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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde.
oder einem Zustand, oder setzt sie verschiedene Gegenstände
zu einander in Beziehung. Da nun hierbei der einzelne
Begriff eigentlich niemals isolirt vorgestellt werden kann,
insofern er in dem Ganzen der Vorstellung stets an einen
andern Begriff oder eine Mehrheit anderer Begriffe gebunden
ist, so unterscheiden sich die Begriffsvorstellungen in sehr
auffallender Weise durch ihre Unbestimmtheit und Ver-
änderlichkeit von den Phantasievorstellungen. Diese Un-
bestimmtheit wird dann wesentlich noch dadurch vermehrt,
dass sich in Folge des übereinstimmenden Ablaufs verschie-
dener Urtheilsgliederungen solche Begriffe bilden, die als Be-
standtheile vieler in ihrer concreten Beschaffenheit variabler
Vorstellungen vorkommen, so dass ein einzelner Begriff
in unabsehbar vielen einzelnen Abwandlungen existirt. Sol-
chen Allgemeinbegriffen, die wegen der Ausdehnung
der beziehenden Analyse auf verschiedene Urtheilsinhalte,
bald die überwiegende Mehrheit der Begriffe überhaupt
bilden, entpricht dann aber stets eine große Anzahl ein-
zelner Vorstellungsinhalte. So bleibt denn nichts anderes
übrig, als dass irgend eine einzelne Vorstellung als Stell-
vertreterin des Begriffs gewählt wird. Dadurch gewinnen
dann die Begriffsvorstellungen wieder eine größere Bestimmt-
heit. Es verbindet sich aber freilich zugleich mit jeder
solchen Vorstellung das in der Regel nur in der Form eines
eigenthümlichen Gefühls zum Ausdruck kommende Bewusst-
sein der bloß stellvertretenden Bedeutung. Dieses Begriffs-
gefühl
lässt sich wohl darauf zurückführen, dass dunklere
Vorstellungen, die sämmtlich zur Vertretung des Begriffs
geeignete Eigenschaften besitzen, sich in der Form wech-
selnder Erinnerungsbilder zur Auffassung drängen. Hierfür
spricht besonders die Thatsache, dass das Begriffsgefühl so
lange sehr intensiv ist, als irgend eine der concreten Ver-
wirklichungen des allgemeinen Begriffs als repräsentative

III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde.
oder einem Zustand, oder setzt sie verschiedene Gegenstände
zu einander in Beziehung. Da nun hierbei der einzelne
Begriff eigentlich niemals isolirt vorgestellt werden kann,
insofern er in dem Ganzen der Vorstellung stets an einen
andern Begriff oder eine Mehrheit anderer Begriffe gebunden
ist, so unterscheiden sich die Begriffsvorstellungen in sehr
auffallender Weise durch ihre Unbestimmtheit und Ver-
änderlichkeit von den Phantasievorstellungen. Diese Un-
bestimmtheit wird dann wesentlich noch dadurch vermehrt,
dass sich in Folge des übereinstimmenden Ablaufs verschie-
dener Urtheilsgliederungen solche Begriffe bilden, die als Be-
standtheile vieler in ihrer concreten Beschaffenheit variabler
Vorstellungen vorkommen, so dass ein einzelner Begriff
in unabsehbar vielen einzelnen Abwandlungen existirt. Sol-
chen Allgemeinbegriffen, die wegen der Ausdehnung
der beziehenden Analyse auf verschiedene Urtheilsinhalte,
bald die überwiegende Mehrheit der Begriffe überhaupt
bilden, entpricht dann aber stets eine große Anzahl ein-
zelner Vorstellungsinhalte. So bleibt denn nichts anderes
übrig, als dass irgend eine einzelne Vorstellung als Stell-
vertreterin des Begriffs gewählt wird. Dadurch gewinnen
dann die Begriffsvorstellungen wieder eine größere Bestimmt-
heit. Es verbindet sich aber freilich zugleich mit jeder
solchen Vorstellung das in der Regel nur in der Form eines
eigenthümlichen Gefühls zum Ausdruck kommende Bewusst-
sein der bloß stellvertretenden Bedeutung. Dieses Begriffs-
gefühl
lässt sich wohl darauf zurückführen, dass dunklere
Vorstellungen, die sämmtlich zur Vertretung des Begriffs
geeignete Eigenschaften besitzen, sich in der Form wech-
selnder Erinnerungsbilder zur Auffassung drängen. Hierfür
spricht besonders die Thatsache, dass das Begriffsgefühl so
lange sehr intensiv ist, als irgend eine der concreten Ver-
wirklichungen des allgemeinen Begriffs als repräsentative

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[312/0328] III. Der Zusammenhang der psychischen Gebilde. oder einem Zustand, oder setzt sie verschiedene Gegenstände zu einander in Beziehung. Da nun hierbei der einzelne Begriff eigentlich niemals isolirt vorgestellt werden kann, insofern er in dem Ganzen der Vorstellung stets an einen andern Begriff oder eine Mehrheit anderer Begriffe gebunden ist, so unterscheiden sich die Begriffsvorstellungen in sehr auffallender Weise durch ihre Unbestimmtheit und Ver- änderlichkeit von den Phantasievorstellungen. Diese Un- bestimmtheit wird dann wesentlich noch dadurch vermehrt, dass sich in Folge des übereinstimmenden Ablaufs verschie- dener Urtheilsgliederungen solche Begriffe bilden, die als Be- standtheile vieler in ihrer concreten Beschaffenheit variabler Vorstellungen vorkommen, so dass ein einzelner Begriff in unabsehbar vielen einzelnen Abwandlungen existirt. Sol- chen Allgemeinbegriffen, die wegen der Ausdehnung der beziehenden Analyse auf verschiedene Urtheilsinhalte, bald die überwiegende Mehrheit der Begriffe überhaupt bilden, entpricht dann aber stets eine große Anzahl ein- zelner Vorstellungsinhalte. So bleibt denn nichts anderes übrig, als dass irgend eine einzelne Vorstellung als Stell- vertreterin des Begriffs gewählt wird. Dadurch gewinnen dann die Begriffsvorstellungen wieder eine größere Bestimmt- heit. Es verbindet sich aber freilich zugleich mit jeder solchen Vorstellung das in der Regel nur in der Form eines eigenthümlichen Gefühls zum Ausdruck kommende Bewusst- sein der bloß stellvertretenden Bedeutung. Dieses Begriffs- gefühl lässt sich wohl darauf zurückführen, dass dunklere Vorstellungen, die sämmtlich zur Vertretung des Begriffs geeignete Eigenschaften besitzen, sich in der Form wech- selnder Erinnerungsbilder zur Auffassung drängen. Hierfür spricht besonders die Thatsache, dass das Begriffsgefühl so lange sehr intensiv ist, als irgend eine der concreten Ver- wirklichungen des allgemeinen Begriffs als repräsentative

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/328>, abgerufen am 24.11.2024.