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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde.
wechselseitigen Assimilation verändernd auf einander
einwirken.

11. Dies vorausgesetzt erklären sich nun die haupt-
sächlichsten Unterschiede der zusammengesetzten Assimila-
tionsvorgänge ohne Schwierigkeit aus der in den einzelnen
Fällen sehr wechselnden Betheiligung der verschiedenen zu
jeder Assimilation erforderlichen Factoren. Bei den gewöhn-
lichen Sinneswahrnehmungen überwiegen die directen Ele-
mente so sehr, dass die reproductiven in der Regel ganz
übersehen werden, obgleich sie in Wirklichkeit niemals fehlen
und oftmals sogar für die Auffassung der Objecte von großer
Bedeutung sind. Beträchtlich mehr drängen sich die repro-
ductiven Bestandtheile unserer Beachtung auf, wenn die
assimilirende Wirkung der directen durch äußere oder innere
Einflüsse, wie Undeutlichkeit des Eindrucks, Erregung von
Gefühlen und Affecten, gehemmt ist. In allen den Fällen,
wo auf diese Weise der Unterschied zwischen dem Eindruck
und der wirklichen Vorstellung so groß wird, dass er sich
sofort unserer näheren Prüfung verräth, bezeichnen wir das
Assimilationsproduct als eine Illusion.

Die Allgemeinheit der Assimilationen lässt übrigens
nicht daran zweifeln, dass diese auch zwischen reproduc-
tiven Elementen vorkommen, derart also dass z. B. irgend
eine in uns auftauchende Erinnerungsvorstellung sofort durch
die Wechselwirkung mit andern Erinnerungselementen ver-
ändert wird. Doch fehlen uns selbstverständlich in diesem
Fall die Hülfsmittel zur Nachweisung des Processes. Nur
dies lässt sich als wahrscheinlich feststellen, dass auch bei
solchen so genannten "reinen Erinnerungsvorgängen" die
directen Elemente in der Form von Empfindungen und sinn-
lichen Gefühlen, die durch periphere Reize erweckt werden,
nicht ganz fehlen. Bei reproductiven Gesichtsbildern z. B.
kommen sie in der Form von Stellungs- und Bewegungs-
empfindungen des Auges vor.

III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde.
wechselseitigen Assimilation verändernd auf einander
einwirken.

11. Dies vorausgesetzt erklären sich nun die haupt-
sächlichsten Unterschiede der zusammengesetzten Assimila-
tionsvorgänge ohne Schwierigkeit aus der in den einzelnen
Fällen sehr wechselnden Betheiligung der verschiedenen zu
jeder Assimilation erforderlichen Factoren. Bei den gewöhn-
lichen Sinneswahrnehmungen überwiegen die directen Ele-
mente so sehr, dass die reproductiven in der Regel ganz
übersehen werden, obgleich sie in Wirklichkeit niemals fehlen
und oftmals sogar für die Auffassung der Objecte von großer
Bedeutung sind. Beträchtlich mehr drängen sich die repro-
ductiven Bestandtheile unserer Beachtung auf, wenn die
assimilirende Wirkung der directen durch äußere oder innere
Einflüsse, wie Undeutlichkeit des Eindrucks, Erregung von
Gefühlen und Affecten, gehemmt ist. In allen den Fällen,
wo auf diese Weise der Unterschied zwischen dem Eindruck
und der wirklichen Vorstellung so groß wird, dass er sich
sofort unserer näheren Prüfung verräth, bezeichnen wir das
Assimilationsproduct als eine Illusion.

Die Allgemeinheit der Assimilationen lässt übrigens
nicht daran zweifeln, dass diese auch zwischen reproduc-
tiven Elementen vorkommen, derart also dass z. B. irgend
eine in uns auftauchende Erinnerungsvorstellung sofort durch
die Wechselwirkung mit andern Erinnerungselementen ver-
ändert wird. Doch fehlen uns selbstverständlich in diesem
Fall die Hülfsmittel zur Nachweisung des Processes. Nur
dies lässt sich als wahrscheinlich feststellen, dass auch bei
solchen so genannten »reinen Erinnerungsvorgängen« die
directen Elemente in der Form von Empfindungen und sinn-
lichen Gefühlen, die durch periphere Reize erweckt werden,
nicht ganz fehlen. Bei reproductiven Gesichtsbildern z. B.
kommen sie in der Form von Stellungs- und Bewegungs-
empfindungen des Auges vor.

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[274/0290] III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde. wechselseitigen Assimilation verändernd auf einander einwirken. 11. Dies vorausgesetzt erklären sich nun die haupt- sächlichsten Unterschiede der zusammengesetzten Assimila- tionsvorgänge ohne Schwierigkeit aus der in den einzelnen Fällen sehr wechselnden Betheiligung der verschiedenen zu jeder Assimilation erforderlichen Factoren. Bei den gewöhn- lichen Sinneswahrnehmungen überwiegen die directen Ele- mente so sehr, dass die reproductiven in der Regel ganz übersehen werden, obgleich sie in Wirklichkeit niemals fehlen und oftmals sogar für die Auffassung der Objecte von großer Bedeutung sind. Beträchtlich mehr drängen sich die repro- ductiven Bestandtheile unserer Beachtung auf, wenn die assimilirende Wirkung der directen durch äußere oder innere Einflüsse, wie Undeutlichkeit des Eindrucks, Erregung von Gefühlen und Affecten, gehemmt ist. In allen den Fällen, wo auf diese Weise der Unterschied zwischen dem Eindruck und der wirklichen Vorstellung so groß wird, dass er sich sofort unserer näheren Prüfung verräth, bezeichnen wir das Assimilationsproduct als eine Illusion. Die Allgemeinheit der Assimilationen lässt übrigens nicht daran zweifeln, dass diese auch zwischen reproduc- tiven Elementen vorkommen, derart also dass z. B. irgend eine in uns auftauchende Erinnerungsvorstellung sofort durch die Wechselwirkung mit andern Erinnerungselementen ver- ändert wird. Doch fehlen uns selbstverständlich in diesem Fall die Hülfsmittel zur Nachweisung des Processes. Nur dies lässt sich als wahrscheinlich feststellen, dass auch bei solchen so genannten »reinen Erinnerungsvorgängen« die directen Elemente in der Form von Empfindungen und sinn- lichen Gefühlen, die durch periphere Reize erweckt werden, nicht ganz fehlen. Bei reproductiven Gesichtsbildern z. B. kommen sie in der Form von Stellungs- und Bewegungs- empfindungen des Auges vor.

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/290>, abgerufen am 22.11.2024.