Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

Bild:
<< vorherige Seite

Von der Schwere.
Der Spiegel des Meeres entspricht daher der Oberfläche des Erd-
ellipsoids.

Sechstes Capitel.
Druck und Gleichgewicht der Flüssigkeiten.

67
Fortpflanzung
des Drucks in
Flüssigkeiten.

Isolirt muss jedes Flüssigkeitstheilchen gerade so wie ein fester
Körper gegen den Erdmittelpunkt fallen und, wenn es durch eine Un-
terlage daran gehindert ist, auf diese Unterlage einen der Grösse
seiner Masse entsprechenden Druck ausüben. Wenn sich nun eine

[Abbildung] Fig. 37.
aus sehr vielen solcher Theilchen bestehende
Flüssigkeit in einem Gefässe A B befindet
(Fig. 37), so bildet für die oberste Flüssig-
keitsschichte a b die zweite Flüssigkeits-
schichte c d die Unterlage, die dritte Schichte
e f bildet für die beiden Schichten a b und
c d die Unterlage u. s. f., bis endlich auf
der untersten Schichte m n die ganze Masse
von a b bis m n ruht, und diese Masse ein-
schliesslich der Schichte m n selbst ruht zuletzt auf dem Boden o p
des Gefässes. Dieser erfährt also einen Druck, der dem Gewicht
der ganzen Flüssigkeit a b m n gleich ist. Ebenso erfährt aber irgend
eine Schichte i k der Flüssigkeit selber einen Druck, welcher dem
Gewicht der über ihr stehenden Flüssigkeitsmasse a b i k gleich ist.
Jrgend ein kleines Stück x y des Bodens wird dagegen nur durch
die Flüssigkeitssäule h l x y, und ein Stück r s der Schichte i k
durch die Flüssigkeitssäule h l r s belastet. Die Pressung, die ein
beliebiges Theilchen innerhalb einer Flüssigkeit erfährt, ist einfach
gleich dem Gewicht aller der Flüssigkeitstheilchen, die auf ihr liegen.
Nun haben wir aber gesehen, dass jedes Theilchen innerhalb einer
Flüssigkeit durch die geringsten äusseren Kräfte nach jeder Richtung
verschiebbar ist. Das Theilchen r würde z. B. in Folge des Drucks,
den die Flüssigkeitssäule r h auf dasselbe ausübt, ebenso gut in der
Richtung r x als in der Richtung r k oder r i ausweichen, wenn es
nicht durch die ringsum gelagerten andern Theilchen daran gehindert
würde. Da es nun nicht ausweichen kann, so übt es auf die sämmt-
lichen unten und zur Seite gelagerten Theilchen einen Druck aus, der
dem Gewicht der Säule h r entspricht. Auch irgend ein Punkt a der
Seitenwand des Gefässes erfährt also einen Druck, welcher der Höhe
a a entspricht, und eine grössere Fläche a b dieser Wand erfährt ei-
nen Druck, der dem Druck der sämmtlichen an a b stossenden Theil-
chen entspricht, der also durch das Gewicht einer Flüssigkeitssäule
gemessen wird, welche das Flächenstück a b zu ihrer Basis und die
von der Mitte g dieses Flächenstücks an bis zur Oberfläche der Flüs-

Von der Schwere.
Der Spiegel des Meeres entspricht daher der Oberfläche des Erd-
ellipsoids.

Sechstes Capitel.
Druck und Gleichgewicht der Flüssigkeiten.

67
Fortpflanzung
des Drucks in
Flüssigkeiten.

Isolirt muss jedes Flüssigkeitstheilchen gerade so wie ein fester
Körper gegen den Erdmittelpunkt fallen und, wenn es durch eine Un-
terlage daran gehindert ist, auf diese Unterlage einen der Grösse
seiner Masse entsprechenden Druck ausüben. Wenn sich nun eine

[Abbildung] Fig. 37.
aus sehr vielen solcher Theilchen bestehende
Flüssigkeit in einem Gefässe A B befindet
(Fig. 37), so bildet für die oberste Flüssig-
keitsschichte a b die zweite Flüssigkeits-
schichte c d die Unterlage, die dritte Schichte
e f bildet für die beiden Schichten a b und
c d die Unterlage u. s. f., bis endlich auf
der untersten Schichte m n die ganze Masse
von a b bis m n ruht, und diese Masse ein-
schliesslich der Schichte m n selbst ruht zuletzt auf dem Boden o p
des Gefässes. Dieser erfährt also einen Druck, der dem Gewicht
der ganzen Flüssigkeit a b m n gleich ist. Ebenso erfährt aber irgend
eine Schichte i k der Flüssigkeit selber einen Druck, welcher dem
Gewicht der über ihr stehenden Flüssigkeitsmasse a b i k gleich ist.
Jrgend ein kleines Stück x y des Bodens wird dagegen nur durch
die Flüssigkeitssäule h l x y, und ein Stück r s der Schichte i k
durch die Flüssigkeitssäule h l r s belastet. Die Pressung, die ein
beliebiges Theilchen innerhalb einer Flüssigkeit erfährt, ist einfach
gleich dem Gewicht aller der Flüssigkeitstheilchen, die auf ihr liegen.
Nun haben wir aber gesehen, dass jedes Theilchen innerhalb einer
Flüssigkeit durch die geringsten äusseren Kräfte nach jeder Richtung
verschiebbar ist. Das Theilchen r würde z. B. in Folge des Drucks,
den die Flüssigkeitssäule r h auf dasselbe ausübt, ebenso gut in der
Richtung r x als in der Richtung r k oder r i ausweichen, wenn es
nicht durch die ringsum gelagerten andern Theilchen daran gehindert
würde. Da es nun nicht ausweichen kann, so übt es auf die sämmt-
lichen unten und zur Seite gelagerten Theilchen einen Druck aus, der
dem Gewicht der Säule h r entspricht. Auch irgend ein Punkt α der
Seitenwand des Gefässes erfährt also einen Druck, welcher der Höhe
a α entspricht, und eine grössere Fläche α β dieser Wand erfährt ei-
nen Druck, der dem Druck der sämmtlichen an α β stossenden Theil-
chen entspricht, der also durch das Gewicht einer Flüssigkeitssäule
gemessen wird, welche das Flächenstück α β zu ihrer Basis und die
von der Mitte γ dieses Flächenstücks an bis zur Oberfläche der Flüs-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0116" n="94"/><fw place="top" type="header">Von der Schwere.</fw><lb/>
Der Spiegel des Meeres entspricht daher der Oberfläche des Erd-<lb/>
ellipsoids.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head><hi rendition="#g">Sechstes Capitel</hi>.<lb/>
Druck und Gleichgewicht der Flüssigkeiten.</head><lb/>
            <note place="left">67<lb/>
Fortpflanzung<lb/>
des Drucks in<lb/>
Flüssigkeiten.</note>
            <p>Isolirt muss jedes Flüssigkeitstheilchen gerade so wie ein fester<lb/>
Körper gegen den Erdmittelpunkt fallen und, wenn es durch eine Un-<lb/>
terlage daran gehindert ist, auf diese Unterlage einen der Grösse<lb/>
seiner Masse entsprechenden Druck ausüben. Wenn sich nun eine<lb/><figure><head>Fig. 37.</head></figure><lb/>
aus sehr vielen solcher Theilchen bestehende<lb/>
Flüssigkeit in einem Gefässe A B befindet<lb/>
(Fig. 37), so bildet für die oberste Flüssig-<lb/>
keitsschichte a b die zweite Flüssigkeits-<lb/>
schichte c d die Unterlage, die dritte Schichte<lb/>
e f bildet für die <hi rendition="#g">beiden</hi> Schichten a b und<lb/>
c d die Unterlage u. s. f., bis endlich auf<lb/>
der untersten Schichte m n die ganze Masse<lb/>
von a b bis m n ruht, und diese Masse ein-<lb/>
schliesslich der Schichte m n selbst ruht zuletzt auf dem Boden o p<lb/>
des Gefässes. Dieser erfährt also einen Druck, der dem Gewicht<lb/>
der ganzen Flüssigkeit a b m n gleich ist. Ebenso erfährt aber irgend<lb/>
eine Schichte i k der Flüssigkeit selber einen Druck, welcher dem<lb/>
Gewicht der über ihr stehenden Flüssigkeitsmasse a b i k gleich ist.<lb/>
Jrgend ein kleines Stück x y des Bodens wird dagegen nur durch<lb/>
die Flüssigkeitssäule h l x y, und ein Stück r s der Schichte i k<lb/>
durch die Flüssigkeitssäule h l r s belastet. Die Pressung, die ein<lb/>
beliebiges Theilchen innerhalb einer Flüssigkeit erfährt, ist einfach<lb/>
gleich dem Gewicht aller der Flüssigkeitstheilchen, die auf ihr liegen.<lb/>
Nun haben wir aber gesehen, dass jedes Theilchen innerhalb einer<lb/>
Flüssigkeit durch die geringsten äusseren Kräfte nach jeder Richtung<lb/>
verschiebbar ist. Das Theilchen r würde z. B. in Folge des Drucks,<lb/>
den die Flüssigkeitssäule r h auf dasselbe ausübt, ebenso gut in der<lb/>
Richtung r x als in der Richtung r k oder r i ausweichen, wenn es<lb/>
nicht durch die ringsum gelagerten andern Theilchen daran gehindert<lb/>
würde. Da es nun nicht ausweichen kann, so übt es auf die sämmt-<lb/>
lichen unten und zur Seite gelagerten Theilchen einen Druck aus, der<lb/>
dem Gewicht der Säule h r entspricht. Auch irgend ein Punkt <hi rendition="#i">&#x03B1;</hi> der<lb/>
Seitenwand des Gefässes erfährt also einen Druck, welcher der Höhe<lb/>
a <hi rendition="#i">&#x03B1;</hi> entspricht, und eine grössere Fläche <hi rendition="#i">&#x03B1; &#x03B2;</hi> dieser Wand erfährt ei-<lb/>
nen Druck, der dem Druck der sämmtlichen an <hi rendition="#i">&#x03B1; &#x03B2;</hi> stossenden Theil-<lb/>
chen entspricht, der also durch das Gewicht einer Flüssigkeitssäule<lb/>
gemessen wird, welche das Flächenstück <hi rendition="#i">&#x03B1; &#x03B2;</hi> zu ihrer Basis und die<lb/>
von der Mitte <hi rendition="#i">&#x03B3;</hi> dieses Flächenstücks an bis zur Oberfläche der Flüs-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0116] Von der Schwere. Der Spiegel des Meeres entspricht daher der Oberfläche des Erd- ellipsoids. Sechstes Capitel. Druck und Gleichgewicht der Flüssigkeiten. Isolirt muss jedes Flüssigkeitstheilchen gerade so wie ein fester Körper gegen den Erdmittelpunkt fallen und, wenn es durch eine Un- terlage daran gehindert ist, auf diese Unterlage einen der Grösse seiner Masse entsprechenden Druck ausüben. Wenn sich nun eine [Abbildung Fig. 37.] aus sehr vielen solcher Theilchen bestehende Flüssigkeit in einem Gefässe A B befindet (Fig. 37), so bildet für die oberste Flüssig- keitsschichte a b die zweite Flüssigkeits- schichte c d die Unterlage, die dritte Schichte e f bildet für die beiden Schichten a b und c d die Unterlage u. s. f., bis endlich auf der untersten Schichte m n die ganze Masse von a b bis m n ruht, und diese Masse ein- schliesslich der Schichte m n selbst ruht zuletzt auf dem Boden o p des Gefässes. Dieser erfährt also einen Druck, der dem Gewicht der ganzen Flüssigkeit a b m n gleich ist. Ebenso erfährt aber irgend eine Schichte i k der Flüssigkeit selber einen Druck, welcher dem Gewicht der über ihr stehenden Flüssigkeitsmasse a b i k gleich ist. Jrgend ein kleines Stück x y des Bodens wird dagegen nur durch die Flüssigkeitssäule h l x y, und ein Stück r s der Schichte i k durch die Flüssigkeitssäule h l r s belastet. Die Pressung, die ein beliebiges Theilchen innerhalb einer Flüssigkeit erfährt, ist einfach gleich dem Gewicht aller der Flüssigkeitstheilchen, die auf ihr liegen. Nun haben wir aber gesehen, dass jedes Theilchen innerhalb einer Flüssigkeit durch die geringsten äusseren Kräfte nach jeder Richtung verschiebbar ist. Das Theilchen r würde z. B. in Folge des Drucks, den die Flüssigkeitssäule r h auf dasselbe ausübt, ebenso gut in der Richtung r x als in der Richtung r k oder r i ausweichen, wenn es nicht durch die ringsum gelagerten andern Theilchen daran gehindert würde. Da es nun nicht ausweichen kann, so übt es auf die sämmt- lichen unten und zur Seite gelagerten Theilchen einen Druck aus, der dem Gewicht der Säule h r entspricht. Auch irgend ein Punkt α der Seitenwand des Gefässes erfährt also einen Druck, welcher der Höhe a α entspricht, und eine grössere Fläche α β dieser Wand erfährt ei- nen Druck, der dem Druck der sämmtlichen an α β stossenden Theil- chen entspricht, der also durch das Gewicht einer Flüssigkeitssäule gemessen wird, welche das Flächenstück α β zu ihrer Basis und die von der Mitte γ dieses Flächenstücks an bis zur Oberfläche der Flüs-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/116
Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/116>, abgerufen am 04.12.2024.