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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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II. Die psychischen Gebilde.
ihrem Grundcharakter nach ein Lustaffect; sie wird dann in
ihrem Verlauf durch die Steigerung der Gefühle meist zu-
gleich zu einem excitirenden, bei übermäßiger Stärke der
Gefühle wird sie aber zu einem deprimirenden Affecte.
Das Leid ist ein Unlustaffect von zumeist deprimirendem
Charakter; bei etwas größerer Intensität der Gefühle kann
es jedoch excitirend werden, um endlich bei maximaler
Intensität wieder in ausgeprägte Depression überzugehen.
Viel entschiedener noch ist der Zorn seinem vorherrschen-
den Charakter nach ein excitirender Unlustaffect; aber bei
großer Gefühlsstärke, bei dem Uebergang in die Wuth, kann
auch er deprimirend werden. Während so die excitirende und
die deprimirende Beschaffenheit durchgängig nur als Neben-
formen von Lust- und Unlustaffecten vorkommen, finden sich
eher zuweilen die spannenden und lösenden Gefühle als
hauptsächlichste oder wenigstens als primäre Bestandtheile
von Affecten. So ist in dem Affect der Erwartung das diesem
Zustand eigenthümliche spannende Gefühl das primäre; mit
dem Uebergang in den Affect gesellen sich aber dazu leicht
Unlustgefühle von je nach Umständen excitirendem oder
deprimirendem Charakter. Bei rhythmischen Eindrücken oder
Bewegungen entspringen endlich aus dem Wechsel der Span-
nungs- und Lösungsgefühle Lustaffecte, die dann wieder je
nach der Beschaffenheit des Rhythmus von excitirendem oder
deprimirendem Charakter sind, im letzteren Fall aber zu-
gleich mit Unlustgefühlen sich mischen oder, namentlich bei
der Mitwirkung anderer Gefühlselemente (z. B. von Klang-
und Harmoniegefühlen), ganz in solche übergehen können.

11. In den von der Sprache geschaffenen Bezeichnungen
der Affecte hat vorzugsweise diese qualitative Gefühls-
seite und in ihr wieder der Lust- oder Unlustcharakter der
Gefühle Beachtung gefunden. Dabei lassen sich die von
der Sprache geformten Begriffe in drei Classen ordnen:

II. Die psychischen Gebilde.
ihrem Grundcharakter nach ein Lustaffect; sie wird dann in
ihrem Verlauf durch die Steigerung der Gefühle meist zu-
gleich zu einem excitirenden, bei übermäßiger Stärke der
Gefühle wird sie aber zu einem deprimirenden Affecte.
Das Leid ist ein Unlustaffect von zumeist deprimirendem
Charakter; bei etwas größerer Intensität der Gefühle kann
es jedoch excitirend werden, um endlich bei maximaler
Intensität wieder in ausgeprägte Depression überzugehen.
Viel entschiedener noch ist der Zorn seinem vorherrschen-
den Charakter nach ein excitirender Unlustaffect; aber bei
großer Gefühlsstärke, bei dem Uebergang in die Wuth, kann
auch er deprimirend werden. Während so die excitirende und
die deprimirende Beschaffenheit durchgängig nur als Neben-
formen von Lust- und Unlustaffecten vorkommen, finden sich
eher zuweilen die spannenden und lösenden Gefühle als
hauptsächlichste oder wenigstens als primäre Bestandtheile
von Affecten. So ist in dem Affect der Erwartung das diesem
Zustand eigenthümliche spannende Gefühl das primäre; mit
dem Uebergang in den Affect gesellen sich aber dazu leicht
Unlustgefühle von je nach Umständen excitirendem oder
deprimirendem Charakter. Bei rhythmischen Eindrücken oder
Bewegungen entspringen endlich aus dem Wechsel der Span-
nungs- und Lösungsgefühle Lustaffecte, die dann wieder je
nach der Beschaffenheit des Rhythmus von excitirendem oder
deprimirendem Charakter sind, im letzteren Fall aber zu-
gleich mit Unlustgefühlen sich mischen oder, namentlich bei
der Mitwirkung anderer Gefühlselemente (z. B. von Klang-
und Harmoniegefühlen), ganz in solche übergehen können.

11. In den von der Sprache geschaffenen Bezeichnungen
der Affecte hat vorzugsweise diese qualitative Gefühls-
seite und in ihr wieder der Lust- oder Unlustcharakter der
Gefühle Beachtung gefunden. Dabei lassen sich die von
der Sprache geformten Begriffe in drei Classen ordnen:

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[210/0226] II. Die psychischen Gebilde. ihrem Grundcharakter nach ein Lustaffect; sie wird dann in ihrem Verlauf durch die Steigerung der Gefühle meist zu- gleich zu einem excitirenden, bei übermäßiger Stärke der Gefühle wird sie aber zu einem deprimirenden Affecte. Das Leid ist ein Unlustaffect von zumeist deprimirendem Charakter; bei etwas größerer Intensität der Gefühle kann es jedoch excitirend werden, um endlich bei maximaler Intensität wieder in ausgeprägte Depression überzugehen. Viel entschiedener noch ist der Zorn seinem vorherrschen- den Charakter nach ein excitirender Unlustaffect; aber bei großer Gefühlsstärke, bei dem Uebergang in die Wuth, kann auch er deprimirend werden. Während so die excitirende und die deprimirende Beschaffenheit durchgängig nur als Neben- formen von Lust- und Unlustaffecten vorkommen, finden sich eher zuweilen die spannenden und lösenden Gefühle als hauptsächlichste oder wenigstens als primäre Bestandtheile von Affecten. So ist in dem Affect der Erwartung das diesem Zustand eigenthümliche spannende Gefühl das primäre; mit dem Uebergang in den Affect gesellen sich aber dazu leicht Unlustgefühle von je nach Umständen excitirendem oder deprimirendem Charakter. Bei rhythmischen Eindrücken oder Bewegungen entspringen endlich aus dem Wechsel der Span- nungs- und Lösungsgefühle Lustaffecte, die dann wieder je nach der Beschaffenheit des Rhythmus von excitirendem oder deprimirendem Charakter sind, im letzteren Fall aber zu- gleich mit Unlustgefühlen sich mischen oder, namentlich bei der Mitwirkung anderer Gefühlselemente (z. B. von Klang- und Harmoniegefühlen), ganz in solche übergehen können. 11. In den von der Sprache geschaffenen Bezeichnungen der Affecte hat vorzugsweise diese qualitative Gefühls- seite und in ihr wieder der Lust- oder Unlustcharakter der Gefühle Beachtung gefunden. Dabei lassen sich die von der Sprache geformten Begriffe in drei Classen ordnen:

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/226>, abgerufen am 21.11.2024.