vor wahr annehmen muß, was hinlänglich angezeigt worden (§. 318.); und nach dem Recht der Natur nicht erlaubt ist, daß die Contrahenten etwas thun, das den Pflich- ten widerspricht (§. 42. 57.); so muß man aus den Umständen urtheilen, was die Meinung der Contrahirenden gewe- sen sey, oder warum sie die Bestimmung des Preißes auf das Gutdüncken des Käufers oder Verkäufers haben wollen ankommen lassen; und dergleichen Kauf wird im Gewissen nach den Pflichten einge- richtet.
§. 604.
Von dem Jrrthum der in der Sache selbst, oder ih- rer Ma- terie, oder Be- schaffen- heit be- gangen wird.
Weil der Vertrag eines Jrrenden nichtig ist, wenn ein Jrrthum die Ursach zu demsel- ben gewesen ist (§. 405. 438.); so ist der Kauf und Verkauf nichtig, wenn ei- ne andere Sache für eine andere ge- kauft, oder verkaufr wird; es mag seyn, daß dieselbe eine andere ist, in Anse- hung ihrer selbst, oder so weit sie eine ein- tzele Sache von einer gewissen Art ist; oder in Ansehung der Materie, daß sie ent- weder gantz, oder zum Theil aus einer an- dern Materie besteht, als man vermeinte. Es erhellet auch daher, daß in diesem Ver- fahren entweder ein vorsätzlicher oder zufälliger Betrug vorgehet, deren kei- ner verstattet werden kann (§. 286.). Eben dieses verstehet sich auf eben diese Weise, wenn der Käufer entweder ausdrück-
lich
II. Th. 12. H. Von beſchwerlichen
vor wahr annehmen muß, was hinlaͤnglich angezeigt worden (§. 318.); und nach dem Recht der Natur nicht erlaubt iſt, daß die Contrahenten etwas thun, das den Pflich- ten widerſpricht (§. 42. 57.); ſo muß man aus den Umſtaͤnden urtheilen, was die Meinung der Contrahirenden gewe- ſen ſey, oder warum ſie die Beſtimmung des Preißes auf das Gutduͤncken des Kaͤufers oder Verkaͤufers haben wollen ankommen laſſen; und dergleichen Kauf wird im Gewiſſen nach den Pflichten einge- richtet.
§. 604.
Von dem Jrrthum der in der Sache ſelbſt, oder ih- rer Ma- terie, oder Be- ſchaffen- heit be- gangen wird.
Weil der Vertrag eines Jrrenden nichtig iſt, wenn ein Jrrthum die Urſach zu demſel- ben geweſen iſt (§. 405. 438.); ſo iſt der Kauf und Verkauf nichtig, wenn ei- ne andere Sache fuͤr eine andere ge- kauft, oder verkaufr wird; es mag ſeyn, daß dieſelbe eine andere iſt, in Anſe- hung ihrer ſelbſt, oder ſo weit ſie eine ein- tzele Sache von einer gewiſſen Art iſt; oder in Anſehung der Materie, daß ſie ent- weder gantz, oder zum Theil aus einer an- dern Materie beſteht, als man vermeinte. Es erhellet auch daher, daß in dieſem Ver- fahren entweder ein vorſaͤtzlicher oder zufaͤlliger Betrug vorgehet, deren kei- ner verſtattet werden kann (§. 286.). Eben dieſes verſtehet ſich auf eben dieſe Weiſe, wenn der Kaͤufer entweder ausdruͤck-
lich
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II. Th. 12. H. Von beſchwerlichen
vor wahr annehmen muß, was hinlaͤnglich
angezeigt worden (§. 318.); und nach dem
Recht der Natur nicht erlaubt iſt, daß die
Contrahenten etwas thun, das den Pflich-
ten widerſpricht (§. 42. 57.); ſo muß man
aus den Umſtaͤnden urtheilen, was die
Meinung der Contrahirenden gewe-
ſen ſey, oder warum ſie die Beſtimmung des
Preißes auf das Gutduͤncken des Kaͤufers
oder Verkaͤufers haben wollen ankommen
laſſen; und dergleichen Kauf wird im
Gewiſſen nach den Pflichten einge-
richtet.
§. 604.
Weil der Vertrag eines Jrrenden nichtig
iſt, wenn ein Jrrthum die Urſach zu demſel-
ben geweſen iſt (§. 405. 438.); ſo iſt der
Kauf und Verkauf nichtig, wenn ei-
ne andere Sache fuͤr eine andere ge-
kauft, oder verkaufr wird; es mag ſeyn,
daß dieſelbe eine andere iſt, in Anſe-
hung ihrer ſelbſt, oder ſo weit ſie eine ein-
tzele Sache von einer gewiſſen Art iſt; oder
in Anſehung der Materie, daß ſie ent-
weder gantz, oder zum Theil aus einer an-
dern Materie beſteht, als man vermeinte.
Es erhellet auch daher, daß in dieſem Ver-
fahren entweder ein vorſaͤtzlicher oder
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/424>, abgerufen am 22.11.2024.
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