Wrangel, Carl Gustav: Das Luxus-Fuhrwerk. Stuttgart, 1898.Die Gala-Equipage. in die heiligsten Menschenrechte erscheinen, aber es ist nuneinmal so und wird wohl auch noch recht lange so bleiben. Kutscher, die von dem Ehrgeize beseelt sind, die höchste Sprosse ihrer Berufsleiter zu erklimmen, werden daher das Ziel ihrer Wünsche nur dann erreichen, wenn sie grosse Vorsicht bei der Wahl ihrer Eltern entwickelt haben. Die Etikette geht überhaupt ziemlich rücksichtslos mit den Her- ren Rosselenkern um; ist ihnen doch der Bartschmuck nur bei solchen Herrschaften gestattet, die sich mit souveräner Gleich- gültigkeit über alle Erlässe jener strengen Dame hinwegsetzen. Es lässt sich eben nicht in Abrede stellen, dass der Kutscher einen sehr wichtigen Bestandteil der, zumal bei Gala- und Korso- fahrten, in erster Reihe als Mode- und Schaustück zu betrach- tenden Equipage bildet; wer es haarsträubend findet, dass der Eine seinem Johann das Rasiermesser in die Hand drückt oder der Andere eine gewisse Leibesfülle von ihm verlangt, wird somit konsequenter Weise jede der Mode und den wechselnden Schönheitsbegriffen gemachte Konzession verdammen müssen. Und das kann ihn weit führen. Zur offenen Gala eignet sich vorzugsweise die hochvornehme Die Gala-Equipage. in die heiligsten Menschenrechte erscheinen, aber es ist nuneinmal so und wird wohl auch noch recht lange so bleiben. Kutscher, die von dem Ehrgeize beseelt sind, die höchste Sprosse ihrer Berufsleiter zu erklimmen, werden daher das Ziel ihrer Wünsche nur dann erreichen, wenn sie grosse Vorsicht bei der Wahl ihrer Eltern entwickelt haben. Die Etikette geht überhaupt ziemlich rücksichtslos mit den Her- ren Rosselenkern um; ist ihnen doch der Bartschmuck nur bei solchen Herrschaften gestattet, die sich mit souveräner Gleich- gültigkeit über alle Erlässe jener strengen Dame hinwegsetzen. Es lässt sich eben nicht in Abrede stellen, dass der Kutscher einen sehr wichtigen Bestandteil der, zumal bei Gala- und Korso- fahrten, in erster Reihe als Mode- und Schaustück zu betrach- tenden Equipage bildet; wer es haarsträubend findet, dass der Eine seinem Johann das Rasiermesser in die Hand drückt oder der Andere eine gewisse Leibesfülle von ihm verlangt, wird somit konsequenter Weise jede der Mode und den wechselnden Schönheitsbegriffen gemachte Konzession verdammen müssen. Und das kann ihn weit führen. Zur offenen Gala eignet sich vorzugsweise die hochvornehme <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0042" n="28"/><fw place="top" type="header">Die Gala-Equipage.</fw><lb/> in die heiligsten Menschenrechte erscheinen, aber es ist nun<lb/> einmal so und wird wohl auch noch recht lange so bleiben.<lb/> Kutscher, die von dem Ehrgeize beseelt sind, die höchste<lb/> Sprosse ihrer Berufsleiter zu erklimmen, werden daher das<lb/> Ziel ihrer Wünsche nur dann erreichen, wenn sie grosse<lb/> Vorsicht bei der Wahl ihrer Eltern entwickelt haben. Die<lb/> Etikette geht überhaupt ziemlich rücksichtslos mit den Her-<lb/> ren Rosselenkern um; ist ihnen doch der Bartschmuck nur<lb/> bei solchen Herrschaften gestattet, die sich mit souveräner Gleich-<lb/> gültigkeit über alle Erlässe jener strengen Dame hinwegsetzen.<lb/> Es lässt sich eben nicht in Abrede stellen, dass der Kutscher<lb/> einen sehr wichtigen Bestandteil der, zumal bei Gala- und Korso-<lb/> fahrten, in erster Reihe als Mode- und Schaustück zu betrach-<lb/> tenden Equipage bildet; wer es haarsträubend findet, dass der<lb/> Eine seinem Johann das Rasiermesser in die Hand drückt oder<lb/> der Andere eine gewisse Leibesfülle von ihm verlangt, wird<lb/> somit konsequenter Weise jede der Mode und den wechselnden<lb/> Schönheitsbegriffen gemachte Konzession verdammen müssen.<lb/> Und das kann ihn weit führen.</p><lb/> <p>Zur offenen Gala eignet sich vorzugsweise die hochvornehme<lb/> „<hi rendition="#g">Barouche</hi>“ (Fig. 15) mit vierspänniger Anspannung à <hi rendition="#g">la<lb/> Daumont</hi> (Fig. 16). Diese Anspannung besteht darin, dass<lb/> der dasselbe bildende Viererzug von zwei auf den Sattelpferden<lb/> reitenden Vorreitern geleitet wird. Die Sattelpferde erhalten<lb/> hierbei mit Wegfall der Aufsatzzügel gewöhnliche Trensen- und<lb/> Kandarenzügel, wohingegen die Handpferde ihre Aufsatzzügel<lb/> beibehalten und zur rechten Hand mit Stell-, zur Linken mit<lb/> Führzügel für den Reiter versehen werden. Die Verbindung<lb/> zwischen den Vorder- und Stangenpferden wird bei der An-<lb/> spannung à <hi rendition="#g">la Daumont</hi> nicht vermittelst einer Vorlege-<lb/> wage zuwege gebracht, sondern man pflegt die Stränge der<lb/> Vorderpferde an die Strangschnallen der Stangenpferde-<lb/> geschirre zu befestigen. Da kein Kutscher beim Fahren<lb/> à la Daumont benötigt wird, fehlt selbstverständlich auch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [28/0042]
Die Gala-Equipage.
in die heiligsten Menschenrechte erscheinen, aber es ist nun
einmal so und wird wohl auch noch recht lange so bleiben.
Kutscher, die von dem Ehrgeize beseelt sind, die höchste
Sprosse ihrer Berufsleiter zu erklimmen, werden daher das
Ziel ihrer Wünsche nur dann erreichen, wenn sie grosse
Vorsicht bei der Wahl ihrer Eltern entwickelt haben. Die
Etikette geht überhaupt ziemlich rücksichtslos mit den Her-
ren Rosselenkern um; ist ihnen doch der Bartschmuck nur
bei solchen Herrschaften gestattet, die sich mit souveräner Gleich-
gültigkeit über alle Erlässe jener strengen Dame hinwegsetzen.
Es lässt sich eben nicht in Abrede stellen, dass der Kutscher
einen sehr wichtigen Bestandteil der, zumal bei Gala- und Korso-
fahrten, in erster Reihe als Mode- und Schaustück zu betrach-
tenden Equipage bildet; wer es haarsträubend findet, dass der
Eine seinem Johann das Rasiermesser in die Hand drückt oder
der Andere eine gewisse Leibesfülle von ihm verlangt, wird
somit konsequenter Weise jede der Mode und den wechselnden
Schönheitsbegriffen gemachte Konzession verdammen müssen.
Und das kann ihn weit führen.
Zur offenen Gala eignet sich vorzugsweise die hochvornehme
„Barouche“ (Fig. 15) mit vierspänniger Anspannung à la
Daumont (Fig. 16). Diese Anspannung besteht darin, dass
der dasselbe bildende Viererzug von zwei auf den Sattelpferden
reitenden Vorreitern geleitet wird. Die Sattelpferde erhalten
hierbei mit Wegfall der Aufsatzzügel gewöhnliche Trensen- und
Kandarenzügel, wohingegen die Handpferde ihre Aufsatzzügel
beibehalten und zur rechten Hand mit Stell-, zur Linken mit
Führzügel für den Reiter versehen werden. Die Verbindung
zwischen den Vorder- und Stangenpferden wird bei der An-
spannung à la Daumont nicht vermittelst einer Vorlege-
wage zuwege gebracht, sondern man pflegt die Stränge der
Vorderpferde an die Strangschnallen der Stangenpferde-
geschirre zu befestigen. Da kein Kutscher beim Fahren
à la Daumont benötigt wird, fehlt selbstverständlich auch
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