Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde. Muskelgebieten verbunden zu sein. Im Moment des Ein-tritts wird dasselbe abgelöst durch das meist nur sehr kurz- dauernde Gefühl der Erfüllung, das stets den Charakter eines lösenden Gefühls besitzt, sonst aber je nach Um- ständen deprimirender oder excitirender Art und mit Lust- oder Unlustgefühlen verbunden sein kann. An dieses Gefühl der Erfüllung schließt sich dann sofort das nämliche Gefühl der Thätigkeit an, dass den Abschluss der passiven Apper- ception begleitet, und das wiederum mit einem Anwachsen der Spannungsempfindungen verbunden ist. 8a. Die experimentelle Beobachtung dieser verschiedenen Ver- 9. Betrachtet man diese Gefühlsseite der Aufmerksam- III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde. Muskelgebieten verbunden zu sein. Im Moment des Ein-tritts wird dasselbe abgelöst durch das meist nur sehr kurz- dauernde Gefühl der Erfüllung, das stets den Charakter eines lösenden Gefühls besitzt, sonst aber je nach Um- ständen deprimirender oder excitirender Art und mit Lust- oder Unlustgefühlen verbunden sein kann. An dieses Gefühl der Erfüllung schließt sich dann sofort das nämliche Gefühl der Thätigkeit an, dass den Abschluss der passiven Apper- ception begleitet, und das wiederum mit einem Anwachsen der Spannungsempfindungen verbunden ist. 8a. Die experimentelle Beobachtung dieser verschiedenen Ver- 9. Betrachtet man diese Gefühlsseite der Aufmerksam- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0272" n="256"/><fw place="top" type="header">III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde.</fw><lb/> Muskelgebieten verbunden zu sein. Im Moment des Ein-<lb/> tritts wird dasselbe abgelöst durch das meist nur sehr kurz-<lb/> dauernde Gefühl der Erfüllung, das stets den Charakter<lb/> eines lösenden Gefühls besitzt, sonst aber je nach Um-<lb/> ständen deprimirender oder excitirender Art und mit Lust-<lb/> oder Unlustgefühlen verbunden sein kann. An dieses Gefühl<lb/> der Erfüllung schließt sich dann sofort das nämliche Gefühl<lb/> der Thätigkeit an, dass den Abschluss der passiven Apper-<lb/> ception begleitet, und das wiederum mit einem Anwachsen<lb/> der Spannungsempfindungen verbunden ist.</p><lb/> <p>8a. Die experimentelle Beobachtung dieser verschiedenen Ver-<lb/> laufsformen geschieht am zweckmäßigsten mit Hülfe der in § 14,<lb/> 11 ff. geschilderten Reactionsversuche, wo man mittelst der Be-<lb/> nutzung unerwarteter Eindrücke den Typus der passiven, bei der<lb/> Reaction auf erwartete Eindrücke aber den der activen Apper-<lb/> ception herzustellen vermag. Dabei lässt sich dann aber zugleich<lb/> beobachten, dass zwischen diesen typischen Unterschieden Ueber-<lb/> gänge stehen, indem entweder die passive der activen Form<lb/> durch schwache Ausbildung des ersten Stadiums, oder die active<lb/> der passiven dadurch sich nähern kann, dass bei einer plötzlichen<lb/> Entspannung der Erwartung der darauf folgende Gegensatz des<lb/> Erfüllungsgefühls, die Lösung und Depression, ausgeprägter als<lb/> gewöhnlich wird. Die Wirklichkeit bietet eben auch hier überall<lb/> stetig zusammenhängende Processe, die nur in extremen Fällen<lb/> sich zu eigentlichen Gegensätzen gestalten.</p><lb/> <p>9. Betrachtet man diese Gefühlsseite der Aufmerksam-<lb/> keitsvorgänge genauer, so ist augenfällig, dass dieselbe voll-<lb/> ständig mit dem allgemeinen Gefühlsinhalt der <hi rendition="#g">Willens-<lb/> vorgänge</hi> übereinstimmt. Zugleich ist einleuchtend, dass<lb/> die passive Apperception ihrem wesentlichen Charakter nach<lb/> einer einfachen Triebhandlung, die active dagegen einer zu-<lb/> sammengesetzten Willkürhandlung entspricht. Denn bei der<lb/> ersteren lässt sich der unvorbereitet sich aufdrängende<lb/> psychische Inhalt offenbar als das eine Motiv betrachten,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [256/0272]
III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde.
Muskelgebieten verbunden zu sein. Im Moment des Ein-
tritts wird dasselbe abgelöst durch das meist nur sehr kurz-
dauernde Gefühl der Erfüllung, das stets den Charakter
eines lösenden Gefühls besitzt, sonst aber je nach Um-
ständen deprimirender oder excitirender Art und mit Lust-
oder Unlustgefühlen verbunden sein kann. An dieses Gefühl
der Erfüllung schließt sich dann sofort das nämliche Gefühl
der Thätigkeit an, dass den Abschluss der passiven Apper-
ception begleitet, und das wiederum mit einem Anwachsen
der Spannungsempfindungen verbunden ist.
8a. Die experimentelle Beobachtung dieser verschiedenen Ver-
laufsformen geschieht am zweckmäßigsten mit Hülfe der in § 14,
11 ff. geschilderten Reactionsversuche, wo man mittelst der Be-
nutzung unerwarteter Eindrücke den Typus der passiven, bei der
Reaction auf erwartete Eindrücke aber den der activen Apper-
ception herzustellen vermag. Dabei lässt sich dann aber zugleich
beobachten, dass zwischen diesen typischen Unterschieden Ueber-
gänge stehen, indem entweder die passive der activen Form
durch schwache Ausbildung des ersten Stadiums, oder die active
der passiven dadurch sich nähern kann, dass bei einer plötzlichen
Entspannung der Erwartung der darauf folgende Gegensatz des
Erfüllungsgefühls, die Lösung und Depression, ausgeprägter als
gewöhnlich wird. Die Wirklichkeit bietet eben auch hier überall
stetig zusammenhängende Processe, die nur in extremen Fällen
sich zu eigentlichen Gegensätzen gestalten.
9. Betrachtet man diese Gefühlsseite der Aufmerksam-
keitsvorgänge genauer, so ist augenfällig, dass dieselbe voll-
ständig mit dem allgemeinen Gefühlsinhalt der Willens-
vorgänge übereinstimmt. Zugleich ist einleuchtend, dass
die passive Apperception ihrem wesentlichen Charakter nach
einer einfachen Triebhandlung, die active dagegen einer zu-
sammengesetzten Willkürhandlung entspricht. Denn bei der
ersteren lässt sich der unvorbereitet sich aufdrängende
psychische Inhalt offenbar als das eine Motiv betrachten,
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