welche die Randstrahlen mit den Einfallslothen bilden, grösser werden. Wo man sich zu optischen Zwecken der Linse bedient, ist es natür- lich das Streben die Grösse der sphärischen Abweichung möglichst zu verkleinern. Das geeignetste Mittel hierzu wäre dieses, dass man der Oberfläche der Linse keine sphärische Krümmung ertheilte, son- dern eine solche, bei welcher der Scheitel einen stärkeren Krümmungs- radius besässe als die Randtbeile. Eine elliptische oder parabolische Krümmung würde dies leisten. Bei einer solchen nämlich (s. die punktirte Linie in Fig. 109) würden offenbar die Centralstrahlen nahe-
[Abbildung]
Fig. 109.
hin ebenso grosse Winkel mit den Einfallslothen bilden wie die Rand- strahlen, und es würden sich also alle Strahlen in dem Punkte c ver- einigen können, während, wenn die zwei Linsenflächen kugelförmig gekrümmt sind, die Randstrahlen sich schon in d vereinigen. Die Schleifung elliptischer und parabolischer Flächen bietet aber bis jetzt so grosse Schwierigkeiten, dass dieselben noch nicht in Anwendung gekommen sind.
Die sphärische Aberration ist ausserdem von dem Brechungs- vermögen der Substanz der Linse abhängig, und zwar wird sie offen- bar um so kleiner werden, je grösser das Brechungsvermögen dieser Substanz ist. Denn denken wir uns, eine Substanz wäre so stark brechend, dass für alle Strahlen der Brechungswinkel b null würde, dass also der gebrochene Strahl mit dem Einfallsloth zusammenfiele, so würden sich, wenn solches schon für die Centralstrahlen einträte, auch die Randstrahlen mit diesen im selben Punkt vereinigen, es wür- den dann alle gebrochenen Strahlen nach dem Krümmungsmittelpunkt gerichtet sein. Nun kann diese Grenze freilich niemals erreicht wer- den, denn es kann in dem Verhältniss
[Formel 1]
der Winkel b nie gleich null werden, weil sonst n unendlich gross würde. Aber das Verhältniss kann sich dieser idealen Grenze mehr oder weniger an- nähern, und es ist klar, dass, je mehr es sich ihr annähert, um so kleiner die Länge c d (Fig. 109) der sphärischen Aberration wird. Darum ist bei einer Flintglaslinse die Aberration kleiner als bei einer
Lichtbrechung durch Linsen.
welche die Randstrahlen mit den Einfallslothen bilden, grösser werden. Wo man sich zu optischen Zwecken der Linse bedient, ist es natür- lich das Streben die Grösse der sphärischen Abweichung möglichst zu verkleinern. Das geeignetste Mittel hierzu wäre dieses, dass man der Oberfläche der Linse keine sphärische Krümmung ertheilte, son- dern eine solche, bei welcher der Scheitel einen stärkeren Krümmungs- radius besässe als die Randtbeile. Eine elliptische oder parabolische Krümmung würde dies leisten. Bei einer solchen nämlich (s. die punktirte Linie in Fig. 109) würden offenbar die Centralstrahlen nahe-
[Abbildung]
Fig. 109.
hin ebenso grosse Winkel mit den Einfallslothen bilden wie die Rand- strahlen, und es würden sich also alle Strahlen in dem Punkte c ver- einigen können, während, wenn die zwei Linsenflächen kugelförmig gekrümmt sind, die Randstrahlen sich schon in d vereinigen. Die Schleifung elliptischer und parabolischer Flächen bietet aber bis jetzt so grosse Schwierigkeiten, dass dieselben noch nicht in Anwendung gekommen sind.
Die sphärische Aberration ist ausserdem von dem Brechungs- vermögen der Substanz der Linse abhängig, und zwar wird sie offen- bar um so kleiner werden, je grösser das Brechungsvermögen dieser Substanz ist. Denn denken wir uns, eine Substanz wäre so stark brechend, dass für alle Strahlen der Brechungswinkel β null würde, dass also der gebrochene Strahl mit dem Einfallsloth zusammenfiele, so würden sich, wenn solches schon für die Centralstrahlen einträte, auch die Randstrahlen mit diesen im selben Punkt vereinigen, es wür- den dann alle gebrochenen Strahlen nach dem Krümmungsmittelpunkt gerichtet sein. Nun kann diese Grenze freilich niemals erreicht wer- den, denn es kann in dem Verhältniss
[Formel 1]
der Winkel β nie gleich null werden, weil sonst n unendlich gross würde. Aber das Verhältniss kann sich dieser idealen Grenze mehr oder weniger an- nähern, und es ist klar, dass, je mehr es sich ihr annähert, um so kleiner die Länge c d (Fig. 109) der sphärischen Aberration wird. Darum ist bei einer Flintglaslinse die Aberration kleiner als bei einer
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Lichtbrechung durch Linsen.
welche die Randstrahlen mit den Einfallslothen bilden, grösser werden.
Wo man sich zu optischen Zwecken der Linse bedient, ist es natür-
lich das Streben die Grösse der sphärischen Abweichung möglichst
zu verkleinern. Das geeignetste Mittel hierzu wäre dieses, dass man
der Oberfläche der Linse keine sphärische Krümmung ertheilte, son-
dern eine solche, bei welcher der Scheitel einen stärkeren Krümmungs-
radius besässe als die Randtbeile. Eine elliptische oder parabolische
Krümmung würde dies leisten. Bei einer solchen nämlich (s. die
punktirte Linie in Fig. 109) würden offenbar die Centralstrahlen nahe-
[Abbildung Fig. 109.]
hin ebenso grosse Winkel mit den Einfallslothen bilden wie die Rand-
strahlen, und es würden sich also alle Strahlen in dem Punkte c ver-
einigen können, während, wenn die zwei Linsenflächen kugelförmig
gekrümmt sind, die Randstrahlen sich schon in d vereinigen. Die
Schleifung elliptischer und parabolischer Flächen bietet aber bis jetzt
so grosse Schwierigkeiten, dass dieselben noch nicht in Anwendung
gekommen sind.
Die sphärische Aberration ist ausserdem von dem Brechungs-
vermögen der Substanz der Linse abhängig, und zwar wird sie offen-
bar um so kleiner werden, je grösser das Brechungsvermögen dieser
Substanz ist. Denn denken wir uns, eine Substanz wäre so stark
brechend, dass für alle Strahlen der Brechungswinkel β null würde,
dass also der gebrochene Strahl mit dem Einfallsloth zusammenfiele,
so würden sich, wenn solches schon für die Centralstrahlen einträte,
auch die Randstrahlen mit diesen im selben Punkt vereinigen, es wür-
den dann alle gebrochenen Strahlen nach dem Krümmungsmittelpunkt
gerichtet sein. Nun kann diese Grenze freilich niemals erreicht wer-
den, denn es kann in dem Verhältniss [FORMEL] der Winkel β nie
gleich null werden, weil sonst n unendlich gross würde. Aber das
Verhältniss kann sich dieser idealen Grenze mehr oder weniger an-
nähern, und es ist klar, dass, je mehr es sich ihr annähert, um so
kleiner die Länge c d (Fig. 109) der sphärischen Aberration wird.
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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/253>, abgerufen am 16.07.2024.
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