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Woyt, Johann Jacob: Gazophylacium Medico-Physicum, Oder Schatz-Kammer Medicinisch- und Natürlicher Dinge. 9. Aufl. Leipzig, 1737.

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voller Saamen. Obwol auch diese Gewächse in Teutschland in vorneh-
mer Herren Gärten erzogen werden, so können sie allda doch nicht zum
Safft gelangen, sondern müssen denselben aus Asien und Arabien bringen
lassen; derselbe wird entweder aus den dicken Blättern, oder aus der
Wurtzel gepresset, und, nachdem er sich gesetzet, und das Klare gelind ab-
gegossen worden, über einem gelinden Feuer zu einem dicken Safft ge-
kochet und abgerauchet, in dünne Häutlein gefasset, und also verschicket.
Nachdem nun dieser Safft mehr oder wenig gereiniget ist, wird er in drey
bis vier Sorten getheilet, unter welchen die gantz schlechte und unsaubere
die schwartze Aloe oder

Aloe Caballina, Roß-Aloe genennet wird, ist gantz trocken, un-
rein, sandigt, schwer und schwartz, hat weder Safft noch Krafft, ist nichts
nutz: die etwas besser und mehr gereinigte wird Leber-Aloe, oder Aloe
hepatic:
genennet, weil sie eine Farbe wie die Leber hat, und voller
Löchlein, wie geöffnete Adern ist, muß recht trocken und nicht übelriechend
seyn, ist insgemein in der Mitten in dem Ballen schwartz, aber um die
Enden Leber-farbig, kommt meistens aus den Americanischen Jnsuln:
man kan sie an statt der Caballinae dem Bieh und Pferden geben;
folget die

Aloe Socoterina, kommt meisrens aus der Jnsul Socotra oder So-
cotera,
in Ost-Jndien, wird entweder noch gantz, oder in Fragmentis von
den Materialisten verkauffet: sie muß schön, rein, gläntzend, lucker, leicht,
bitter und ohne widrigen Geruch, auch zerbrechlich seyn; das Pulver,
wenn man daran kratzet, beynahe Gold-gelb und wie Saffran aussehen.
Hieraus entstehet endlich die

Aloe lucida, wenn die vorige so weit gereiniget und gesaubert wor-
den, daß sie gantz hell und durchscheinend, wie das Vitrum ii, anzuse-
hen. Weil aber die gute und beste Aloe offt mit dem Gummi Arabico,
Succo Acaciae &c.
verfälschet wird, so muß man auf solchen Betrug
Achtung geben, und hieran erkennen, daß solcher vermischter Aloe die Bit-
terkeit vergehe, am Geruch nicht so starck sey, auch alsdann nicht leicht ge-
brochen, und zwischen den Fingern zerrieben werden kan. Die Aloe hat
eine zwiefache Substanz, eine ist hartzigt und anhaltend, die andere gum-
mo
sicht und purgirend: jene praeserviret vor aller Fäulniß, stärcket den
Magen, tödtet die Würmer, kommt zum Elixir proprietatis; diese laxiret
und treibet die gallichten und schleimichten Feuchtigkeiten aus dem Ma-
gen und Gedärme, weßwegen sie gleichsam der Grund zu allen laxirenden

Pillen

AL
voller Saamen. Obwol auch dieſe Gewaͤchſe in Teutſchland in vorneh-
mer Herren Gaͤrten erzogen werden, ſo koͤnnen ſie allda doch nicht zum
Safft gelangen, ſondern muͤſſen denſelben aus Aſien und Arabien bringen
laſſen; derſelbe wird entweder aus den dicken Blaͤttern, oder aus der
Wurtzel gepreſſet, und, nachdem er ſich geſetzet, und das Klare gelind ab-
gegoſſen worden, uͤber einem gelinden Feuer zu einem dicken Safft ge-
kochet und abgerauchet, in duͤnne Haͤutlein gefaſſet, und alſo verſchicket.
Nachdem nun dieſer Safft mehr oder wenig gereiniget iſt, wird er in drey
bis vier Sorten getheilet, unter welchen die gantz ſchlechte und unſaubere
die ſchwartze Aloe oder

Aloë Caballina, Roß-Aloe genennet wird, iſt gantz trocken, un-
rein, ſandigt, ſchwer und ſchwartz, hat weder Safft noch Krafft, iſt nichts
nutz: die etwas beſſer und mehr gereinigte wird Leber-Aloe, oder Aloë
hepatic:
genennet, weil ſie eine Farbe wie die Leber hat, und voller
Loͤchlein, wie geoͤffnete Adern iſt, muß recht trocken und nicht uͤbelriechend
ſeyn, iſt insgemein in der Mitten in dem Ballen ſchwartz, aber um die
Enden Leber-farbig, kommt meiſtens aus den Americaniſchen Jnſuln:
man kan ſie an ſtatt der Caballinæ dem Bieh und Pferden geben;
folget die

Aloë Socoterina, kommt meiſrens aus der Jnſul Socotra oder So-
cotera,
in Oſt-Jndien, wird entweder noch gantz, oder in Fragmentis von
den Materialiſten verkauffet: ſie muß ſchoͤn, rein, glaͤntzend, lucker, leicht,
bitter und ohne widrigen Geruch, auch zerbrechlich ſeyn; das Pulver,
wenn man daran kratzet, beynahe Gold-gelb und wie Saffran ausſehen.
Hieraus entſtehet endlich die

Aloë lucida, wenn die vorige ſo weit gereiniget und geſaubert wor-
den, daß ſie gantz hell und durchſcheinend, wie das Vitrum ♁ ii, anzuſe-
hen. Weil aber die gute und beſte Aloë offt mit dem Gummi Arabico,
Succo Acaciæ &c.
verfaͤlſchet wird, ſo muß man auf ſolchen Betrug
Achtung geben, und hieran erkennen, daß ſolcher vermiſchter Aloë die Bit-
terkeit vergehe, am Geruch nicht ſo ſtarck ſey, auch alsdann nicht leicht ge-
brochen, und zwiſchen den Fingern zerrieben werden kan. Die Aloë hat
eine zwiefache Subſtanz, eine iſt hartzigt und anhaltend, die andere gum-
mo
ſicht und purgirend: jene præſerviret vor aller Faͤulniß, ſtaͤrcket den
Magen, toͤdtet die Wuͤrmer, kommt zum Elixir proprietatis; dieſe laxiret
und treibet die gallichten und ſchleimichten Feuchtigkeiten aus dem Ma-
gen und Gedaͤrme, weßwegen ſie gleichſam der Grund zu allen laxirenden

Pillen
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[30/0042] AL voller Saamen. Obwol auch dieſe Gewaͤchſe in Teutſchland in vorneh- mer Herren Gaͤrten erzogen werden, ſo koͤnnen ſie allda doch nicht zum Safft gelangen, ſondern muͤſſen denſelben aus Aſien und Arabien bringen laſſen; derſelbe wird entweder aus den dicken Blaͤttern, oder aus der Wurtzel gepreſſet, und, nachdem er ſich geſetzet, und das Klare gelind ab- gegoſſen worden, uͤber einem gelinden Feuer zu einem dicken Safft ge- kochet und abgerauchet, in duͤnne Haͤutlein gefaſſet, und alſo verſchicket. Nachdem nun dieſer Safft mehr oder wenig gereiniget iſt, wird er in drey bis vier Sorten getheilet, unter welchen die gantz ſchlechte und unſaubere die ſchwartze Aloe oder Aloë Caballina, Roß-Aloe genennet wird, iſt gantz trocken, un- rein, ſandigt, ſchwer und ſchwartz, hat weder Safft noch Krafft, iſt nichts nutz: die etwas beſſer und mehr gereinigte wird Leber-Aloe, oder Aloë hepatic: genennet, weil ſie eine Farbe wie die Leber hat, und voller Loͤchlein, wie geoͤffnete Adern iſt, muß recht trocken und nicht uͤbelriechend ſeyn, iſt insgemein in der Mitten in dem Ballen ſchwartz, aber um die Enden Leber-farbig, kommt meiſtens aus den Americaniſchen Jnſuln: man kan ſie an ſtatt der Caballinæ dem Bieh und Pferden geben; folget die Aloë Socoterina, kommt meiſrens aus der Jnſul Socotra oder So- cotera, in Oſt-Jndien, wird entweder noch gantz, oder in Fragmentis von den Materialiſten verkauffet: ſie muß ſchoͤn, rein, glaͤntzend, lucker, leicht, bitter und ohne widrigen Geruch, auch zerbrechlich ſeyn; das Pulver, wenn man daran kratzet, beynahe Gold-gelb und wie Saffran ausſehen. Hieraus entſtehet endlich die Aloë lucida, wenn die vorige ſo weit gereiniget und geſaubert wor- den, daß ſie gantz hell und durchſcheinend, wie das Vitrum ♁ ii, anzuſe- hen. Weil aber die gute und beſte Aloë offt mit dem Gummi Arabico, Succo Acaciæ &c. verfaͤlſchet wird, ſo muß man auf ſolchen Betrug Achtung geben, und hieran erkennen, daß ſolcher vermiſchter Aloë die Bit- terkeit vergehe, am Geruch nicht ſo ſtarck ſey, auch alsdann nicht leicht ge- brochen, und zwiſchen den Fingern zerrieben werden kan. Die Aloë hat eine zwiefache Subſtanz, eine iſt hartzigt und anhaltend, die andere gum- moſicht und purgirend: jene præſerviret vor aller Faͤulniß, ſtaͤrcket den Magen, toͤdtet die Wuͤrmer, kommt zum Elixir proprietatis; dieſe laxiret und treibet die gallichten und ſchleimichten Feuchtigkeiten aus dem Ma- gen und Gedaͤrme, weßwegen ſie gleichſam der Grund zu allen laxirenden Pillen

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Zitationshilfe: Woyt, Johann Jacob: Gazophylacium Medico-Physicum, Oder Schatz-Kammer Medicinisch- und Natürlicher Dinge. 9. Aufl. Leipzig, 1737, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/woyt_gazophylacium_1737/42>, abgerufen am 21.11.2024.