Das Wasser kommt in dem letzteren zum Sieden, wenn die Spannung seiner Dämpfe dem Druck des Ventils gleich geworden ist. Belastet man also das Ventil nach einander mit verschiedenen Gewichten, und beobachtet man jedesmal die im Moment wo das Ventil durch den siedenden Wasserdampf gehoben wird stattfindende Temperatur, so giebt die Belastung des Ventils die der Temperatur entsprechende Tension des Wasserdampfs an. Nach diesem Princip haben Dulong und Petit bei verschiedenen Temperaturen die Spannkraft des Was- serdampfes gemessen. Die neuesten und genauesten Versuche über diesen Gegenstand sind von Regnault und Magnus angestellt. Nach diesen Versuchen wachsen die Spannkräfte beträchtlich rascher als die Temperaturen.
Wir wollen hier nur einen für die Correction von Gewichts- und Dichtigkeits- bestimmungen (§. 247 u. 248) zureichenden Auszug aus der von Magnus gegebenen Tabelle für die Temperaturen zwischen -- 5° und + 60° beifügen. Solche Werthe der Lufttemperatur, die zwischen den unten angegebenen liegen, können durch Inter- polation ergänzt werden.
[Tabelle]
Magnus und Regnault haben ausserdem empirische Formeln zur Berechnung der Tension des Waeserdampfes bei verschiedenen Temperaturen nach ihren Beobach- tungen aufgestellt. Wie man schon aus der obigen Zahlenreihe erkennt, wächst die Spannkraft des Dampfes annähernd in geometrischem Verhältnisse, wenn die Tempe- ratur in arithmetischem zunimmt. Wäre dies vollständig richtig, so würde sich die bei einer Temperatur t vorhandene Spannkraft S = C. at finden, worin a die Spann- kraft bei 0° und C den Coefficienten der geometrischen Reihe bedeuten würde. Nun wächst aber S nicht ganz so rasch, wie es die geometrische Reihe verlangt, man muss also den Exponenten t noch durch eine bestimmte Grösse dividiren. Magnus hat so in der That gefunden, dass die Formel
[Formel 1]
hinreichend nahe den Beobachtungen genügt, wenn man a = 4,525, g = 234,69, und log. b = 7,4475 setzt.
Die Spannkraft des Wasserdampfes wird durch im Wasser ge-255 Spannkraft der Dämpfe von Lö- sungen und der Dampf- oder Gasgemenge. löste Salze vermindert. Hierin liegt ohne Zweifel die Erklärung zu der in §. 251 gefundenen Thatsache, dass der Siedepunkt der Salz- lösungen höher als derjenige des Wassers ist. Da nämlich alle Flüs- sigkeiten bei jener Temperatur sieden, bei welcher die Spannkraft ihres Dampfes den äussern Druck überwindet, so bedarf natürlich eine
25 *
Veränderungen des Aggregatzustandes.
Das Wasser kommt in dem letzteren zum Sieden, wenn die Spannung seiner Dämpfe dem Druck des Ventils gleich geworden ist. Belastet man also das Ventil nach einander mit verschiedenen Gewichten, und beobachtet man jedesmal die im Moment wo das Ventil durch den siedenden Wasserdampf gehoben wird stattfindende Temperatur, so giebt die Belastung des Ventils die der Temperatur entsprechende Tension des Wasserdampfs an. Nach diesem Princip haben Dulong und Petit bei verschiedenen Temperaturen die Spannkraft des Was- serdampfes gemessen. Die neuesten und genauesten Versuche über diesen Gegenstand sind von Regnault und Magnus angestellt. Nach diesen Versuchen wachsen die Spannkräfte beträchtlich rascher als die Temperaturen.
Wir wollen hier nur einen für die Correction von Gewichts- und Dichtigkeits- bestimmungen (§. 247 u. 248) zureichenden Auszug aus der von Magnus gegebenen Tabelle für die Temperaturen zwischen — 5° und + 60° beifügen. Solche Werthe der Lufttemperatur, die zwischen den unten angegebenen liegen, können durch Inter- polation ergänzt werden.
[Tabelle]
Magnus und Regnault haben ausserdem empirische Formeln zur Berechnung der Tension des Waeserdampfes bei verschiedenen Temperaturen nach ihren Beobach- tungen aufgestellt. Wie man schon aus der obigen Zahlenreihe erkennt, wächst die Spannkraft des Dampfes annähernd in geometrischem Verhältnisse, wenn die Tempe- ratur in arithmetischem zunimmt. Wäre dies vollständig richtig, so würde sich die bei einer Temperatur t vorhandene Spannkraft S = C. at finden, worin a die Spann- kraft bei 0° und C den Coëfficienten der geometrischen Reihe bedeuten würde. Nun wächst aber S nicht ganz so rasch, wie es die geometrische Reihe verlangt, man muss also den Exponenten t noch durch eine bestimmte Grösse dividiren. Magnus hat so in der That gefunden, dass die Formel
[Formel 1]
hinreichend nahe den Beobachtungen genügt, wenn man a = 4,525, γ = 234,69, und log. b = 7,4475 setzt.
Die Spannkraft des Wasserdampfes wird durch im Wasser ge-255 Spannkraft der Dämpfe von Lö- sungen und der Dampf- oder Gasgemenge. löste Salze vermindert. Hierin liegt ohne Zweifel die Erklärung zu der in §. 251 gefundenen Thatsache, dass der Siedepunkt der Salz- lösungen höher als derjenige des Wassers ist. Da nämlich alle Flüs- sigkeiten bei jener Temperatur sieden, bei welcher die Spannkraft ihres Dampfes den äussern Druck überwindet, so bedarf natürlich eine
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Veränderungen des Aggregatzustandes.
Das Wasser kommt in dem letzteren zum Sieden, wenn die Spannung
seiner Dämpfe dem Druck des Ventils gleich geworden ist. Belastet
man also das Ventil nach einander mit verschiedenen Gewichten, und
beobachtet man jedesmal die im Moment wo das Ventil durch den
siedenden Wasserdampf gehoben wird stattfindende Temperatur, so
giebt die Belastung des Ventils die der Temperatur entsprechende
Tension des Wasserdampfs an. Nach diesem Princip haben Dulong
und Petit bei verschiedenen Temperaturen die Spannkraft des Was-
serdampfes gemessen. Die neuesten und genauesten Versuche über
diesen Gegenstand sind von Regnault und Magnus angestellt.
Nach diesen Versuchen wachsen die Spannkräfte beträchtlich rascher
als die Temperaturen.
Wir wollen hier nur einen für die Correction von Gewichts- und Dichtigkeits-
bestimmungen (§. 247 u. 248) zureichenden Auszug aus der von Magnus gegebenen
Tabelle für die Temperaturen zwischen — 5° und + 60° beifügen. Solche Werthe
der Lufttemperatur, die zwischen den unten angegebenen liegen, können durch Inter-
polation ergänzt werden.
Magnus und Regnault haben ausserdem empirische Formeln zur Berechnung
der Tension des Waeserdampfes bei verschiedenen Temperaturen nach ihren Beobach-
tungen aufgestellt. Wie man schon aus der obigen Zahlenreihe erkennt, wächst die
Spannkraft des Dampfes annähernd in geometrischem Verhältnisse, wenn die Tempe-
ratur in arithmetischem zunimmt. Wäre dies vollständig richtig, so würde sich die
bei einer Temperatur t vorhandene Spannkraft S = C. at finden, worin a die Spann-
kraft bei 0° und C den Coëfficienten der geometrischen Reihe bedeuten würde. Nun
wächst aber S nicht ganz so rasch, wie es die geometrische Reihe verlangt, man
muss also den Exponenten t noch durch eine bestimmte Grösse dividiren. Magnus
hat so in der That gefunden, dass die Formel
[FORMEL] hinreichend nahe den Beobachtungen genügt, wenn man a = 4,525, γ = 234,69,
und log. b = 7,4475 setzt.
Die Spannkraft des Wasserdampfes wird durch im Wasser ge-
löste Salze vermindert. Hierin liegt ohne Zweifel die Erklärung zu
der in §. 251 gefundenen Thatsache, dass der Siedepunkt der Salz-
lösungen höher als derjenige des Wassers ist. Da nämlich alle Flüs-
sigkeiten bei jener Temperatur sieden, bei welcher die Spannkraft
ihres Dampfes den äussern Druck überwindet, so bedarf natürlich eine
255
Spannkraft der
Dämpfe von Lö-
sungen und der
Dampf- oder
Gasgemenge.
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Wundt, Wilhelm: Handbuch der medicinischen Physik. Erlangen, 1867, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/wundt_medizinische_1867/409>, abgerufen am 16.07.2024.
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