Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.Von den durch die Schwerkraft erzeugten Bewegungen der festen Körper. müssen sich verhalten umgekehrt wie die Quadrate ihrer Abstände von der Drehungs-axe. Nennt man m diejenige Masse, die im Abstand 1 von der Drehungsaxe befind- lich ist, und m1 eine andere Masse in dem Abstand r1, so muss m1 r12 = m sein. Wenn wir demnach das ganze Pendel so in Massenpunkte zerlegen, dass die sämmt- lichen Producte m1 r12, m2 r22 u. s. w. einander gleich sind, so ist jedes dieser Pro- ducte gleich derjenigen Masse, welche im Abstand 1 von der Drehungsaxe die näm- liche Wirkung erzeugen würde. Wir können auf diese Weise die ganze Masse des Pendels uns in der Einheit des Abstands von der Drehungsaxe durch eine Masse m1 r12 + m2 r22 + m3 r32 .... ersetzt denken, wobei die Bildung dieser Producte sich auf sämmtliche Massenpunkte erstrecken muss. Das Product einer Masse in das Quadrat ihres Abstandes von der Drehungsaxe Von den durch die Schwerkraft erzeugten Bewegungen der festen Körper. müssen sich verhalten umgekehrt wie die Quadrate ihrer Abstände von der Drehungs-axe. Nennt man m diejenige Masse, die im Abstand 1 von der Drehungsaxe befind- lich ist, und m1 eine andere Masse in dem Abstand r1, so muss m1 r12 = m sein. Wenn wir demnach das ganze Pendel so in Massenpunkte zerlegen, dass die sämmt- lichen Producte m1 r12, m2 r22 u. s. w. einander gleich sind, so ist jedes dieser Pro- ducte gleich derjenigen Masse, welche im Abstand 1 von der Drehungsaxe die näm- liche Wirkung erzeugen würde. Wir können auf diese Weise die ganze Masse des Pendels uns in der Einheit des Abstands von der Drehungsaxe durch eine Masse m1 r12 + m2 r22 + m3 r32 .... ersetzt denken, wobei die Bildung dieser Producte sich auf sämmtliche Massenpunkte erstrecken muss. Das Product einer Masse in das Quadrat ihres Abstandes von der Drehungsaxe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0101" n="79"/><fw place="top" type="header">Von den durch die Schwerkraft erzeugten Bewegungen der festen Körper.</fw><lb/> müssen sich verhalten umgekehrt wie die Quadrate ihrer Abstände von der Drehungs-<lb/> axe. Nennt man m diejenige Masse, die im Abstand 1 von der Drehungsaxe befind-<lb/> lich ist, und m<hi rendition="#sub">1</hi> eine andere Masse in dem Abstand r<hi rendition="#sub">1</hi>, so muss m<hi rendition="#sub">1</hi> r<hi rendition="#sub">1</hi><hi rendition="#sup">2</hi> = m sein.<lb/> Wenn wir demnach das ganze Pendel so in Massenpunkte zerlegen, dass die sämmt-<lb/> lichen Producte m<hi rendition="#sub">1</hi> r<hi rendition="#sub">1</hi><hi rendition="#sup">2</hi>, m<hi rendition="#sub">2</hi> r<hi rendition="#sub">2</hi><hi rendition="#sup">2</hi> u. s. w. einander gleich sind, so ist jedes dieser Pro-<lb/> ducte gleich derjenigen Masse, welche im Abstand 1 von der Drehungsaxe die näm-<lb/> liche Wirkung erzeugen würde. Wir können auf diese Weise die ganze Masse des<lb/> Pendels uns in der Einheit des Abstands von der Drehungsaxe durch eine Masse<lb/> m<hi rendition="#sub">1</hi> r<hi rendition="#sub">1</hi><hi rendition="#sup">2</hi> + m<hi rendition="#sub">2</hi> r<hi rendition="#sub">2</hi><hi rendition="#sup">2</hi> + m<hi rendition="#sub">3</hi> r<hi rendition="#sub">3</hi><hi rendition="#sup">2</hi> .... ersetzt denken, wobei die Bildung dieser Producte<lb/> sich auf sämmtliche Massenpunkte erstrecken muss.</p><lb/> <p>Das Product einer Masse in das Quadrat ihres Abstandes von der Drehungsaxe<lb/> nennt man das <hi rendition="#g">Trägheitsmoment</hi> dieser Masse. Man hat diese Bezeichnung dess-<lb/> halb gewählt, weil nach den in §. 25 entwickelten Gesetzen die Beschleunigung, welche<lb/> eine gegebene Kraft P erzeugt, durch den Bruch <formula/> gemessen wird, demnach um so<lb/> kleiner ist, je grösser die Masse, auf welche die Kraft wirkt. Nun geht aber aus der<lb/> obigen Erörterung hervor, dass die Ermittelung der Trägheitsmomente aller einzelnen<lb/> Punkte eines Körpers nichts anderes bedeutet, als dass man sich die ganze Masse des<lb/> Körpers in einem einzigen Punkt vereinigt denkt; und je grösser die Summe der<lb/> Trägheitsmomente, um so grösser wird jene vereinigte Masse, um so kleiner also die<lb/> Beschleunigung sein, welche die gegebene Kraft erzeugt. Die Reihe m<hi rendition="#sub">1</hi> r<hi rendition="#sub">1</hi><hi rendition="#sup">2</hi> + m<hi rendition="#sub">2</hi> r<hi rendition="#sub">2</hi><hi rendition="#sup">2</hi><lb/> + m<hi rendition="#sub">3</hi> r<hi rendition="#sub">3</hi><hi rendition="#sup">2</hi> .... pflegt man durch <hi rendition="#i">Σ</hi> m r<hi rendition="#sup">2</hi> zu bezeichnen, wobei das Zeichen <hi rendition="#i">Σ</hi> andeuten<lb/> soll, dass man unter ihm eine grosse Summe einzelner Glieder zusammenfasst. Das<lb/> Trägheitsmoment <hi rendition="#i">Σ</hi> m r<hi rendition="#sup">2</hi> ist also die Masse des Pendels reducirt auf den Abstand 1<lb/> von der Drehungsaxe. Nun wirkt aber die Kraft p nicht in der Entfernung 1, son-<lb/> dern im Schwerpunkt, in der Entfernung s von der Drehungsaxe. Wir müssen also,<lb/> um die Beschleunigung zu ermitteln, die Masse aus der Entfernung 1 in die Entfer-<lb/> nung s verlegt denken. In dieser ist nun offenbar eine Masse M dann der der vori-<lb/> gen gleichwerthig, wenn M s<hi rendition="#sup">2</hi> = <hi rendition="#i">Σ</hi> m r<hi rendition="#sup">2</hi> ist. Daraus bestimmt sich die Masse M =<lb/><formula/>. Auf diese Masse wirkt die Kraft p ein und ertheilt ihr eine Beschleunigung<lb/><formula/>. Wenn wir das physische Pendel an der Stelle des mathemati-<lb/> schen anwenden, so haben wir daher in der Gleichung <formula/> diesen Werth<lb/> an die Stelle der Beschleunigung g, und den Abstand s des Schwerpunktes von der<lb/> Drehungsaxe an die Stelle der Pendellänge 1 zu setzen. Es ergiebt sich so<lb/><hi rendition="#c"><formula/></hi> Da das Gewicht p gleich dem Product der Masse des ganzen Körpers in die Be-<lb/> schleunigung durch die Schwere ist, so kann man hierin noch p = g. <hi rendition="#i">Σ</hi> m setzen.<lb/> Es ist also<lb/><hi rendition="#et"><formula/></hi> Daraus folgt, dass die Länge eines mathematischen Pendels, dessen Schwingungsdauer<lb/> derjenigen des physischen gleichkommt, <formula/> ist. Man nennt daher am<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [79/0101]
Von den durch die Schwerkraft erzeugten Bewegungen der festen Körper.
müssen sich verhalten umgekehrt wie die Quadrate ihrer Abstände von der Drehungs-
axe. Nennt man m diejenige Masse, die im Abstand 1 von der Drehungsaxe befind-
lich ist, und m1 eine andere Masse in dem Abstand r1, so muss m1 r12 = m sein.
Wenn wir demnach das ganze Pendel so in Massenpunkte zerlegen, dass die sämmt-
lichen Producte m1 r12, m2 r22 u. s. w. einander gleich sind, so ist jedes dieser Pro-
ducte gleich derjenigen Masse, welche im Abstand 1 von der Drehungsaxe die näm-
liche Wirkung erzeugen würde. Wir können auf diese Weise die ganze Masse des
Pendels uns in der Einheit des Abstands von der Drehungsaxe durch eine Masse
m1 r12 + m2 r22 + m3 r32 .... ersetzt denken, wobei die Bildung dieser Producte
sich auf sämmtliche Massenpunkte erstrecken muss.
Das Product einer Masse in das Quadrat ihres Abstandes von der Drehungsaxe
nennt man das Trägheitsmoment dieser Masse. Man hat diese Bezeichnung dess-
halb gewählt, weil nach den in §. 25 entwickelten Gesetzen die Beschleunigung, welche
eine gegebene Kraft P erzeugt, durch den Bruch [FORMEL] gemessen wird, demnach um so
kleiner ist, je grösser die Masse, auf welche die Kraft wirkt. Nun geht aber aus der
obigen Erörterung hervor, dass die Ermittelung der Trägheitsmomente aller einzelnen
Punkte eines Körpers nichts anderes bedeutet, als dass man sich die ganze Masse des
Körpers in einem einzigen Punkt vereinigt denkt; und je grösser die Summe der
Trägheitsmomente, um so grösser wird jene vereinigte Masse, um so kleiner also die
Beschleunigung sein, welche die gegebene Kraft erzeugt. Die Reihe m1 r12 + m2 r22
+ m3 r32 .... pflegt man durch Σ m r2 zu bezeichnen, wobei das Zeichen Σ andeuten
soll, dass man unter ihm eine grosse Summe einzelner Glieder zusammenfasst. Das
Trägheitsmoment Σ m r2 ist also die Masse des Pendels reducirt auf den Abstand 1
von der Drehungsaxe. Nun wirkt aber die Kraft p nicht in der Entfernung 1, son-
dern im Schwerpunkt, in der Entfernung s von der Drehungsaxe. Wir müssen also,
um die Beschleunigung zu ermitteln, die Masse aus der Entfernung 1 in die Entfer-
nung s verlegt denken. In dieser ist nun offenbar eine Masse M dann der der vori-
gen gleichwerthig, wenn M s2 = Σ m r2 ist. Daraus bestimmt sich die Masse M =
[FORMEL]. Auf diese Masse wirkt die Kraft p ein und ertheilt ihr eine Beschleunigung
[FORMEL]. Wenn wir das physische Pendel an der Stelle des mathemati-
schen anwenden, so haben wir daher in der Gleichung [FORMEL] diesen Werth
an die Stelle der Beschleunigung g, und den Abstand s des Schwerpunktes von der
Drehungsaxe an die Stelle der Pendellänge 1 zu setzen. Es ergiebt sich so
[FORMEL] Da das Gewicht p gleich dem Product der Masse des ganzen Körpers in die Be-
schleunigung durch die Schwere ist, so kann man hierin noch p = g. Σ m setzen.
Es ist also
[FORMEL] Daraus folgt, dass die Länge eines mathematischen Pendels, dessen Schwingungsdauer
derjenigen des physischen gleichkommt, [FORMEL] ist. Man nennt daher am
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |