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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867.

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Von dem Lichte.
den die Intensitäten beider Strahlen einander gleich sein, und, wenn
die Schwingungen im Strahl m o senkrecht auf die Ebene l m o er-
folgten, so würden nun die Schwingungen im Strahl i k sämmtlich
in der Ebene l m o stattfinden.


215
Theorie der
Polarisation
durch Reflexion
und Brechung.

Um die Erscheinungen der Polarisation durch Reflexion und Bre-
chung zu erklären, müssen wir offenbar annehmen, dass jede durch-
sichtige Substanz vorzugsweise solche Aetherschwingungen durchlässt,
die in der Einfallsebene oder parallel derselben erfolgen, und solche
reflectirt, die in einer auf die Einfallsebene senkrechten Rich-
tung stattfinden. Fällt daher auf eine Glasplatte Licht, dessen
Schwingungen sämmtlich in der Einfallsebene geschehen, so wird das-
selbe ungestört durch die Platte hindurchtreten. Erfolgen dagegen
die Schwingungen des Lichtes nach verschiedenen andern Richtungen,
so wird an der Oberfläche der Glasplatte eine solche Wirkung auf die
Schwingungen stattfinden, dass die Schwingungen im gebrochenen
Strahl im Sinne der Einfallsebene, die Schwingungen im reflectirten
Strahl im Sinne einer hierauf senkrechten Ebene gedreht sind. Die
Glasplatte wird mit einem Wort die Wirkung haben, dass sie die auf
sie treffenden Schwingungen in zwei zu einander senkrechte Compo-
nenten zu zerlegen strebt. Diese Zerlegung ist jedoch bei einer ein-
zigen Glasplatte niemals eine vollständige. Man kann sowohl die
Drehung des reflectirten wie des durchtretenden Strahls vollständiger
machen, wenn man an einer Reihe von Glasplatten nach einander
Reflexion und Brechung eintreten lässt, wenn man also z. B. in Fig. 156
die einfache Platte a b durch einen Satz über einander geschichteter
Glasplatten ersetzt. Während aber der durchtretende Strahl im streng-
sten Sinn niemals vollständig polarisirtes Licht enthält, ist der reflec-
tirte Strahl in einem bestimmten Fall schon bei der Reflexion an einer
einzigen Glasplatte vollständig polarisirt: dann nämlich, wenn er unter
dem Polarisationswinkel d. h. in einer Richtung auffällt, welche senk-
recht zu dem gebrochenen Strahl steht.

Auf die genauere Ableitung des Gesetzes, dass der gebrochene Strahl den ein-
fallenden zu einem rechten ergänzen muss, wenn das reflectirte Licht vollständig nach
der Einfallsebene polarisirt sein soll, können wir hier nicht eingehen; wir beschrän-
ken uns auf einige Betrachtungen, die dies Gesetz plausibel erscheinen lassen. Man
kann sich vorstellen, jeder Strahl gewöhnlichen Lichtes bestehe aus zwei Strahlen
senkrecht zu einander polarisirten Lichtes, denn alle nach beliebigen Richtungen er-

[Abbildung] Fig. 157.
folgende Schwingungen, wie a b, a c, a d (Fig. 157), können wir
in zwei Componenten nach beliebig gewählten, auf einander senk-
rechten Richtungen a x, a y zerlegen. Wir denken uns daher
den Strahl l m (Fig. 156) zusammengesetzt aus Schwingungen,
die in der Ebene des Papiers, und aus andern, die darauf senk-
recht erfolgen. Ebenso können die Schwingungen im Strahl m o
und diejenigen im Strahl m i, insofern sie nicht vollständig po-
larisirt sind, noch in zwei zu einander senkrechte Componenten

Von dem Lichte.
den die Intensitäten beider Strahlen einander gleich sein, und, wenn
die Schwingungen im Strahl m o senkrecht auf die Ebene l m o er-
folgten, so würden nun die Schwingungen im Strahl i k sämmtlich
in der Ebene l m o stattfinden.


215
Theorie der
Polarisation
durch Reflexion
und Brechung.

Um die Erscheinungen der Polarisation durch Reflexion und Bre-
chung zu erklären, müssen wir offenbar annehmen, dass jede durch-
sichtige Substanz vorzugsweise solche Aetherschwingungen durchlässt,
die in der Einfallsebene oder parallel derselben erfolgen, und solche
reflectirt, die in einer auf die Einfallsebene senkrechten Rich-
tung stattfinden. Fällt daher auf eine Glasplatte Licht, dessen
Schwingungen sämmtlich in der Einfallsebene geschehen, so wird das-
selbe ungestört durch die Platte hindurchtreten. Erfolgen dagegen
die Schwingungen des Lichtes nach verschiedenen andern Richtungen,
so wird an der Oberfläche der Glasplatte eine solche Wirkung auf die
Schwingungen stattfinden, dass die Schwingungen im gebrochenen
Strahl im Sinne der Einfallsebene, die Schwingungen im reflectirten
Strahl im Sinne einer hierauf senkrechten Ebene gedreht sind. Die
Glasplatte wird mit einem Wort die Wirkung haben, dass sie die auf
sie treffenden Schwingungen in zwei zu einander senkrechte Compo-
nenten zu zerlegen strebt. Diese Zerlegung ist jedoch bei einer ein-
zigen Glasplatte niemals eine vollständige. Man kann sowohl die
Drehung des reflectirten wie des durchtretenden Strahls vollständiger
machen, wenn man an einer Reihe von Glasplatten nach einander
Reflexion und Brechung eintreten lässt, wenn man also z. B. in Fig. 156
die einfache Platte a b durch einen Satz über einander geschichteter
Glasplatten ersetzt. Während aber der durchtretende Strahl im streng-
sten Sinn niemals vollständig polarisirtes Licht enthält, ist der reflec-
tirte Strahl in einem bestimmten Fall schon bei der Reflexion an einer
einzigen Glasplatte vollständig polarisirt: dann nämlich, wenn er unter
dem Polarisationswinkel d. h. in einer Richtung auffällt, welche senk-
recht zu dem gebrochenen Strahl steht.

Auf die genauere Ableitung des Gesetzes, dass der gebrochene Strahl den ein-
fallenden zu einem rechten ergänzen muss, wenn das reflectirte Licht vollständig nach
der Einfallsebene polarisirt sein soll, können wir hier nicht eingehen; wir beschrän-
ken uns auf einige Betrachtungen, die dies Gesetz plausibel erscheinen lassen. Man
kann sich vorstellen, jeder Strahl gewöhnlichen Lichtes bestehe aus zwei Strahlen
senkrecht zu einander polarisirten Lichtes, denn alle nach beliebigen Richtungen er-

[Abbildung] Fig. 157.
folgende Schwingungen, wie a b, a c, a d (Fig. 157), können wir
in zwei Componenten nach beliebig gewählten, auf einander senk-
rechten Richtungen a x, a y zerlegen. Wir denken uns daher
den Strahl l m (Fig. 156) zusammengesetzt aus Schwingungen,
die in der Ebene des Papiers, und aus andern, die darauf senk-
recht erfolgen. Ebenso können die Schwingungen im Strahl m o
und diejenigen im Strahl m i, insofern sie nicht vollständig po-
larisirt sind, noch in zwei zu einander senkrechte Componenten

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[324/0346] Von dem Lichte. den die Intensitäten beider Strahlen einander gleich sein, und, wenn die Schwingungen im Strahl m o senkrecht auf die Ebene l m o er- folgten, so würden nun die Schwingungen im Strahl i k sämmtlich in der Ebene l m o stattfinden. Um die Erscheinungen der Polarisation durch Reflexion und Bre- chung zu erklären, müssen wir offenbar annehmen, dass jede durch- sichtige Substanz vorzugsweise solche Aetherschwingungen durchlässt, die in der Einfallsebene oder parallel derselben erfolgen, und solche reflectirt, die in einer auf die Einfallsebene senkrechten Rich- tung stattfinden. Fällt daher auf eine Glasplatte Licht, dessen Schwingungen sämmtlich in der Einfallsebene geschehen, so wird das- selbe ungestört durch die Platte hindurchtreten. Erfolgen dagegen die Schwingungen des Lichtes nach verschiedenen andern Richtungen, so wird an der Oberfläche der Glasplatte eine solche Wirkung auf die Schwingungen stattfinden, dass die Schwingungen im gebrochenen Strahl im Sinne der Einfallsebene, die Schwingungen im reflectirten Strahl im Sinne einer hierauf senkrechten Ebene gedreht sind. Die Glasplatte wird mit einem Wort die Wirkung haben, dass sie die auf sie treffenden Schwingungen in zwei zu einander senkrechte Compo- nenten zu zerlegen strebt. Diese Zerlegung ist jedoch bei einer ein- zigen Glasplatte niemals eine vollständige. Man kann sowohl die Drehung des reflectirten wie des durchtretenden Strahls vollständiger machen, wenn man an einer Reihe von Glasplatten nach einander Reflexion und Brechung eintreten lässt, wenn man also z. B. in Fig. 156 die einfache Platte a b durch einen Satz über einander geschichteter Glasplatten ersetzt. Während aber der durchtretende Strahl im streng- sten Sinn niemals vollständig polarisirtes Licht enthält, ist der reflec- tirte Strahl in einem bestimmten Fall schon bei der Reflexion an einer einzigen Glasplatte vollständig polarisirt: dann nämlich, wenn er unter dem Polarisationswinkel d. h. in einer Richtung auffällt, welche senk- recht zu dem gebrochenen Strahl steht. Auf die genauere Ableitung des Gesetzes, dass der gebrochene Strahl den ein- fallenden zu einem rechten ergänzen muss, wenn das reflectirte Licht vollständig nach der Einfallsebene polarisirt sein soll, können wir hier nicht eingehen; wir beschrän- ken uns auf einige Betrachtungen, die dies Gesetz plausibel erscheinen lassen. Man kann sich vorstellen, jeder Strahl gewöhnlichen Lichtes bestehe aus zwei Strahlen senkrecht zu einander polarisirten Lichtes, denn alle nach beliebigen Richtungen er- [Abbildung Fig. 157.] folgende Schwingungen, wie a b, a c, a d (Fig. 157), können wir in zwei Componenten nach beliebig gewählten, auf einander senk- rechten Richtungen a x, a y zerlegen. Wir denken uns daher den Strahl l m (Fig. 156) zusammengesetzt aus Schwingungen, die in der Ebene des Papiers, und aus andern, die darauf senk- recht erfolgen. Ebenso können die Schwingungen im Strahl m o und diejenigen im Strahl m i, insofern sie nicht vollständig po- larisirt sind, noch in zwei zu einander senkrechte Componenten

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Zitationshilfe: Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/346>, abgerufen am 05.12.2024.