(Es. 40, 28.) Der Herr der ewige Gott, der die Ende der Welten erschaffen hat, wird nie müde noch matt, seinen Rath in Ewig- keit hinaus zu führen.
Aber darum ist auch dieser große ewige Rath Gottes, für uns so unerforschlich: Wer sind doch wir sterbliche Geschöpfe vom Stau- be, gegen den Gott, der von Ewigkeit zu Ewig- keit lebt? Nach so unzähligen, schon verfloßnen Jahrtausenden der Zeit, betreten wir, auf seinen Wink, diese Erde, kaum unserer selbst be- wust; unfähig, sobald wir zur Reife unsers Ver- standes gelangen, bis zu diesen ersten Augenblik- ken zurückzudenken; unfähig, unser ganzes Leben lang, einen Sch[r]itt vor uns in die Zukunft zu sehn: die Menge unsrer Vorfahren überzählen wir nicht; wie groß unsre Nachkommenschaft seyn werde, wissen wir nicht; unser Leben rech- nen wir nach Stunden, und sie entfliehn uns unter den Händen, wie ein Traum; unsre Tage sind kaum eine Spanne lang, unsre Jahre ver- schwinden wie Schatten; und wenn endlich un- sre Zeit gekommen ist, treten wir, einer nach dem andern, von dem enge begränzten Schau- platze der Zeit ab, um in einer andern Welt un-
auf-
(Eſ. 40, 28.) Der Herr der ewige Gott, der die Ende der Welten erſchaffen hat, wird nie müde noch matt, ſeinen Rath in Ewig- keit hinaus zu führen.
Aber darum iſt auch dieſer große ewige Rath Gottes, für uns ſo unerforſchlich: Wer ſind doch wir ſterbliche Geſchöpfe vom Stau- be, gegen den Gott, der von Ewigkeit zu Ewig- keit lebt? Nach ſo unzähligen, ſchon verfloßnen Jahrtauſenden der Zeit, betreten wir, auf ſeinen Wink, dieſe Erde, kaum unſerer ſelbſt be- wuſt; unfähig, ſobald wir zur Reife unſers Ver- ſtandes gelangen, bis zu dieſen erſten Augenblik- ken zurückzudenken; unfähig, unſer ganzes Leben lang, einen Sch[r]itt vor uns in die Zukunft zu ſehn: die Menge unſrer Vorfahren überzählen wir nicht; wie groß unſre Nachkommenſchaft ſeyn werde, wiſſen wir nicht; unſer Leben rech- nen wir nach Stunden, und ſie entfliehn uns unter den Händen, wie ein Traum; unſre Tage ſind kaum eine Spanne lang, unſre Jahre ver- ſchwinden wie Schatten; und wenn endlich un- ſre Zeit gekommen iſt, treten wir, einer nach dem andern, von dem enge begränzten Schau- platze der Zeit ab, um in einer andern Welt un-
auf-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0127"n="75"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
(Eſ. 40, 28.) Der Herr der ewige Gott,<lb/>
der die Ende der Welten erſchaffen hat,<lb/>
wird nie müde noch matt, ſeinen Rath in Ewig-<lb/>
keit hinaus zu führen.</p><lb/><p>Aber darum iſt auch dieſer große ewige<lb/>
Rath Gottes, für uns ſo <hirendition="#fr">unerforſchlich:</hi> Wer<lb/>ſind doch wir ſterbliche Geſchöpfe vom Stau-<lb/>
be, gegen den Gott, der von Ewigkeit zu Ewig-<lb/>
keit lebt? Nach ſo unzähligen, ſchon verfloßnen<lb/>
Jahrtauſenden der Zeit, betreten wir, auf<lb/>ſeinen Wink, dieſe Erde, kaum unſerer ſelbſt be-<lb/>
wuſt; unfähig, ſobald wir zur Reife unſers Ver-<lb/>ſtandes gelangen, bis zu dieſen erſten Augenblik-<lb/>
ken zurückzudenken; unfähig, unſer ganzes Leben<lb/>
lang, einen Sch<supplied>r</supplied>itt vor uns in die Zukunft zu<lb/>ſehn: die Menge unſrer Vorfahren überzählen<lb/>
wir nicht; wie groß unſre Nachkommenſchaft<lb/>ſeyn werde, wiſſen wir nicht; unſer Leben rech-<lb/>
nen wir nach Stunden, und ſie entfliehn uns<lb/>
unter den Händen, wie ein Traum; unſre Tage<lb/>ſind kaum eine Spanne lang, unſre Jahre ver-<lb/>ſchwinden wie Schatten; und wenn endlich un-<lb/>ſre Zeit gekommen iſt, treten wir, einer nach<lb/>
dem andern, von dem enge begränzten Schau-<lb/>
platze der Zeit ab, um in einer andern Welt un-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">auf-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[75/0127]
(Eſ. 40, 28.) Der Herr der ewige Gott,
der die Ende der Welten erſchaffen hat,
wird nie müde noch matt, ſeinen Rath in Ewig-
keit hinaus zu führen.
Aber darum iſt auch dieſer große ewige
Rath Gottes, für uns ſo unerforſchlich: Wer
ſind doch wir ſterbliche Geſchöpfe vom Stau-
be, gegen den Gott, der von Ewigkeit zu Ewig-
keit lebt? Nach ſo unzähligen, ſchon verfloßnen
Jahrtauſenden der Zeit, betreten wir, auf
ſeinen Wink, dieſe Erde, kaum unſerer ſelbſt be-
wuſt; unfähig, ſobald wir zur Reife unſers Ver-
ſtandes gelangen, bis zu dieſen erſten Augenblik-
ken zurückzudenken; unfähig, unſer ganzes Leben
lang, einen Schritt vor uns in die Zukunft zu
ſehn: die Menge unſrer Vorfahren überzählen
wir nicht; wie groß unſre Nachkommenſchaft
ſeyn werde, wiſſen wir nicht; unſer Leben rech-
nen wir nach Stunden, und ſie entfliehn uns
unter den Händen, wie ein Traum; unſre Tage
ſind kaum eine Spanne lang, unſre Jahre ver-
ſchwinden wie Schatten; und wenn endlich un-
ſre Zeit gekommen iſt, treten wir, einer nach
dem andern, von dem enge begränzten Schau-
platze der Zeit ab, um in einer andern Welt un-
auf-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Wolfrath, Friedrich Wilhelm: Freuden der einsamen Andacht für denkende Christen. Hamburg/Kiel, 1784, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wolfrath_freuden_1784/127>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.