Vertrage abgehen wollen, den andern dazu anzuhalten, was er vermöge des Vertrags zu leisten schuldig ist. Da wir nun aber, vermöge dessen, was erwiesen worden, das Recht haben vom Vertrage ab- zugehen; so handeln wir nicht wider Treue und Glauben, wenn wir des- wegen vom Vertrage abgehen, weil der andere zuerst davon abgegangen (§. 389.). Und weil es solchergestalt alsdenn bey uns stehet, ob wir den Vertrag wollen gelten lassen, oder nicht; so sind wir nicht gehalten, wenn es den andern gereuet, der zuerst abgegangen, und er will den- selben gelten lassen, dieses anzuneh- men. Weil der Grund, warum es erlaubt ist von einem Vertrage abzugehen, nicht vor- handen, wenn einer wider Treue und Glauben in einem andern Vertrage vorher gehandelt; so ist auch deswe- gen von einem andern Vertrage, als jenem, abzugehen nicht erlaubt.
§. 443.
Wenn je- mand von ei- nem Ver- trag als- dann ab- gehet, wenn vermöge desselben schon et-
Wenn ein anderer alsdenn vom Ver- trag abgehet, wenn wir ihm schon et- was geleistet haben; wir aber dadurch vorsätzlich in Schaden gesetzt würden, wenn wir verbunden wären den Verlust desselben über uns zu nehmen (§. 17. 269.); so muß er uns, wenn wir gleichfalls abgehen, was gegeben worden, wiedergeben, oder der Werth desselben ersetzet
werden
II.Th. 7. H. Von dem Verſprechen
Vertrage abgehen wollen, den andern dazu anzuhalten, was er vermoͤge des Vertrags zu leiſten ſchuldig iſt. Da wir nun aber, vermoͤge deſſen, was erwieſen worden, das Recht haben vom Vertrage ab- zugehen; ſo handeln wir nicht wider Treue und Glauben, wenn wir des- wegen vom Vertrage abgehen, weil der andere zuerſt davon abgegangen (§. 389.). Und weil es ſolchergeſtalt alsdenn bey uns ſtehet, ob wir den Vertrag wollen gelten laſſen, oder nicht; ſo ſind wir nicht gehalten, wenn es den andern gereuet, der zuerſt abgegangen, und er will den- ſelben gelten laſſen, dieſes anzuneh- men. Weil der Grund, warum es erlaubt iſt von einem Vertrage abzugehen, nicht vor- handen, wenn einer wider Treue und Glauben in einem andern Vertrage vorher gehandelt; ſo iſt auch deswe- gen von einem andern Vertrage, als jenem, abzugehen nicht erlaubt.
§. 443.
Wenn je- mand von ei- nem Ver- trag als- dann ab- gehet, wenn vermoͤge deſſelben ſchon et-
Wenn ein anderer alsdenn vom Ver- trag abgehet, wenn wir ihm ſchon et- was geleiſtet haben; wir aber dadurch vorſaͤtzlich in Schaden geſetzt wuͤrden, wenn wir verbunden waͤren den Verluſt deſſelben uͤber uns zu nehmen (§. 17. 269.); ſo muß er uns, wenn wir gleichfalls abgehen, was gegeben worden, wiedergeben, oder der Werth deſſelben erſetzet
werden
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II. Th. 7. H. Von dem Verſprechen
Vertrage abgehen wollen, den andern
dazu anzuhalten, was er vermoͤge des
Vertrags zu leiſten ſchuldig iſt. Da
wir nun aber, vermoͤge deſſen, was erwieſen
worden, das Recht haben vom Vertrage ab-
zugehen; ſo handeln wir nicht wider
Treue und Glauben, wenn wir des-
wegen vom Vertrage abgehen, weil
der andere zuerſt davon abgegangen
(§. 389.). Und weil es ſolchergeſtalt alsdenn
bey uns ſtehet, ob wir den Vertrag wollen
gelten laſſen, oder nicht; ſo ſind wir nicht
gehalten, wenn es den andern gereuet,
der zuerſt abgegangen, und er will den-
ſelben gelten laſſen, dieſes anzuneh-
men. Weil der Grund, warum es erlaubt
iſt von einem Vertrage abzugehen, nicht vor-
handen, wenn einer wider Treue und
Glauben in einem andern Vertrage
vorher gehandelt; ſo iſt auch deswe-
gen von einem andern Vertrage, als
jenem, abzugehen nicht erlaubt.
§. 443.
Wenn ein anderer alsdenn vom Ver-
trag abgehet, wenn wir ihm ſchon et-
was geleiſtet haben; wir aber dadurch
vorſaͤtzlich in Schaden geſetzt wuͤrden, wenn
wir verbunden waͤren den Verluſt deſſelben
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/310>, abgerufen am 21.11.2024.
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