nach ihrem Ableben bekommen haben würden. Und daher werden die Eltern durch das Einziehen der Güther in den Kindern gestraft (§. 93.). Dieses läßet sich auf gleiche Weise verstehen, wenn den Kin- dern wegen der Missethat der Eltern etwas genommen wird, was sie haben, oder erwarten können, worauf nicht ihnen selbst, sondern dem Volck, oder dem Könige ein eigenthümliches Recht zustehet, oder welches nicht zu ihrem, sondern zu des Volckes, oder Königs Eigenthum gehöret. Dergleichen ist der Adel, das Erbrecht auf gewisse bürgerliche Würden, eine bürgerliche Fähigkeit zu ge- wissen öffentlichen Aemtern, das Recht Rit- tergüther zu besitzen, und andere Privilegien, welche der Familie verliehen worden sind, in- dem alle diese Dinge die Beschaffenheit ha- ben, daß sie dem Rechte des Oberherrn be- ständig unterworfen bleiben, daß er darüber verfügen kann, wie es die Wohlfahrt der Republick erfordert (§. 976.).
§. 1054.
Dieweil das Wohl des gemeinen WesensVom Be- gnadi- gungs- recht. das allerhöchste Gesetz ist (§. 976.), die Be- schaffenheit aber und die Grösse der Strafen durch den Willen des Oberherrn bestimmet wird (§. 1048.); so kann der Oberherr, wenn er glaubt, daß es der Republick zum Vortheil gereiche, daß die Strafe erlassen, oder wenigstens gemindert
wer-
Von den Majeſtaͤtsrechten.
nach ihrem Ableben bekommen haben wuͤrden. Und daher werden die Eltern durch das Einziehen der Guͤther in den Kindern geſtraft (§. 93.). Dieſes laͤßet ſich auf gleiche Weiſe verſtehen, wenn den Kin- dern wegen der Miſſethat der Eltern etwas genommen wird, was ſie haben, oder erwarten koͤnnen, worauf nicht ihnen ſelbſt, ſondern dem Volck, oder dem Koͤnige ein eigenthuͤmliches Recht zuſtehet, oder welches nicht zu ihrem, ſondern zu des Volckes, oder Koͤnigs Eigenthum gehoͤret. Dergleichen iſt der Adel, das Erbrecht auf gewiſſe buͤrgerliche Wuͤrden, eine buͤrgerliche Faͤhigkeit zu ge- wiſſen oͤffentlichen Aemtern, das Recht Rit- terguͤther zu beſitzen, und andere Privilegien, welche der Familie verliehen worden ſind, in- dem alle dieſe Dinge die Beſchaffenheit ha- ben, daß ſie dem Rechte des Oberherrn be- ſtaͤndig unterworfen bleiben, daß er daruͤber verfuͤgen kann, wie es die Wohlfahrt der Republick erfordert (§. 976.).
§. 1054.
Dieweil das Wohl des gemeinen WeſensVom Be- gnadi- gungs- recht. das allerhoͤchſte Geſetz iſt (§. 976.), die Be- ſchaffenheit aber und die Groͤſſe der Strafen durch den Willen des Oberherrn beſtimmet wird (§. 1048.); ſo kann der Oberherr, wenn er glaubt, daß es der Republick zum Vortheil gereiche, daß die Strafe erlaſſen, oder wenigſtens gemindert
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Von den Majeſtaͤtsrechten.
nach ihrem Ableben bekommen haben wuͤrden.
Und daher werden die Eltern durch das
Einziehen der Guͤther in den Kindern
geſtraft (§. 93.). Dieſes laͤßet ſich auf
gleiche Weiſe verſtehen, wenn den Kin-
dern wegen der Miſſethat der Eltern
etwas genommen wird, was ſie haben,
oder erwarten koͤnnen, worauf nicht
ihnen ſelbſt, ſondern dem Volck, oder
dem Koͤnige ein eigenthuͤmliches Recht
zuſtehet, oder welches nicht zu ihrem,
ſondern zu des Volckes, oder Koͤnigs
Eigenthum gehoͤret. Dergleichen iſt der
Adel, das Erbrecht auf gewiſſe buͤrgerliche
Wuͤrden, eine buͤrgerliche Faͤhigkeit zu ge-
wiſſen oͤffentlichen Aemtern, das Recht Rit-
terguͤther zu beſitzen, und andere Privilegien,
welche der Familie verliehen worden ſind, in-
dem alle dieſe Dinge die Beſchaffenheit ha-
ben, daß ſie dem Rechte des Oberherrn be-
ſtaͤndig unterworfen bleiben, daß er daruͤber
verfuͤgen kann, wie es die Wohlfahrt der
Republick erfordert (§. 976.).
§. 1054.
Dieweil das Wohl des gemeinen Weſens
das allerhoͤchſte Geſetz iſt (§. 976.), die Be-
ſchaffenheit aber und die Groͤſſe der Strafen
durch den Willen des Oberherrn beſtimmet
wird (§. 1048.); ſo kann der Oberherr,
wenn er glaubt, daß es der Republick
zum Vortheil gereiche, daß die Strafe
erlaſſen, oder wenigſtens gemindert
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Vom Be-
gnadi-
gungs-
recht.
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 763. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/799>, abgerufen am 22.11.2024.
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