auf dieſe Art
erkenne ich aus den mehreſten Anmerkungen die-
ſer Recenſion die große Einſicht ihres Verfaſſers.
Nur einige wenige Punkte kommen darinn vor,
und zwar eben die, welche Herr Bonnet in ſeiner
neuen Schrift mit großem Fleiß weiter zu treiben
ſcheint, die ich, dafern ich nicht wider mein Ge-
wiſſen reden ſoll, nicht zugeben kann. Hiervon
will ich alſo in der Folge Jhnen meine Gedan-
cken ſagen.

Sie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0054" n="32"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Hi&#x017F;torie der ver&#x017F;chiedenen</hi></fw><lb/>
chen daß ich mit einem mahl ein wenig zuviel ge-<lb/>
wagt habe. Denn wenn man in phy&#x017F;i&#x017F;chen Ent-<lb/>
deckungen recht &#x017F;icher gehen will, &#x017F;o muß man die<lb/>
Natur einer Sache nicht von einer, &#x017F;ondern von<lb/>
&#x017F;o vielen Seiten, als mo&#x0364;glich i&#x017F;t, kennen, und<lb/>
alsdann, wenn &#x017F;ich die Sache auf allen Seiten<lb/>
und in allen Um&#x017F;ta&#x0364;nden immer auf die&#x017F;elbe Art<lb/>
uns vor&#x017F;tellt, ko&#x0364;nnen wir ver&#x017F;ichert &#x017F;eyn, daß &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;o, wie wir glauben, verha&#x0364;lt. Jch habe eine<lb/>
dergleichen Furcht&#x017F;amkeit auch in der Vorrede<lb/>
meiner Di&#x017F;putation &#x017F;chon einigerma&#x017F;&#x017F;en blicken<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Jnde&#x017F;&#x017F;en kann ich wohl eben nicht &#x017F;agen,<lb/>
daß ich bisher viel Uebereilungen entdeckt ha&#x0364;tte;<lb/>
&#x017F;ondern die neue Erfahrungen, welche ich mir<lb/>
wa&#x0364;hrend der Zeit, von ver&#x017F;chiedenen Dingen an-<lb/>
ge&#x017F;chaft habe, &#x017F;timmen nicht nur mit meinen<lb/>
Grund&#x017F;a&#x0364;tzen u&#x0364;berein, &#x017F;ondern &#x017F;ie &#x017F;cheinen &#x017F;ie auch<lb/>
&#x017F;ehr zu be&#x017F;ta&#x0364;rken. Die&#x017F;es thut aber der vorigen<lb/>
Wahrheit nichts, und die Erinnerung bleibt im-<lb/>
mer &#x017F;ehr wahr und nu&#x0364;tzlich. Und auf die&#x017F;e Art<lb/>
erkenne ich aus den mehre&#x017F;ten Anmerkungen die-<lb/>
&#x017F;er Recen&#x017F;ion die große Ein&#x017F;icht ihres Verfa&#x017F;&#x017F;ers.<lb/>
Nur einige wenige Punkte kommen darinn vor,<lb/>
und zwar eben die, welche Herr <hi rendition="#fr">Bonnet</hi> in &#x017F;einer<lb/>
neuen Schrift mit großem Fleiß weiter zu treiben<lb/>
&#x017F;cheint, die ich, dafern ich nicht wider mein Ge-<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en reden &#x017F;oll, nicht zugeben kann. Hiervon<lb/>
will ich al&#x017F;o in der Folge Jhnen meine Gedan-<lb/>
cken &#x017F;agen.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Sie</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[32/0054] Hiſtorie der verſchiedenen chen daß ich mit einem mahl ein wenig zuviel ge- wagt habe. Denn wenn man in phyſiſchen Ent- deckungen recht ſicher gehen will, ſo muß man die Natur einer Sache nicht von einer, ſondern von ſo vielen Seiten, als moͤglich iſt, kennen, und alsdann, wenn ſich die Sache auf allen Seiten und in allen Umſtaͤnden immer auf dieſelbe Art uns vorſtellt, koͤnnen wir verſichert ſeyn, daß ſie ſich ſo, wie wir glauben, verhaͤlt. Jch habe eine dergleichen Furchtſamkeit auch in der Vorrede meiner Diſputation ſchon einigermaſſen blicken laſſen. Jndeſſen kann ich wohl eben nicht ſagen, daß ich bisher viel Uebereilungen entdeckt haͤtte; ſondern die neue Erfahrungen, welche ich mir waͤhrend der Zeit, von verſchiedenen Dingen an- geſchaft habe, ſtimmen nicht nur mit meinen Grundſaͤtzen uͤberein, ſondern ſie ſcheinen ſie auch ſehr zu beſtaͤrken. Dieſes thut aber der vorigen Wahrheit nichts, und die Erinnerung bleibt im- mer ſehr wahr und nuͤtzlich. Und auf dieſe Art erkenne ich aus den mehreſten Anmerkungen die- ſer Recenſion die große Einſicht ihres Verfaſſers. Nur einige wenige Punkte kommen darinn vor, und zwar eben die, welche Herr Bonnet in ſeiner neuen Schrift mit großem Fleiß weiter zu treiben ſcheint, die ich, dafern ich nicht wider mein Ge- wiſſen reden ſoll, nicht zugeben kann. Hiervon will ich alſo in der Folge Jhnen meine Gedan- cken ſagen. Sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/54
Zitationshilfe: Wolff, Caspar Friedrich: Theorie von der Generation. Berlin, 1764, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_theorie_1764/54>, abgerufen am 23.11.2024.