Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].Erster Gesang. Die poetische Prophezeyung ward indeß erfüllt. Aufeinmal zog der Zufall, oder sonst eine unsichtbare Hand einen Vorhang von neblichten Dünsten hinweg, wel- cher bisher alle Aussicht verhindert hatte. Eine wun- derbare Kette von Bergen lag ganz nahe vor ihnen da, und an dem Fusse derselben erblickten sie das so lange gewünschte Goslar mit seinen altvätrischen Mauren und Thürmen. Je näher sie der Stadt kamen; je mehr wurden sie von einem heiligen gothischen Schau- der eingenommen, der sie bey dem Anblicke dieser fin- stern ehrwürdigen Stadt überfiel. Und in der That schien es, als ob die Natur sich hier eine besondere Mühe gegeben, diese ganze Gegend recht schwarz, trau- rig und abentheuerlich zu machen. Eine lange Reihe von Bergen, jeder waldichter, höher, und fürchter- licher
Erſter Geſang. Die poetiſche Prophezeyung ward indeß erfuͤllt. Aufeinmal zog der Zufall, oder ſonſt eine unſichtbare Hand einen Vorhang von neblichten Duͤnſten hinweg, wel- cher bisher alle Ausſicht verhindert hatte. Eine wun- derbare Kette von Bergen lag ganz nahe vor ihnen da, und an dem Fuſſe derſelben erblickten ſie das ſo lange gewuͤnſchte Goslar mit ſeinen altvaͤtriſchen Mauren und Thuͤrmen. Je naͤher ſie der Stadt kamen; je mehr wurden ſie von einem heiligen gothiſchen Schau- der eingenommen, der ſie bey dem Anblicke dieſer fin- ſtern ehrwuͤrdigen Stadt uͤberfiel. Und in der That ſchien es, als ob die Natur ſich hier eine beſondere Muͤhe gegeben, dieſe ganze Gegend recht ſchwarz, trau- rig und abentheuerlich zu machen. Eine lange Reihe von Bergen, jeder waldichter, hoͤher, und fuͤrchter- licher
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Erſter Geſang.
Die poetiſche Prophezeyung ward indeß erfuͤllt. Auf
einmal zog der Zufall, oder ſonſt eine unſichtbare Hand
einen Vorhang von neblichten Duͤnſten hinweg, wel-
cher bisher alle Ausſicht verhindert hatte. Eine wun-
derbare Kette von Bergen lag ganz nahe vor ihnen da,
und an dem Fuſſe derſelben erblickten ſie das ſo lange
gewuͤnſchte Goslar mit ſeinen altvaͤtriſchen Mauren
und Thuͤrmen. Je naͤher ſie der Stadt kamen; je
mehr wurden ſie von einem heiligen gothiſchen Schau-
der eingenommen, der ſie bey dem Anblicke dieſer fin-
ſtern ehrwuͤrdigen Stadt uͤberfiel. Und in der That
ſchien es, als ob die Natur ſich hier eine beſondere
Muͤhe gegeben, dieſe ganze Gegend recht ſchwarz, trau-
rig und abentheuerlich zu machen. Eine lange Reihe
von Bergen, jeder waldichter, hoͤher, und fuͤrchter-
licher
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