Lange Gespenster umher, und machten die Hofhunde bellen. Mancher schreyende Kantz, und mancher wahrsagende Kibitz, Foderten Leichen vom Dorf; ein süßer Gesang für den Cantor, Welcher voll Aberglauben auf häufige Leichen sich freute. Auf dem Schloß des Barons, des treusten Verehrers der Gräfin, Sinkt der rusigte Fittig des wüthenden Neides hernie- der. Hier verwandelt er sich in einen lachenden Sylphen, Und erschien dem Baron mit diesen güldenen Worten: Wie schläfst du so sanft, du Schönster der Sterblichen. Anmuth Schmücket die Wang auch im Schlaf, und Sieg die offene Stirne. O! wie schlank ist dein Wuchs, und o! wie hohl ist dein Rücken, Wenn du zu Pferde dich zeigst, und wenn du zum Tan- ze hervortritst. Du verdienest es auch, daß eine Diana dich liebet, Diese Zierde der Gegend, die erste Blume der Schönheit. Aber weißt du auch wohl, wozu sich die Gräfin ent- schlossen?
Mit
U
Dritter Geſang.
Lange Geſpenſter umher, und machten die Hofhunde bellen. Mancher ſchreyende Kantz, und mancher wahrſagende Kibitz, Foderten Leichen vom Dorf; ein ſuͤßer Geſang fuͤr den Cantor, Welcher voll Aberglauben auf haͤufige Leichen ſich freute. Auf dem Schloß des Barons, des treuſten Verehrers der Graͤfin, Sinkt der ruſigte Fittig des wuͤthenden Neides hernie- der. Hier verwandelt er ſich in einen lachenden Sylphen, Und erſchien dem Baron mit dieſen guͤldenen Worten: Wie ſchlaͤfſt du ſo ſanft, du Schoͤnſter der Sterblichen. Anmuth Schmuͤcket die Wang auch im Schlaf, und Sieg die offene Stirne. O! wie ſchlank iſt dein Wuchs, und o! wie hohl iſt dein Ruͤcken, Wenn du zu Pferde dich zeigſt, und wenn du zum Tan- ze hervortritſt. Du verdieneſt es auch, daß eine Diana dich liebet, Dieſe Zierde der Gegend, die erſte Blume der Schoͤnheit. Aber weißt du auch wohl, wozu ſich die Graͤfin ent- ſchloſſen?
Mit
U
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Dritter Geſang.
Lange Geſpenſter umher, und machten die Hofhunde
bellen.
Mancher ſchreyende Kantz, und mancher wahrſagende
Kibitz,
Foderten Leichen vom Dorf; ein ſuͤßer Geſang fuͤr
den Cantor,
Welcher voll Aberglauben auf haͤufige Leichen ſich freute.
Auf dem Schloß des Barons, des treuſten Verehrers
der Graͤfin,
Sinkt der ruſigte Fittig des wuͤthenden Neides hernie-
der.
Hier verwandelt er ſich in einen lachenden Sylphen,
Und erſchien dem Baron mit dieſen guͤldenen Worten:
Wie ſchlaͤfſt du ſo ſanft, du Schoͤnſter der Sterblichen.
Anmuth
Schmuͤcket die Wang auch im Schlaf, und Sieg die
offene Stirne.
O! wie ſchlank iſt dein Wuchs, und o! wie hohl iſt
dein Ruͤcken,
Wenn du zu Pferde dich zeigſt, und wenn du zum Tan-
ze hervortritſt.
Du verdieneſt es auch, daß eine Diana dich liebet,
Dieſe Zierde der Gegend, die erſte Blume der Schoͤnheit.
Aber weißt du auch wohl, wozu ſich die Graͤfin ent-
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Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 1. [Braunschweig], [1763], S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften01_1763/369>, abgerufen am 24.11.2024.
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