Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].

Bild:
<< vorherige Seite

Vierter Gesang.
Peitschet mit Schlangen den Flüchtling zurück, der vol-
ler Verzweiflung
Aus den schwarzen Gefilden der Pein zu entwischen ge-
denket.
Schaudernd hörte der Cyper die brüllenden Seufzer,
die Schlage,
Mit dem Geschwirre des Eisens, und schwerer rasseln-
der Ketten,
Welche die Elenden zogen, die hier der höllische Richter
Rhadamantus zu langen und grausamen Martern ver-
dammte.
Jetzo sprangen mit schrecklichem Schall die demantnen
Pforten
Aus den donnernden Angeln. Alekto mit brennender
Fackel
Fuhr heraus, und faßte den Cyper, und wollte schon
scheltend
Vor den Richter ihn schleppen, als sie ihn plötzlich er-
kannte.
O bist du es, (erhub sie die Stimme,) du trauriges Op-
fer
Meiner Rache, die du gewagt für mich zu vollbringen?
Dafür sollst du die Quaalen nicht sehn, die räubrische
Thiere
Hier Jahrhunderte peitschen. Dann wisse, hier wer-
den die Löwen,
Blutige Tyger und Panther, und alle die stolzen Erobrer,

Eh-
L 2

Vierter Geſang.
Peitſchet mit Schlangen den Fluͤchtling zuruͤck, der vol-
ler Verzweiflung
Aus den ſchwarzen Gefilden der Pein zu entwiſchen ge-
denket.
Schaudernd hoͤrte der Cyper die bruͤllenden Seufzer,
die Schlage,
Mit dem Geſchwirre des Eiſens, und ſchwerer raſſeln-
der Ketten,
Welche die Elenden zogen, die hier der hoͤlliſche Richter
Rhadamantus zu langen und grauſamen Martern ver-
dammte.
Jetzo ſprangen mit ſchrecklichem Schall die demantnen
Pforten
Aus den donnernden Angeln. Alekto mit brennender
Fackel
Fuhr heraus, und faßte den Cyper, und wollte ſchon
ſcheltend
Vor den Richter ihn ſchleppen, als ſie ihn ploͤtzlich er-
kannte.
O biſt du es, (erhub ſie die Stimme,) du trauriges Op-
fer
Meiner Rache, die du gewagt fuͤr mich zu vollbringen?
Dafuͤr ſollſt du die Quaalen nicht ſehn, die raͤubriſche
Thiere
Hier Jahrhunderte peitſchen. Dann wiſſe, hier wer-
den die Loͤwen,
Blutige Tyger und Panther, und alle die ſtolzen Erobrer,

Eh-
L 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg n="2">
              <pb facs="#f0171" n="163"/>
              <fw place="top" type="header">Vierter Ge&#x017F;ang.</fw><lb/>
              <l>Peit&#x017F;chet mit Schlangen den Flu&#x0364;chtling zuru&#x0364;ck, der vol-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">ler Verzweiflung</hi> </l><lb/>
              <l>Aus den &#x017F;chwarzen Gefilden der Pein zu entwi&#x017F;chen ge-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">denket.</hi> </l><lb/>
              <l>Schaudernd ho&#x0364;rte der Cyper die bru&#x0364;llenden Seufzer,</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">die Schlage,</hi> </l><lb/>
              <l>Mit dem Ge&#x017F;chwirre des Ei&#x017F;ens, und &#x017F;chwerer ra&#x017F;&#x017F;eln-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">der Ketten,</hi> </l><lb/>
              <l>Welche die Elenden zogen, die hier der ho&#x0364;lli&#x017F;che Richter</l><lb/>
              <l>Rhadamantus zu langen und grau&#x017F;amen Martern ver-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">dammte.</hi> </l><lb/>
              <l>Jetzo &#x017F;prangen mit &#x017F;chrecklichem Schall die demantnen</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Pforten</hi> </l><lb/>
              <l>Aus den donnernden Angeln. Alekto mit brennender</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Fackel</hi> </l><lb/>
              <l>Fuhr heraus, und faßte den Cyper, und wollte &#x017F;chon</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">&#x017F;cheltend</hi> </l><lb/>
              <l>Vor den Richter ihn &#x017F;chleppen, als &#x017F;ie ihn plo&#x0364;tzlich er-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">kannte.</hi> </l><lb/>
              <l>O bi&#x017F;t du es, (erhub &#x017F;ie die Stimme,) du trauriges Op-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">fer</hi> </l><lb/>
              <l>Meiner Rache, die du gewagt fu&#x0364;r mich zu vollbringen?</l><lb/>
              <l>Dafu&#x0364;r &#x017F;oll&#x017F;t du die Quaalen nicht &#x017F;ehn, die ra&#x0364;ubri&#x017F;che</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">Thiere</hi> </l><lb/>
              <l>Hier Jahrhunderte peit&#x017F;chen. Dann wi&#x017F;&#x017F;e, hier wer-</l><lb/>
              <l> <hi rendition="#et">den die Lo&#x0364;wen,</hi> </l><lb/>
              <l>Blutige Tyger und Panther, und alle die &#x017F;tolzen Erobrer,</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="sig">L 2</fw>
              <fw place="bottom" type="catch">Eh-</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[163/0171] Vierter Geſang. Peitſchet mit Schlangen den Fluͤchtling zuruͤck, der vol- ler Verzweiflung Aus den ſchwarzen Gefilden der Pein zu entwiſchen ge- denket. Schaudernd hoͤrte der Cyper die bruͤllenden Seufzer, die Schlage, Mit dem Geſchwirre des Eiſens, und ſchwerer raſſeln- der Ketten, Welche die Elenden zogen, die hier der hoͤlliſche Richter Rhadamantus zu langen und grauſamen Martern ver- dammte. Jetzo ſprangen mit ſchrecklichem Schall die demantnen Pforten Aus den donnernden Angeln. Alekto mit brennender Fackel Fuhr heraus, und faßte den Cyper, und wollte ſchon ſcheltend Vor den Richter ihn ſchleppen, als ſie ihn ploͤtzlich er- kannte. O biſt du es, (erhub ſie die Stimme,) du trauriges Op- fer Meiner Rache, die du gewagt fuͤr mich zu vollbringen? Dafuͤr ſollſt du die Quaalen nicht ſehn, die raͤubriſche Thiere Hier Jahrhunderte peitſchen. Dann wiſſe, hier wer- den die Loͤwen, Blutige Tyger und Panther, und alle die ſtolzen Erobrer, Eh- L 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/171
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763], S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/171>, abgerufen am 21.11.2024.