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Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896.

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§ 5. Hauptformen und allgemeine Eigenschaften etc.
scheinlich durchaus nur auf einer Uebertragung der beglei-
tenden Gefühle.

Dieses dritte Unterscheidungsmerkmal weist entschieden
darauf hin, dass der Ursprung der Gefühle ein einheit-
licher
ist, gegenüber den auf einer Mehrheit verschiedener
zum Theil von einander isolirbarer Bedingungen beruhenden
Empfindungen, wie denn ja auch die unmittelbare Beziehung
der Gefühle auf das Subject, der Empfindungen auf die Ob-
jecte in der Gegenüberstellung jenes als einer Einheit und
dieser als einer Vielheit auf den gleichen Unterschied hinweist.

6a. Die Bezeichnungen "Empfindung" und "Gefühl" haben
erst in der neueren Psychologie die ihnen in den obigen Begriffs-
bestimmungen angewiesene Bedeutung gewonnen. In der älteren
psychologischen Literatur werden sie theils mangelhaft unter-
schieden, theils sogar mit einander vertauscht; ebenso werden
von den Physiologen noch jetzt gewisse Empfindungen, nämlich
die des Tastsinns und der inneren Organe, als Gefühle und darum
auch der Tastsinn selbst als der "Gefühlssinn" bezeichnet. Mag
dies aber auch der ursprünglichen Wortbedeutung Fühlen =
Tasten entsprechen, so sollten doch, nachdem einmal jene zweck-
mäßige Differenzirung der Bedeutungen eingetreten ist, derartige
Vermengungen vermieden werden. Ferner wird das Wort
"Empfindung" selbst von Psychologen nicht bloß für einfache,
sondern auch für zusammengesetzte Qualitäten, wie z. B. für
Zusammenklänge, für räumliche und zeitliche Vorstellungen,
gebraucht. Da wir für diese zusammengesetzten Gebilde ohnehin
schon die vollkommen geeignete Bezeichnung "Vorstellungen"
besitzen, so ist aber die Einschränkung des Begriffs der Em-
pfindung auf die psychologisch einfachen Sinnesqualitäten zweck-
mäßiger. Zuweilen hat man endlich auch den Begriff "Empfindung"
auf solche Erregungen eingeschränkt, die direct von äußeren
Sinnesreizen herrühren. Da für die psychologischen Eigenschaften
der Empfindung dieser Umstand irrelevant ist, so ist jedoch eine
solche Begrenzung des Begriffs nicht zu rechtfertigen.

Die concrete Unterscheidung der Empfindungs- und Gefühls-
elemente wird durch die Existenz der Indifferenzzone der Gefühle

§ 5. Hauptformen und allgemeine Eigenschaften etc.
scheinlich durchaus nur auf einer Uebertragung der beglei-
tenden Gefühle.

Dieses dritte Unterscheidungsmerkmal weist entschieden
darauf hin, dass der Ursprung der Gefühle ein einheit-
licher
ist, gegenüber den auf einer Mehrheit verschiedener
zum Theil von einander isolirbarer Bedingungen beruhenden
Empfindungen, wie denn ja auch die unmittelbare Beziehung
der Gefühle auf das Subject, der Empfindungen auf die Ob-
jecte in der Gegenüberstellung jenes als einer Einheit und
dieser als einer Vielheit auf den gleichen Unterschied hinweist.

6a. Die Bezeichnungen »Empfindung« und »Gefühl« haben
erst in der neueren Psychologie die ihnen in den obigen Begriffs-
bestimmungen angewiesene Bedeutung gewonnen. In der älteren
psychologischen Literatur werden sie theils mangelhaft unter-
schieden, theils sogar mit einander vertauscht; ebenso werden
von den Physiologen noch jetzt gewisse Empfindungen, nämlich
die des Tastsinns und der inneren Organe, als Gefühle und darum
auch der Tastsinn selbst als der »Gefühlssinn« bezeichnet. Mag
dies aber auch der ursprünglichen Wortbedeutung Fühlen =
Tasten entsprechen, so sollten doch, nachdem einmal jene zweck-
mäßige Differenzirung der Bedeutungen eingetreten ist, derartige
Vermengungen vermieden werden. Ferner wird das Wort
»Empfindung« selbst von Psychologen nicht bloß für einfache,
sondern auch für zusammengesetzte Qualitäten, wie z. B. für
Zusammenklänge, für räumliche und zeitliche Vorstellungen,
gebraucht. Da wir für diese zusammengesetzten Gebilde ohnehin
schon die vollkommen geeignete Bezeichnung »Vorstellungen«
besitzen, so ist aber die Einschränkung des Begriffs der Em-
pfindung auf die psychologisch einfachen Sinnesqualitäten zweck-
mäßiger. Zuweilen hat man endlich auch den Begriff »Empfindung«
auf solche Erregungen eingeschränkt, die direct von äußeren
Sinnesreizen herrühren. Da für die psychologischen Eigenschaften
der Empfindung dieser Umstand irrelevant ist, so ist jedoch eine
solche Begrenzung des Begriffs nicht zu rechtfertigen.

Die concrete Unterscheidung der Empfindungs- und Gefühls-
elemente wird durch die Existenz der Indifferenzzone der Gefühle

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[43/0059] § 5. Hauptformen und allgemeine Eigenschaften etc. scheinlich durchaus nur auf einer Uebertragung der beglei- tenden Gefühle. Dieses dritte Unterscheidungsmerkmal weist entschieden darauf hin, dass der Ursprung der Gefühle ein einheit- licher ist, gegenüber den auf einer Mehrheit verschiedener zum Theil von einander isolirbarer Bedingungen beruhenden Empfindungen, wie denn ja auch die unmittelbare Beziehung der Gefühle auf das Subject, der Empfindungen auf die Ob- jecte in der Gegenüberstellung jenes als einer Einheit und dieser als einer Vielheit auf den gleichen Unterschied hinweist. 6a. Die Bezeichnungen »Empfindung« und »Gefühl« haben erst in der neueren Psychologie die ihnen in den obigen Begriffs- bestimmungen angewiesene Bedeutung gewonnen. In der älteren psychologischen Literatur werden sie theils mangelhaft unter- schieden, theils sogar mit einander vertauscht; ebenso werden von den Physiologen noch jetzt gewisse Empfindungen, nämlich die des Tastsinns und der inneren Organe, als Gefühle und darum auch der Tastsinn selbst als der »Gefühlssinn« bezeichnet. Mag dies aber auch der ursprünglichen Wortbedeutung Fühlen = Tasten entsprechen, so sollten doch, nachdem einmal jene zweck- mäßige Differenzirung der Bedeutungen eingetreten ist, derartige Vermengungen vermieden werden. Ferner wird das Wort »Empfindung« selbst von Psychologen nicht bloß für einfache, sondern auch für zusammengesetzte Qualitäten, wie z. B. für Zusammenklänge, für räumliche und zeitliche Vorstellungen, gebraucht. Da wir für diese zusammengesetzten Gebilde ohnehin schon die vollkommen geeignete Bezeichnung »Vorstellungen« besitzen, so ist aber die Einschränkung des Begriffs der Em- pfindung auf die psychologisch einfachen Sinnesqualitäten zweck- mäßiger. Zuweilen hat man endlich auch den Begriff »Empfindung« auf solche Erregungen eingeschränkt, die direct von äußeren Sinnesreizen herrühren. Da für die psychologischen Eigenschaften der Empfindung dieser Umstand irrelevant ist, so ist jedoch eine solche Begrenzung des Begriffs nicht zu rechtfertigen. Die concrete Unterscheidung der Empfindungs- und Gefühls- elemente wird durch die Existenz der Indifferenzzone der Gefühle

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Grundriss der Psychologie. Leipzig, 1896, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_grundriss_1896/59>, abgerufen am 24.11.2024.