von welcher man redet, unter der That die Unterlaßung zugleich mit.
§. 3.
Wenn ein Mensch etwas frey ausübt,Die Zu- rechnung. oder unterläßt; so nennt man ihn eine freye Ursache der Handlung, eben wie er auch die freye Ursache von allem demje- nigen genannt wird, was aus derselben Handlung folgt. Das Urtheil, wodurch man erklärt, die freye Ursache sey entweder die handlende Person von der Handlung selbst, oder desjenigen, was aus derselben erfolgt, es sey gut, oder böse, wird die Zu- rechnung genannt. Daher können kei- ne andere Handlungen zugerechner werden, als die freyen, in so weit, als sie frey sind; folglich auch diejenigen, welche, wenn man sie an und vor sich selbst betrachtet, zwar natürliche Handlungen sind, aber dennoch von einer vorhergehenden freyen Hand- lung abhängen.
§. 4.
Wer so handelt, daß er von einem andernEine ge- zwunge- ne Hand- lung. durch eine äußere Gewalt angetrieben wird, und bey der Handlung sich wie ein Werck- zeug (instrumentum) verhält, der handelt gezwungen. Aber gezwungen leidet derjenige, welcher die Kräfte nicht hat, der Handlung eines andern zu wieberstehen. Jn diesem Falle ist der Mangel des Wie-
derste-
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und ihrer Zurechnung.
von welcher man redet, unter der That die Unterlaßung zugleich mit.
§. 3.
Wenn ein Menſch etwas frey ausuͤbt,Die Zu- rechnung. oder unterlaͤßt; ſo nennt man ihn eine freye Urſache der Handlung, eben wie er auch die freye Urſache von allem demje- nigen genannt wird, was aus derſelben Handlung folgt. Das Urtheil, wodurch man erklaͤrt, die freye Urſache ſey entweder die handlende Perſon von der Handlung ſelbſt, oder desjenigen, was aus derſelben erfolgt, es ſey gut, oder boͤſe, wird die Zu- rechnung genannt. Daher koͤnnen kei- ne andere Handlungen zugerechner werden, als die freyen, in ſo weit, als ſie frey ſind; folglich auch diejenigen, welche, wenn man ſie an und vor ſich ſelbſt betrachtet, zwar natuͤrliche Handlungen ſind, aber dennoch von einer vorhergehenden freyen Hand- lung abhaͤngen.
§. 4.
Wer ſo handelt, daß er von einem andernEine ge- zwunge- ne Hand- lung. durch eine aͤußere Gewalt angetrieben wird, und bey der Handlung ſich wie ein Werck- zeug (inſtrumentum) verhaͤlt, der handelt gezwungen. Aber gezwungen leidet derjenige, welcher die Kraͤfte nicht hat, der Handlung eines andern zu wieberſtehen. Jn dieſem Falle iſt der Mangel des Wie-
derſte-
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und ihrer Zurechnung.
von welcher man redet, unter der
That die Unterlaßung zugleich mit.
§. 3.
Wenn ein Menſch etwas frey ausuͤbt,
oder unterlaͤßt; ſo nennt man ihn eine
freye Urſache der Handlung, eben wie
er auch die freye Urſache von allem demje-
nigen genannt wird, was aus derſelben
Handlung folgt. Das Urtheil, wodurch
man erklaͤrt, die freye Urſache ſey entweder
die handlende Perſon von der Handlung
ſelbſt, oder desjenigen, was aus derſelben
erfolgt, es ſey gut, oder boͤſe, wird die Zu-
rechnung genannt. Daher koͤnnen kei-
ne andere Handlungen zugerechner
werden, als die freyen, in ſo weit, als
ſie frey ſind; folglich auch diejenigen,
welche, wenn man ſie an und vor ſich
ſelbſt betrachtet, zwar natuͤrliche
Handlungen ſind, aber dennoch von
einer vorhergehenden freyen Hand-
lung abhaͤngen.
Die Zu-
rechnung.
§. 4.
Wer ſo handelt, daß er von einem andern
durch eine aͤußere Gewalt angetrieben wird,
und bey der Handlung ſich wie ein Werck-
zeug (inſtrumentum) verhaͤlt, der handelt
gezwungen. Aber gezwungen leidet
derjenige, welcher die Kraͤfte nicht hat, der
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/39>, abgerufen am 03.12.2024.
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