ben, daß er die Worte des Verspre- chens so auslegt, wie er sie verstanden haben will.
§. 797.
Eine richtige Auslegung(recta inter-Von der richtigen Ausle- gung. pretatio) ist, welche nach den bewiesenen Auslegungsregeln geschieht; die demnach der Versprecher und der das Versprechen ange- nommen gelten zu lassen schuldig sind. Dero- wegen gilt wider den Versprecher, was nach einer richtigen Auslegung wahr ist; folglich hat der, welcher das Ver- sprechen angenommen, das Recht ihn dazu anzuhalten (§. 378.).
§. 798.
Weil die, welche den Vertrag ma-Wie lan- ge man bey der eigentli- chen Be- deutung bleiben muß. chen, also zu reden verbunden sind, daß sie einander verstehen können (§. 437. 438.); so müssen sie die Wörter in der Bedeu- tung, welche der Redensgebrauch mit sich bringt, das ist, in der eigentli- chen, und die Kunstwörter in der an- genommenen Bedeutung nehmen; folglich müssen sie nicht mit Wissen und Willen von der eigentlichen Bedeu- tung, und von der angenommenen Bedeutung der Kunstwörter abge- hen. Daher vermuthet man auch nicht daß sie von denselben abgegangen sind, so lange als nicht Gründe vor das Ge- gentheil vorhanden sind. Und daher folgt ferner, daß man bey der Auslegung
der
Von der Auslegung.
ben, daß er die Worte des Verſpre- chens ſo auslegt, wie er ſie verſtanden haben will.
§. 797.
Eine richtige Auslegung(recta inter-Von der richtigen Ausle- gung. pretatio) iſt, welche nach den bewieſenen Auslegungsregeln geſchieht; die demnach der Verſprecher und der das Verſprechen ange- nommen gelten zu laſſen ſchuldig ſind. Dero- wegen gilt wider den Verſprecher, was nach einer richtigen Auslegung wahr iſt; folglich hat der, welcher das Ver- ſprechen angenommen, das Recht ihn dazu anzuhalten (§. 378.).
§. 798.
Weil die, welche den Vertrag ma-Wie lan- ge man bey der eigentli- chen Be- deutung bleiben muß. chen, alſo zu reden verbunden ſind, daß ſie einander verſtehen koͤnnen (§. 437. 438.); ſo muͤſſen ſie die Woͤrter in der Bedeu- tung, welche der Redensgebrauch mit ſich bringt, das iſt, in der eigentli- chen, und die Kunſtwoͤrter in der an- genommenen Bedeutung nehmen; folglich muͤſſen ſie nicht mit Wiſſen und Willen von der eigentlichen Bedeu- tung, und von der angenommenen Bedeutung der Kunſtwoͤrter abge- hen. Daher vermuthet man auch nicht daß ſie von denſelben abgegangen ſind, ſo lange als nicht Gruͤnde vor das Ge- gentheil vorhanden ſind. Und daher folgt ferner, daß man bey der Auslegung
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Von der Auslegung.
ben, daß er die Worte des Verſpre-
chens ſo auslegt, wie er ſie verſtanden
haben will.
§. 797.
Eine richtige Auslegung (recta inter-
pretatio) iſt, welche nach den bewieſenen
Auslegungsregeln geſchieht; die demnach der
Verſprecher und der das Verſprechen ange-
nommen gelten zu laſſen ſchuldig ſind. Dero-
wegen gilt wider den Verſprecher, was
nach einer richtigen Auslegung wahr
iſt; folglich hat der, welcher das Ver-
ſprechen angenommen, das Recht ihn
dazu anzuhalten (§. 378.).
Von der
richtigen
Ausle-
gung.
§. 798.
Weil die, welche den Vertrag ma-
chen, alſo zu reden verbunden ſind, daß ſie
einander verſtehen koͤnnen (§. 437. 438.); ſo
muͤſſen ſie die Woͤrter in der Bedeu-
tung, welche der Redensgebrauch mit
ſich bringt, das iſt, in der eigentli-
chen, und die Kunſtwoͤrter in der an-
genommenen Bedeutung nehmen;
folglich muͤſſen ſie nicht mit Wiſſen und
Willen von der eigentlichen Bedeu-
tung, und von der angenommenen
Bedeutung der Kunſtwoͤrter abge-
hen. Daher vermuthet man auch nicht
daß ſie von denſelben abgegangen ſind,
ſo lange als nicht Gruͤnde vor das Ge-
gentheil vorhanden ſind. Und daher
folgt ferner, daß man bey der Auslegung
der
Wie lan-
ge man
bey der
eigentli-
chen Be-
deutung
bleiben
muß.
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 589. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/625>, abgerufen am 22.11.2024.
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