verwandte um der Thaten der Eltern, oder der Anverwandten willen nicht zu strafen sind (§. 837.); so können auch die Kinder und Anverwandten der Hochverraths- schuldigen nicht gestrafet werden. End- lich weil die Verbindlichkeit das Laster der beleidigten Majestät nicht zu begehen aus dem Vertrage herrühret, nach welchem der Staat aufgerichtet ist (§. 972.), wie auch aus dem Vertrag, vermöge dessen die Herrschaft auf den Regenten des Staats ist gebracht wor- den (§. 982.); so kann das Laster der be- leidigten Majestät und des Hochver- raths nur allein von den Unterthanen begangen werden, und wer sich dessen schuldig macht, ist ein Treuloser (§. 390.).
§. 1083.
Man nennet denjenigen einen AnfallerVon dem Recht wider ei- nen der das Reich anfället. des Reichs(invasorem imperii), welcher, da er gar kein Recht die Herrschaft zu sich zu reissen hat, sie mit Gewalt, oder durch List nimmt. Da nun ein Anfaller des Reichs ei- nem Räuber gleich (§. 263.), und mithin wider denselben eben so viel erlaubt ist, als hinreichet eine unrechtmäßige Gewalt ab- zutreiben (§. 268.); so stehet es frey ei- nem Anfaller des Reichs, wenn er in der That des Anfallens begriffen ist, sich mit Gewalt zu widersetzen, und, wenn er den Besitz durch blosse Gewalt erhält, und kein Vertrag etwa erfol-
get
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des Oberherrn und der Unterthanen.
verwandte um der Thaten der Eltern, oder der Anverwandten willen nicht zu ſtrafen ſind (§. 837.); ſo koͤnnen auch die Kinder und Anverwandten der Hochverraths- ſchuldigen nicht geſtrafet werden. End- lich weil die Verbindlichkeit das Laſter der beleidigten Majeſtaͤt nicht zu begehen aus dem Vertrage herruͤhret, nach welchem der Staat aufgerichtet iſt (§. 972.), wie auch aus dem Vertrag, vermoͤge deſſen die Herrſchaft auf den Regenten des Staats iſt gebracht wor- den (§. 982.); ſo kann das Laſter der be- leidigten Majeſtaͤt und des Hochver- raths nur allein von den Unterthanen begangen werden, und wer ſich deſſen ſchuldig macht, iſt ein Treuloſer (§. 390.).
§. 1083.
Man nennet denjenigen einen AnfallerVon dem Recht wider ei- nen der das Reich anfaͤllet. des Reichs(invaſorem imperii), welcher, da er gar kein Recht die Herrſchaft zu ſich zu reiſſen hat, ſie mit Gewalt, oder durch Liſt nimmt. Da nun ein Anfaller des Reichs ei- nem Raͤuber gleich (§. 263.), und mithin wider denſelben eben ſo viel erlaubt iſt, als hinreichet eine unrechtmaͤßige Gewalt ab- zutreiben (§. 268.); ſo ſtehet es frey ei- nem Anfaller des Reichs, wenn er in der That des Anfallens begriffen iſt, ſich mit Gewalt zu widerſetzen, und, wenn er den Beſitz durch bloſſe Gewalt erhaͤlt, und kein Vertrag etwa erfol-
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des Oberherrn und der Unterthanen.
verwandte um der Thaten der Eltern, oder
der Anverwandten willen nicht zu ſtrafen ſind
(§. 837.); ſo koͤnnen auch die Kinder
und Anverwandten der Hochverraths-
ſchuldigen nicht geſtrafet werden. End-
lich weil die Verbindlichkeit das Laſter der
beleidigten Majeſtaͤt nicht zu begehen aus dem
Vertrage herruͤhret, nach welchem der Staat
aufgerichtet iſt (§. 972.), wie auch aus dem
Vertrag, vermoͤge deſſen die Herrſchaft auf
den Regenten des Staats iſt gebracht wor-
den (§. 982.); ſo kann das Laſter der be-
leidigten Majeſtaͤt und des Hochver-
raths nur allein von den Unterthanen
begangen werden, und wer ſich deſſen
ſchuldig macht, iſt ein Treuloſer (§.
390.).
§. 1083.
Man nennet denjenigen einen Anfaller
des Reichs (invaſorem imperii), welcher,
da er gar kein Recht die Herrſchaft zu ſich zu
reiſſen hat, ſie mit Gewalt, oder durch Liſt
nimmt. Da nun ein Anfaller des Reichs ei-
nem Raͤuber gleich (§. 263.), und mithin
wider denſelben eben ſo viel erlaubt iſt, als
hinreichet eine unrechtmaͤßige Gewalt ab-
zutreiben (§. 268.); ſo ſtehet es frey ei-
nem Anfaller des Reichs, wenn er in
der That des Anfallens begriffen iſt,
ſich mit Gewalt zu widerſetzen, und,
wenn er den Beſitz durch bloſſe Gewalt
erhaͤlt, und kein Vertrag etwa erfol-
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Von dem
Recht
wider ei-
nen der
das Reich
anfaͤllet.
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Wolff, Christian von: Grundsätze des Natur- und Völckerrechts. Halle (Saale), 1754, S. 791. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolff_voelckerrecht_1754/827>, abgerufen am 22.11.2024.
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