der Herr- schaft in Land und Leute.welche einen gewissen Theil des Gebietes be- wohnen, nennet man subjectivische Thei- le einer Herrschaft(partes subjectivas im- perii). Ein Gebiet aber (territorium) heisset ein Ort, worüber jemand die bürger- liche Herrschaft zukommt: Und so ist denn das Gebiete eines Staates der Landes- strich, welchen ein Volck bewohnet, und wor- in es ursprünglich seine Herrschaft hat. Wenn nun die Vertheidigung seiner selbst wider die äusserliche Gewalt zum Endzweck des Staats gehöret (§. 972.); so läßet sich eigentlich zu reden eine Herrschaft nicht in sub- jectivische Theile zerstücken, und folglich ist zu vermuthen, daß ein Volck nur unter der Bedingung die Herrschaft an jemand verliehen habe, daß sie nicht subjectivisch vertheilet werden solle.
§. 1011.
Von der Beschaf- fenheit der Erb- folge.
Die Art der Erbfolge(modus succe- dendi haereditarius) bestehet darin, wenn man auf eben die Art in einem Reiche folget, wie man in einer Erbschaft ohne Testament zu fol- gen pflegt, nemlich in derjenigen, welche bey dem Volcke zu der Zeit, als es die Herrschaft dem ersten Könige auftrug, angenommen war (§. 810.). Weil nun nur ein eintziger in einem Reiche folgen kann (§. 1010.); so fol- get, wenn bey Ableben eines Königes mehrere Erben da seyn solten, und man hätte keinen innern Grund der Wahl, daß der ältere dem jüngern vorgezogen
werden
III. Theil 2. Abth. 2. Hauptſtuͤck.
der Herr- ſchaft in Land und Leute.welche einen gewiſſen Theil des Gebietes be- wohnen, nennet man ſubjectiviſche Thei- le einer Herrſchaft(partes ſubjectivas im- perii). Ein Gebiet aber (territorium) heiſſet ein Ort, woruͤber jemand die buͤrger- liche Herrſchaft zukommt: Und ſo iſt denn das Gebiete eines Staates der Landes- ſtrich, welchen ein Volck bewohnet, und wor- in es urſpruͤnglich ſeine Herrſchaft hat. Wenn nun die Vertheidigung ſeiner ſelbſt wider die aͤuſſerliche Gewalt zum Endzweck des Staats gehoͤret (§. 972.); ſo laͤßet ſich eigentlich zu reden eine Herrſchaft nicht in ſub- jectiviſche Theile zerſtuͤcken, und folglich iſt zu vermuthen, daß ein Volck nur unter der Bedingung die Herrſchaft an jemand verliehen habe, daß ſie nicht ſubjectiviſch vertheilet werden ſolle.
§. 1011.
Von der Beſchaf- fenheit der Erb- folge.
Die Art der Erbfolge(modus ſucce- dendi hæreditarius) beſtehet darin, wenn man auf eben die Art in einem Reiche folget, wie man in einer Erbſchaft ohne Teſtament zu fol- gen pflegt, nemlich in derjenigen, welche bey dem Volcke zu der Zeit, als es die Herrſchaft dem erſten Koͤnige auftrug, angenommen war (§. 810.). Weil nun nur ein eintziger in einem Reiche folgen kann (§. 1010.); ſo fol- get, wenn bey Ableben eines Koͤniges mehrere Erben da ſeyn ſolten, und man haͤtte keinen innern Grund der Wahl, daß der aͤltere dem juͤngern vorgezogen
werden
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0760"n="724"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">III.</hi> Theil 2. Abth. 2. Hauptſtuͤck.</hi></fw><lb/><noteplace="left">der Herr-<lb/>ſchaft in<lb/>
Land und<lb/>
Leute.</note>welche einen gewiſſen Theil des Gebietes be-<lb/>
wohnen, nennet man <hirendition="#fr">ſubjectiviſche Thei-<lb/>
le einer Herrſchaft</hi><hirendition="#aq">(partes ſubjectivas im-<lb/>
perii).</hi> Ein <hirendition="#fr">Gebiet</hi> aber <hirendition="#aq">(territorium)</hi><lb/>
heiſſet ein Ort, woruͤber jemand die buͤrger-<lb/>
liche Herrſchaft zukommt: Und ſo iſt denn<lb/>
das <hirendition="#fr">Gebiete eines Staates</hi> der Landes-<lb/>ſtrich, welchen ein Volck bewohnet, und wor-<lb/>
in es urſpruͤnglich ſeine Herrſchaft hat. Wenn<lb/>
nun die Vertheidigung ſeiner ſelbſt wider die<lb/>
aͤuſſerliche Gewalt zum Endzweck des Staats<lb/>
gehoͤret (§. 972.); <hirendition="#fr">ſo laͤßet ſich eigentlich<lb/>
zu reden eine Herrſchaft nicht in ſub-<lb/>
jectiviſche Theile zerſtuͤcken, und</hi> folglich<lb/><hirendition="#fr">iſt zu vermuthen, daß ein Volck nur<lb/>
unter der Bedingung die Herrſchaft<lb/>
an jemand verliehen habe, daß ſie nicht<lb/>ſubjectiviſch vertheilet werden ſolle.</hi></p></div><lb/><divn="5"><head>§. 1011.</head><lb/><noteplace="left">Von der<lb/>
Beſchaf-<lb/>
fenheit<lb/>
der Erb-<lb/>
folge.</note><p><hirendition="#fr">Die Art der Erbfolge</hi><hirendition="#aq">(modus ſucce-<lb/>
dendi hæreditarius)</hi> beſtehet darin, wenn man<lb/>
auf eben die Art in einem Reiche folget, wie<lb/>
man in einer Erbſchaft ohne Teſtament zu fol-<lb/>
gen pflegt, nemlich in derjenigen, welche bey<lb/>
dem Volcke zu der Zeit, als es die Herrſchaft<lb/>
dem erſten Koͤnige auftrug, angenommen war<lb/>
(§. 810.). Weil nun nur ein eintziger in<lb/>
einem Reiche folgen kann (§. 1010.); ſo fol-<lb/>
get, <hirendition="#fr">wenn bey Ableben eines Koͤniges<lb/>
mehrere Erben da ſeyn ſolten,</hi> und man<lb/>
haͤtte keinen innern Grund der Wahl, <hirendition="#fr">daß<lb/>
der aͤltere dem juͤngern vorgezogen</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">werden</hi></fw><lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[724/0760]
III. Theil 2. Abth. 2. Hauptſtuͤck.
welche einen gewiſſen Theil des Gebietes be-
wohnen, nennet man ſubjectiviſche Thei-
le einer Herrſchaft (partes ſubjectivas im-
perii). Ein Gebiet aber (territorium)
heiſſet ein Ort, woruͤber jemand die buͤrger-
liche Herrſchaft zukommt: Und ſo iſt denn
das Gebiete eines Staates der Landes-
ſtrich, welchen ein Volck bewohnet, und wor-
in es urſpruͤnglich ſeine Herrſchaft hat. Wenn
nun die Vertheidigung ſeiner ſelbſt wider die
aͤuſſerliche Gewalt zum Endzweck des Staats
gehoͤret (§. 972.); ſo laͤßet ſich eigentlich
zu reden eine Herrſchaft nicht in ſub-
jectiviſche Theile zerſtuͤcken, und folglich
iſt zu vermuthen, daß ein Volck nur
unter der Bedingung die Herrſchaft
an jemand verliehen habe, daß ſie nicht
ſubjectiviſch vertheilet werden ſolle.
der Herr-
ſchaft in
Land und
Leute.
§. 1011.
Die Art der Erbfolge (modus ſucce-
dendi hæreditarius) beſtehet darin, wenn man
auf eben die Art in einem Reiche folget, wie
man in einer Erbſchaft ohne Teſtament zu fol-
gen pflegt, nemlich in derjenigen, welche bey
dem Volcke zu der Zeit, als es die Herrſchaft
dem erſten Koͤnige auftrug, angenommen war
(§. 810.). Weil nun nur ein eintziger in
einem Reiche folgen kann (§. 1010.); ſo fol-
get, wenn bey Ableben eines Koͤniges
mehrere Erben da ſeyn ſolten, und man
haͤtte keinen innern Grund der Wahl, daß
der aͤltere dem juͤngern vorgezogen
werden
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 724. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/760>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.