Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Theil 14. Hauptstück.
hätte, würde haben geben müssen, z. E. wenn
man ein Haus vermiethen soll, und es selbst
mit dem Vorsatze bewohnet, eben die Miethe,
die ein anderer geben würde, zu bezahlen.

§. 692.
Von der
zufälli-
gen Ge-
mein-
schaft.

Eine zufällige Gemeinschaft (com-
munio incidens)
nennt man, in welche
man durch eine gewisse Begebenheit kommt,
das ist, ohne einige vorhergehende Verabre-
dung, daß die Sache gemeinschaftlich seyn soll.
Z. E. wenn ein Haus oder ein Gut uns und
einem andern zusammen geschenckt wird. Da
diejenigen, welche in eine Gemeinschaft
zufälliger Weise kommen,
das Eigen-
thum in einer ungetheilten Sache zum Theil
erhalten (§. 196.); und daher von ihnen nicht
anders vermuthet werden kann, als daß sie
darein willigen, daß Schaden und Gewinn
gemeinschaftlich seyn soll, ehe sie entweder
in die Theilung, oder gemeinschaftliche Ver-
waltung ausdrücklich einwilligen; so con-
trahiren sie eine Qvasigesellschaft
(§.
639.); daher werden die persönlichen Verbind-
lichkeiten, welche aus dem Contract der Gesell-
schaft entspringen, auch in einer zufälligen Ge-
meinschaft nicht bloß angesehen, als der Bil-
ligkeit gemäß, sondern als vollkommene Ver-
bindlichkeiten.

§. 693.
Von der
Bezah-
lung des-
sen, was

Das Nichtschuldige (indebitum) nennt
man, zu dessen Leistung wir dem andern nicht
verbunden sind; deswegen ist die Bezahlung

des

II. Theil 14. Hauptſtuͤck.
haͤtte, wuͤrde haben geben muͤſſen, z. E. wenn
man ein Haus vermiethen ſoll, und es ſelbſt
mit dem Vorſatze bewohnet, eben die Miethe,
die ein anderer geben wuͤrde, zu bezahlen.

§. 692.
Von der
zufaͤlli-
gen Ge-
mein-
ſchaft.

Eine zufaͤllige Gemeinſchaft (com-
munio incidens)
nennt man, in welche
man durch eine gewiſſe Begebenheit kommt,
das iſt, ohne einige vorhergehende Verabre-
dung, daß die Sache gemeinſchaftlich ſeyn ſoll.
Z. E. wenn ein Haus oder ein Gut uns und
einem andern zuſammen geſchenckt wird. Da
diejenigen, welche in eine Gemeinſchaft
zufaͤlliger Weiſe kommen,
das Eigen-
thum in einer ungetheilten Sache zum Theil
erhalten (§. 196.); und daher von ihnen nicht
anders vermuthet werden kann, als daß ſie
darein willigen, daß Schaden und Gewinn
gemeinſchaftlich ſeyn ſoll, ehe ſie entweder
in die Theilung, oder gemeinſchaftliche Ver-
waltung ausdruͤcklich einwilligen; ſo con-
trahiren ſie eine Qvaſigeſellſchaft
(§.
639.); daher werden die perſoͤnlichen Verbind-
lichkeiten, welche aus dem Contract der Geſell-
ſchaft entſpringen, auch in einer zufaͤlligen Ge-
meinſchaft nicht bloß angeſehen, als der Bil-
ligkeit gemaͤß, ſondern als vollkommene Ver-
bindlichkeiten.

§. 693.
Von der
Bezah-
lung deſ-
ſen, was

Das Nichtſchuldige (indebitum) nennt
man, zu deſſen Leiſtung wir dem andern nicht
verbunden ſind; deswegen iſt die Bezahlung

des
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0512" n="476"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#b">Theil 14. Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/>
ha&#x0364;tte, wu&#x0364;rde haben geben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, z. E. wenn<lb/>
man ein Haus vermiethen &#x017F;oll, und es &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
mit dem Vor&#x017F;atze bewohnet, eben die Miethe,<lb/>
die ein anderer geben wu&#x0364;rde, zu bezahlen.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 692.</head><lb/>
              <note place="left">Von der<lb/>
zufa&#x0364;lli-<lb/>
gen Ge-<lb/>
mein-<lb/>
&#x017F;chaft.</note>
              <p>Eine <hi rendition="#fr">zufa&#x0364;llige Gemein&#x017F;chaft</hi> <hi rendition="#aq">(com-<lb/>
munio incidens)</hi> nennt man, in welche<lb/>
man durch eine gewi&#x017F;&#x017F;e Begebenheit kommt,<lb/>
das i&#x017F;t, ohne einige vorhergehende Verabre-<lb/>
dung, daß die Sache gemein&#x017F;chaftlich &#x017F;eyn &#x017F;oll.<lb/>
Z. E. wenn ein Haus oder ein Gut uns und<lb/>
einem andern zu&#x017F;ammen ge&#x017F;chenckt wird. Da<lb/><hi rendition="#fr">diejenigen, welche in eine Gemein&#x017F;chaft<lb/>
zufa&#x0364;lliger Wei&#x017F;e kommen,</hi> das Eigen-<lb/>
thum in einer ungetheilten Sache zum Theil<lb/>
erhalten (§. 196.); und daher von ihnen nicht<lb/>
anders vermuthet werden kann, als daß &#x017F;ie<lb/>
darein willigen, daß Schaden und Gewinn<lb/>
gemein&#x017F;chaftlich &#x017F;eyn &#x017F;oll, ehe &#x017F;ie entweder<lb/>
in die Theilung, oder gemein&#x017F;chaftliche Ver-<lb/>
waltung ausdru&#x0364;cklich einwilligen; <hi rendition="#fr">&#x017F;o con-<lb/>
trahiren &#x017F;ie eine Qva&#x017F;ige&#x017F;ell&#x017F;chaft</hi> (§.<lb/>
639.); daher werden die per&#x017F;o&#x0364;nlichen Verbind-<lb/>
lichkeiten, welche aus dem Contract der Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chaft ent&#x017F;pringen, auch in einer zufa&#x0364;lligen Ge-<lb/>
mein&#x017F;chaft nicht bloß ange&#x017F;ehen, als der Bil-<lb/>
ligkeit gema&#x0364;ß, &#x017F;ondern als vollkommene Ver-<lb/>
bindlichkeiten.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 693.</head><lb/>
              <note place="left">Von der<lb/>
Bezah-<lb/>
lung de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en, was</note>
              <p>Das <hi rendition="#fr">Nicht&#x017F;chuldige</hi> <hi rendition="#aq">(indebitum)</hi> nennt<lb/>
man, zu de&#x017F;&#x017F;en Lei&#x017F;tung wir dem andern nicht<lb/>
verbunden &#x017F;ind; deswegen i&#x017F;t die <hi rendition="#fr">Bezahlung</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">des</hi></fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[476/0512] II. Theil 14. Hauptſtuͤck. haͤtte, wuͤrde haben geben muͤſſen, z. E. wenn man ein Haus vermiethen ſoll, und es ſelbſt mit dem Vorſatze bewohnet, eben die Miethe, die ein anderer geben wuͤrde, zu bezahlen. §. 692. Eine zufaͤllige Gemeinſchaft (com- munio incidens) nennt man, in welche man durch eine gewiſſe Begebenheit kommt, das iſt, ohne einige vorhergehende Verabre- dung, daß die Sache gemeinſchaftlich ſeyn ſoll. Z. E. wenn ein Haus oder ein Gut uns und einem andern zuſammen geſchenckt wird. Da diejenigen, welche in eine Gemeinſchaft zufaͤlliger Weiſe kommen, das Eigen- thum in einer ungetheilten Sache zum Theil erhalten (§. 196.); und daher von ihnen nicht anders vermuthet werden kann, als daß ſie darein willigen, daß Schaden und Gewinn gemeinſchaftlich ſeyn ſoll, ehe ſie entweder in die Theilung, oder gemeinſchaftliche Ver- waltung ausdruͤcklich einwilligen; ſo con- trahiren ſie eine Qvaſigeſellſchaft (§. 639.); daher werden die perſoͤnlichen Verbind- lichkeiten, welche aus dem Contract der Geſell- ſchaft entſpringen, auch in einer zufaͤlligen Ge- meinſchaft nicht bloß angeſehen, als der Bil- ligkeit gemaͤß, ſondern als vollkommene Ver- bindlichkeiten. §. 693. Das Nichtſchuldige (indebitum) nennt man, zu deſſen Leiſtung wir dem andern nicht verbunden ſind; deswegen iſt die Bezahlung des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/512
Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 476. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/512>, abgerufen am 22.11.2024.