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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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§ 17. Die Apperceptionsverbindungen.
jenigen Gebiete, auf welchem die Contrasterscheinungen bis
dahin am genauesten untersucht sind, bei den Gesichts-
empfindungen
, zwei in ihren Ursachen offenbar völlig
verschiedene, wenn auch in ihren Wirkungen bis zu einem
gewissen Grade verwandte Erscheinungen zusammengeworfen
zu werden, die wir als den physiologischen und den
psychologischen Contrast unterscheiden können. Der
physiologische Contrast hängt mit den Nachbilderscheinungen
auf das engste zusammen und ist vielleicht sogar mit den-
selben identisch. (S. 82f.) Davon wesentlich verschieden ist
der psychologische Contrast. Er wird bei intensiveren
Eindrücken stets durch den stärkeren physiologischen Con-
trast überdeckt. Von diesem unterscheidet er sich jedoch
durch zwei wichtige Merkmale: erstens erreicht er nicht bei
den größten Helligkeiten und Sättigungen, sondern bei den-
jenigen mittleren Stufen, bei denen das Auge für Hellig-
keits- und Sättigungsänderungen am empfindlichsten ist,
seine größte Stärke; und zweitens kann er durch die Ver-
gleichung mit einem unabhängig gegebenen Object auf-
gehoben werden. Besonders durch das letztere Merkmal
gibt sich dieser Contrast ohne weiteres als das Product
eines Vergleichungsvorganges zu erkennen. Wenn man
z. B. ein graues Quadrat auf schwarzem und daneben ein
Quadrat vom gleichen Grau auf weißem Grunde anbringt
und dann das Ganze mit durchsichtigem Seidenpapier über-
deckt, so erscheinen die beiden Quadrate ganz verschieden:
das auf dem schwarzen Grunde sieht hell, beinahe weiß,
das auf dem weißen Grunde sieht dunkel, beinahe schwarz
aus. Da die Nachbild- und Irradiationswirkungen bei der
geringen Helligkeit der Objecte verschwindend klein sind,
so kann man annehmen, dass die Erscheinung wesentlich
dem psychologischen Contraste angehört. Hält man nun ein
aus schwarzem Carton hergestelltes Lineal, das ebenfalls

§ 17. Die Apperceptionsverbindungen.
jenigen Gebiete, auf welchem die Contrasterscheinungen bis
dahin am genauesten untersucht sind, bei den Gesichts-
empfindungen
, zwei in ihren Ursachen offenbar völlig
verschiedene, wenn auch in ihren Wirkungen bis zu einem
gewissen Grade verwandte Erscheinungen zusammengeworfen
zu werden, die wir als den physiologischen und den
psychologischen Contrast unterscheiden können. Der
physiologische Contrast hängt mit den Nachbilderscheinungen
auf das engste zusammen und ist vielleicht sogar mit den-
selben identisch. (S. 82f.) Davon wesentlich verschieden ist
der psychologische Contrast. Er wird bei intensiveren
Eindrücken stets durch den stärkeren physiologischen Con-
trast überdeckt. Von diesem unterscheidet er sich jedoch
durch zwei wichtige Merkmale: erstens erreicht er nicht bei
den größten Helligkeiten und Sättigungen, sondern bei den-
jenigen mittleren Stufen, bei denen das Auge für Hellig-
keits- und Sättigungsänderungen am empfindlichsten ist,
seine größte Stärke; und zweitens kann er durch die Ver-
gleichung mit einem unabhängig gegebenen Object auf-
gehoben werden. Besonders durch das letztere Merkmal
gibt sich dieser Contrast ohne weiteres als das Product
eines Vergleichungsvorganges zu erkennen. Wenn man
z. B. ein graues Quadrat auf schwarzem und daneben ein
Quadrat vom gleichen Grau auf weißem Grunde anbringt
und dann das Ganze mit durchsichtigem Seidenpapier über-
deckt, so erscheinen die beiden Quadrate ganz verschieden:
das auf dem schwarzen Grunde sieht hell, beinahe weiß,
das auf dem weißen Grunde sieht dunkel, beinahe schwarz
aus. Da die Nachbild- und Irradiationswirkungen bei der
geringen Helligkeit der Objecte verschwindend klein sind,
so kann man annehmen, dass die Erscheinung wesentlich
dem psychologischen Contraste angehört. Hält man nun ein
aus schwarzem Carton hergestelltes Lineal, das ebenfalls

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[303/0319] § 17. Die Apperceptionsverbindungen. jenigen Gebiete, auf welchem die Contrasterscheinungen bis dahin am genauesten untersucht sind, bei den Gesichts- empfindungen, zwei in ihren Ursachen offenbar völlig verschiedene, wenn auch in ihren Wirkungen bis zu einem gewissen Grade verwandte Erscheinungen zusammengeworfen zu werden, die wir als den physiologischen und den psychologischen Contrast unterscheiden können. Der physiologische Contrast hängt mit den Nachbilderscheinungen auf das engste zusammen und ist vielleicht sogar mit den- selben identisch. (S. 82f.) Davon wesentlich verschieden ist der psychologische Contrast. Er wird bei intensiveren Eindrücken stets durch den stärkeren physiologischen Con- trast überdeckt. Von diesem unterscheidet er sich jedoch durch zwei wichtige Merkmale: erstens erreicht er nicht bei den größten Helligkeiten und Sättigungen, sondern bei den- jenigen mittleren Stufen, bei denen das Auge für Hellig- keits- und Sättigungsänderungen am empfindlichsten ist, seine größte Stärke; und zweitens kann er durch die Ver- gleichung mit einem unabhängig gegebenen Object auf- gehoben werden. Besonders durch das letztere Merkmal gibt sich dieser Contrast ohne weiteres als das Product eines Vergleichungsvorganges zu erkennen. Wenn man z. B. ein graues Quadrat auf schwarzem und daneben ein Quadrat vom gleichen Grau auf weißem Grunde anbringt und dann das Ganze mit durchsichtigem Seidenpapier über- deckt, so erscheinen die beiden Quadrate ganz verschieden: das auf dem schwarzen Grunde sieht hell, beinahe weiß, das auf dem weißen Grunde sieht dunkel, beinahe schwarz aus. Da die Nachbild- und Irradiationswirkungen bei der geringen Helligkeit der Objecte verschwindend klein sind, so kann man annehmen, dass die Erscheinung wesentlich dem psychologischen Contraste angehört. Hält man nun ein aus schwarzem Carton hergestelltes Lineal, das ebenfalls

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/319>, abgerufen am 24.11.2024.