Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Th. 7. H. Von dem Versprechen
nöthiger hat; wie auch ob der Ver-
sprechende dasselbe nicht anders als mit
seinem Nachtheil leisten kann; und end-
lich ob man dadurch, daß man es an-
nimmet, nicht etwan einer Pflicht ge-
gen sich oder gegen andere zuwieder
handelt.

§. 387.
Welche
nicht ver-
sprechen
können.

Weil die Rasenden in der Raserey, Unsin-
nigen, Kinder, Aberwitzige und sehr Betrun-
ckene keinen überlegten Vorsatz fassen können,
auch nicht diejenigen, deren Urtheilskraft, ih-
res Alters wegen, zu schwach ist (§. 386.); so
ist klar, daß alle diese nichts gültig ver-
sprechen können
(§. cit.).

§. 388.
Daß
man das
Verspre-
chen hal-
ten müße.

Derjenige hält das Versprechen (pro-
missum servat),
welcher giebt oder thut, was er
zu geben oder zu thun versprochen hat. Weil
nun der Versprechende sich dem, welchem er et-
was verspricht, vollkommen verbindet (§. 380.),
und der, welchem etwas versprochen worden,
dadurch ein vollkommenes Recht zu dem, was
ihm versprochen wird, erhält (§. 97.); wel-
ches ihm wieder seinen Willen nicht genom-
men werden kann (§. 100.); so muß das
Versprechen gehalten werden.

§. 389.
Von
Treue u.
Glauben.

Die Treue (fidem) nennt man die Be-
ständigkeit des Willens, welchen man einem
andern von dem, was man geben oder thun
will, durch Worte erkläret hat. Die Treue

setzt

II. Th. 7. H. Von dem Verſprechen
noͤthiger hat; wie auch ob der Ver-
ſprechende daſſelbe nicht anders als mit
ſeinem Nachtheil leiſten kann; und end-
lich ob man dadurch, daß man es an-
nimmet, nicht etwan einer Pflicht ge-
gen ſich oder gegen andere zuwieder
handelt.

§. 387.
Welche
nicht ver-
ſprechen
koͤnnen.

Weil die Raſenden in der Raſerey, Unſin-
nigen, Kinder, Aberwitzige und ſehr Betrun-
ckene keinen uͤberlegten Vorſatz faſſen koͤnnen,
auch nicht diejenigen, deren Urtheilskraft, ih-
res Alters wegen, zu ſchwach iſt (§. 386.); ſo
iſt klar, daß alle dieſe nichts guͤltig ver-
ſprechen koͤnnen
(§. cit.).

§. 388.
Daß
man das
Verſpre-
chen hal-
ten muͤße.

Derjenige haͤlt das Verſprechen (pro-
miſſum ſervat),
welcher giebt oder thut, was er
zu geben oder zu thun verſprochen hat. Weil
nun der Verſprechende ſich dem, welchem er et-
was verſpricht, vollkommen verbindet (§. 380.),
und der, welchem etwas verſprochen worden,
dadurch ein vollkommenes Recht zu dem, was
ihm verſprochen wird, erhaͤlt (§. 97.); wel-
ches ihm wieder ſeinen Willen nicht genom-
men werden kann (§. 100.); ſo muß das
Verſprechen gehalten werden.

§. 389.
Von
Treue u.
Glauben.

Die Treue (fidem) nennt man die Be-
ſtaͤndigkeit des Willens, welchen man einem
andern von dem, was man geben oder thun
will, durch Worte erklaͤret hat. Die Treue

ſetzt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p>
                <pb facs="#f0270" n="234"/>
                <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Th. 7. H. Von dem Ver&#x017F;prechen</hi> </fw><lb/> <hi rendition="#fr">no&#x0364;thiger hat; wie auch ob der Ver-<lb/>
&#x017F;prechende da&#x017F;&#x017F;elbe nicht anders als mit<lb/>
&#x017F;einem Nachtheil lei&#x017F;ten kann; und end-<lb/>
lich ob man dadurch, daß man es an-<lb/>
nimmet, nicht etwan einer Pflicht ge-<lb/>
gen &#x017F;ich oder gegen andere zuwieder<lb/>
handelt.</hi> </p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 387.</head><lb/>
              <note place="left">Welche<lb/>
nicht ver-<lb/>
&#x017F;prechen<lb/>
ko&#x0364;nnen.</note>
              <p>Weil die Ra&#x017F;enden in der Ra&#x017F;erey, Un&#x017F;in-<lb/>
nigen, Kinder, Aberwitzige und &#x017F;ehr Betrun-<lb/>
ckene keinen u&#x0364;berlegten Vor&#x017F;atz fa&#x017F;&#x017F;en ko&#x0364;nnen,<lb/>
auch nicht diejenigen, deren Urtheilskraft, ih-<lb/>
res Alters wegen, zu &#x017F;chwach i&#x017F;t (§. 386.); &#x017F;o<lb/>
i&#x017F;t klar, daß <hi rendition="#fr">alle die&#x017F;e nichts gu&#x0364;ltig ver-<lb/>
&#x017F;prechen ko&#x0364;nnen</hi> (§. <hi rendition="#aq">cit.</hi>).</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 388.</head><lb/>
              <note place="left">Daß<lb/>
man das<lb/>
Ver&#x017F;pre-<lb/>
chen hal-<lb/>
ten mu&#x0364;ße.</note>
              <p><hi rendition="#fr">Derjenige ha&#x0364;lt das Ver&#x017F;prechen</hi><hi rendition="#aq">(pro-<lb/>
mi&#x017F;&#x017F;um &#x017F;ervat),</hi> welcher giebt oder thut, was er<lb/>
zu geben oder zu thun ver&#x017F;prochen hat. Weil<lb/>
nun der Ver&#x017F;prechende &#x017F;ich dem, welchem er et-<lb/>
was ver&#x017F;pricht, vollkommen verbindet (§. 380.),<lb/>
und der, welchem etwas ver&#x017F;prochen worden,<lb/>
dadurch ein vollkommenes Recht zu dem, was<lb/>
ihm ver&#x017F;prochen wird, erha&#x0364;lt (§. 97.); wel-<lb/>
ches ihm wieder &#x017F;einen Willen nicht genom-<lb/>
men werden kann (§. 100.); <hi rendition="#fr">&#x017F;o muß das<lb/>
Ver&#x017F;prechen gehalten werden.</hi></p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 389.</head><lb/>
              <note place="left">Von<lb/>
Treue u.<lb/>
Glauben.</note>
              <p><hi rendition="#fr">Die Treue</hi><hi rendition="#aq">(fidem)</hi> nennt man die Be-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit des Willens, welchen man einem<lb/>
andern von dem, was man geben oder thun<lb/>
will, durch Worte erkla&#x0364;ret hat. <hi rendition="#fr">Die Treue</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">&#x017F;etzt</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[234/0270] II. Th. 7. H. Von dem Verſprechen noͤthiger hat; wie auch ob der Ver- ſprechende daſſelbe nicht anders als mit ſeinem Nachtheil leiſten kann; und end- lich ob man dadurch, daß man es an- nimmet, nicht etwan einer Pflicht ge- gen ſich oder gegen andere zuwieder handelt. §. 387. Weil die Raſenden in der Raſerey, Unſin- nigen, Kinder, Aberwitzige und ſehr Betrun- ckene keinen uͤberlegten Vorſatz faſſen koͤnnen, auch nicht diejenigen, deren Urtheilskraft, ih- res Alters wegen, zu ſchwach iſt (§. 386.); ſo iſt klar, daß alle dieſe nichts guͤltig ver- ſprechen koͤnnen (§. cit.). §. 388. Derjenige haͤlt das Verſprechen (pro- miſſum ſervat), welcher giebt oder thut, was er zu geben oder zu thun verſprochen hat. Weil nun der Verſprechende ſich dem, welchem er et- was verſpricht, vollkommen verbindet (§. 380.), und der, welchem etwas verſprochen worden, dadurch ein vollkommenes Recht zu dem, was ihm verſprochen wird, erhaͤlt (§. 97.); wel- ches ihm wieder ſeinen Willen nicht genom- men werden kann (§. 100.); ſo muß das Verſprechen gehalten werden. §. 389. Die Treue (fidem) nennt man die Be- ſtaͤndigkeit des Willens, welchen man einem andern von dem, was man geben oder thun will, durch Worte erklaͤret hat. Die Treue ſetzt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/270
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/270>, abgerufen am 21.11.2024.