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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754.

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und ihrer Zurechnung.
vermuthete Einwilligung, oder das
vermuthete Wollen und nicht Wol-
len falsch seyn (trügen);
und folglich
kann sie nicht wahr genannt werden;
aber sie wird, wie alles wahrschein-
liche, so lange vor wahr gehalten,
bis man das Gegentheil beweiset.

Wenn also das Gegentheil bewiesen wird,
so daß gewiß ist, dasjenige sey falsch, was
man für wahr hielt; so überwindet die
Wahrheit die Vermuthung,
so daß
diese denn aufhöret.

§. 31.

Die stillschweigende Genehmhal-Die Ei-
genschaff-
ten der
Genehm-
haltung.

tung erfordert die Kentnis der Hand-
lung, die genehmgehalten wird;
weil
derjenige, welcher eine Handlung des an-
dern genehmhält, seine Einwilligung nach-
her anzeigt (§. 29.): und weil die still-
schweigende Einwilligung aus dem, was
man gethan, oder unterlassen, geschlossen
wird; so erfordert die stillschweigende
Genehmhaltung, daß die genehmhal-
tende Person etwas thut, oder unter-
läßt, welches sie nicht hätte thun, oder
unterlassen können, wenn man dasje-
nige nicht voraus setzet, was genehm-
gehalten werden soll.

§. 32.

Die Unwissenheit (ignorantiam) nenntDie Un-
wissen-
heit.

man den Mangel eines Begriffes von
einer Sache an sich, oder von einem Ur-

theile,
B 3

und ihrer Zurechnung.
vermuthete Einwilligung, oder das
vermuthete Wollen und nicht Wol-
len falſch ſeyn (truͤgen);
und folglich
kann ſie nicht wahr genannt werden;
aber ſie wird, wie alles wahrſchein-
liche, ſo lange vor wahr gehalten,
bis man das Gegentheil beweiſet.

Wenn alſo das Gegentheil bewieſen wird,
ſo daß gewiß iſt, dasjenige ſey falſch, was
man fuͤr wahr hielt; ſo uͤberwindet die
Wahrheit die Vermuthung,
ſo daß
dieſe denn aufhoͤret.

§. 31.

Die ſtillſchweigende Genehmhal-Die Ei-
genſchaff-
ten der
Genehm-
haltung.

tung erfordert die Kentnis der Hand-
lung, die genehmgehalten wird;
weil
derjenige, welcher eine Handlung des an-
dern genehmhaͤlt, ſeine Einwilligung nach-
her anzeigt (§. 29.): und weil die ſtill-
ſchweigende Einwilligung aus dem, was
man gethan, oder unterlaſſen, geſchloſſen
wird; ſo erfordert die ſtillſchweigende
Genehmhaltung, daß die genehmhal-
tende Perſon etwas thut, oder unter-
laͤßt, welches ſie nicht haͤtte thun, oder
unterlaſſen koͤnnen, wenn man dasje-
nige nicht voraus ſetzet, was genehm-
gehalten werden ſoll.

§. 32.

Die Unwiſſenheit (ignorantiam) nenntDie Un-
wiſſen-
heit.

man den Mangel eines Begriffes von
einer Sache an ſich, oder von einem Ur-

theile,
B 3
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[21/0057] und ihrer Zurechnung. vermuthete Einwilligung, oder das vermuthete Wollen und nicht Wol- len falſch ſeyn (truͤgen); und folglich kann ſie nicht wahr genannt werden; aber ſie wird, wie alles wahrſchein- liche, ſo lange vor wahr gehalten, bis man das Gegentheil beweiſet. Wenn alſo das Gegentheil bewieſen wird, ſo daß gewiß iſt, dasjenige ſey falſch, was man fuͤr wahr hielt; ſo uͤberwindet die Wahrheit die Vermuthung, ſo daß dieſe denn aufhoͤret. §. 31. Die ſtillſchweigende Genehmhal- tung erfordert die Kentnis der Hand- lung, die genehmgehalten wird; weil derjenige, welcher eine Handlung des an- dern genehmhaͤlt, ſeine Einwilligung nach- her anzeigt (§. 29.): und weil die ſtill- ſchweigende Einwilligung aus dem, was man gethan, oder unterlaſſen, geſchloſſen wird; ſo erfordert die ſtillſchweigende Genehmhaltung, daß die genehmhal- tende Perſon etwas thut, oder unter- laͤßt, welches ſie nicht haͤtte thun, oder unterlaſſen koͤnnen, wenn man dasje- nige nicht voraus ſetzet, was genehm- gehalten werden ſoll. Die Ei- genſchaff- ten der Genehm- haltung. §. 32. Die Unwiſſenheit (ignorantiam) nennt man den Mangel eines Begriffes von einer Sache an ſich, oder von einem Ur- theile, Die Un- wiſſen- heit. B 3

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Zitationshilfe: Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/57>, abgerufen am 21.11.2024.