Beraubung dessen was iemandes ei- gen ist, und in einem verursachten Leibesschmertzen, folglich können einem alle körperliche Sachen, Geld, und al- le Arten der Rechte, und eben deswegen auch Privilegien, entweder auf ewig, oder auf eine gewisse Zeit zur Strafe genommen, der Verbrecher kann un- ehrlich gemacht, und an seinem Lei- be auf allerley Weise hart angegriffen werden: Ja weil die Ausübung des Straf- rechtes in der That eine Vertheidigung wider diejenigen ist, welche den Vorsatz zu beleidi- gen haben (§. 90. 93.); so kann man ei- nem das Leben selbst zur Strafe neh- men (§. 94.). Demnach sind die Todes- strafen vor sich selbst nicht unerlaubt, ja, wenn sich die Missethaten nicht anders abwenden lassen, sind sie er- laubt. Das Recht Lebensstrafen an den Uebelthätern zu vollstrecken heißt das Recht des Schwerdtes, oder das Recht über Leben und Tod, welches doch aber noch weiter gehet, in so fern es nämlich das Recht der Unterthanen Leben der Todesgefahr bloß zu stellen, wie im Kriege geschiehet, mit un- ter sich begreift.
§. 1049.
Weil die Wiedervergeltung eine Gleich-Ob man bey der Vollzie- hung der Strafen auf die heit der Rache ist, da einer so viel Uebel lei- det, als er gestiftet hat, und diese an ihr selbst, als unerlaubt, in der Ausübung des
Straf-
B b b 4
Von den Majeſtaͤtsrechten.
Beraubung deſſen was iemandes ei- gen iſt, und in einem verurſachten Leibesſchmertzen, folglich koͤnnen einem alle koͤrperliche Sachen, Geld, und al- le Arten der Rechte, und eben deswegen auch Privilegien, entweder auf ewig, oder auf eine gewiſſe Zeit zur Strafe genommen, der Verbrecher kann un- ehrlich gemacht, und an ſeinem Lei- be auf allerley Weiſe hart angegriffen werden: Ja weil die Ausuͤbung des Straf- rechtes in der That eine Vertheidigung wider diejenigen iſt, welche den Vorſatz zu beleidi- gen haben (§. 90. 93.); ſo kann man ei- nem das Leben ſelbſt zur Strafe neh- men (§. 94.). Demnach ſind die Todes- ſtrafen vor ſich ſelbſt nicht unerlaubt, ja, wenn ſich die Miſſethaten nicht anders abwenden laſſen, ſind ſie er- laubt. Das Recht Lebensſtrafen an den Uebelthaͤtern zu vollſtrecken heißt das Recht des Schwerdtes, oder das Recht uͤber Leben und Tod, welches doch aber noch weiter gehet, in ſo fern es naͤmlich das Recht der Unterthanen Leben der Todesgefahr bloß zu ſtellen, wie im Kriege geſchiehet, mit un- ter ſich begreift.
§. 1049.
Weil die Wiedervergeltung eine Gleich-Ob man bey der Vollzie- hung der Strafen auf die heit der Rache iſt, da einer ſo viel Uebel lei- det, als er geſtiftet hat, und dieſe an ihr ſelbſt, als unerlaubt, in der Ausuͤbung des
Straf-
B b b 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0795"n="759"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von den Majeſtaͤtsrechten.</hi></fw><lb/><hirendition="#fr">Beraubung deſſen was iemandes ei-<lb/>
gen iſt, und in einem verurſachten<lb/>
Leibesſchmertzen,</hi> folglich <hirendition="#fr">koͤnnen einem<lb/>
alle koͤrperliche Sachen, Geld, und al-<lb/>
le Arten der Rechte,</hi> und eben deswegen<lb/><hirendition="#fr">auch Privilegien, entweder auf ewig,<lb/>
oder auf eine gewiſſe Zeit zur Strafe<lb/>
genommen, der Verbrecher kann un-<lb/>
ehrlich gemacht, und an ſeinem Lei-<lb/>
be auf allerley Weiſe hart angegriffen<lb/>
werden:</hi> Ja weil die Ausuͤbung des Straf-<lb/>
rechtes in der That eine Vertheidigung wider<lb/>
diejenigen iſt, welche den Vorſatz zu beleidi-<lb/>
gen haben (§. 90. 93.); <hirendition="#fr">ſo kann man ei-<lb/>
nem das Leben ſelbſt zur Strafe neh-<lb/>
men</hi> (§. 94.). Demnach <hirendition="#fr">ſind die Todes-<lb/>ſtrafen vor ſich ſelbſt nicht unerlaubt,<lb/>
ja, wenn ſich die Miſſethaten nicht<lb/>
anders abwenden laſſen, ſind ſie er-<lb/>
laubt.</hi> Das Recht Lebensſtrafen an den<lb/>
Uebelthaͤtern zu vollſtrecken heißt <hirendition="#fr">das Recht<lb/>
des Schwerdtes,</hi> oder <hirendition="#fr">das Recht uͤber<lb/>
Leben und Tod,</hi> welches doch aber noch<lb/>
weiter gehet, in ſo fern es naͤmlich das Recht<lb/>
der Unterthanen Leben der Todesgefahr bloß<lb/>
zu ſtellen, wie im Kriege geſchiehet, mit un-<lb/>
ter ſich begreift.</p></div><lb/><divn="5"><head>§. 1049.</head><lb/><p>Weil die <hirendition="#fr">Wiedervergeltung</hi> eine Gleich-<noteplace="right">Ob man<lb/>
bey der<lb/>
Vollzie-<lb/>
hung der<lb/>
Strafen<lb/>
auf die</note><lb/>
heit der Rache iſt, da einer ſo viel Uebel lei-<lb/>
det, als er geſtiftet hat, und dieſe an ihr<lb/>ſelbſt, als unerlaubt, in der Ausuͤbung des<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B b b 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">Straf-</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[759/0795]
Von den Majeſtaͤtsrechten.
Beraubung deſſen was iemandes ei-
gen iſt, und in einem verurſachten
Leibesſchmertzen, folglich koͤnnen einem
alle koͤrperliche Sachen, Geld, und al-
le Arten der Rechte, und eben deswegen
auch Privilegien, entweder auf ewig,
oder auf eine gewiſſe Zeit zur Strafe
genommen, der Verbrecher kann un-
ehrlich gemacht, und an ſeinem Lei-
be auf allerley Weiſe hart angegriffen
werden: Ja weil die Ausuͤbung des Straf-
rechtes in der That eine Vertheidigung wider
diejenigen iſt, welche den Vorſatz zu beleidi-
gen haben (§. 90. 93.); ſo kann man ei-
nem das Leben ſelbſt zur Strafe neh-
men (§. 94.). Demnach ſind die Todes-
ſtrafen vor ſich ſelbſt nicht unerlaubt,
ja, wenn ſich die Miſſethaten nicht
anders abwenden laſſen, ſind ſie er-
laubt. Das Recht Lebensſtrafen an den
Uebelthaͤtern zu vollſtrecken heißt das Recht
des Schwerdtes, oder das Recht uͤber
Leben und Tod, welches doch aber noch
weiter gehet, in ſo fern es naͤmlich das Recht
der Unterthanen Leben der Todesgefahr bloß
zu ſtellen, wie im Kriege geſchiehet, mit un-
ter ſich begreift.
§. 1049.
Weil die Wiedervergeltung eine Gleich-
heit der Rache iſt, da einer ſo viel Uebel lei-
det, als er geſtiftet hat, und dieſe an ihr
ſelbſt, als unerlaubt, in der Ausuͤbung des
Straf-
Ob man
bey der
Vollzie-
hung der
Strafen
auf die
B b b 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 759. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/795>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.