Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763].

Bild:
<< vorherige Seite

Erster Gesang.
hatte eine verhungerte Katze bey sich, welche hier nicht
einmal Mäuse fand, ihren zusammengeschrumpften
Magen zu füllen. Kaum waren die beyden Helden
abgestiegen, und ihre Rosse in den Stall gezogen, als
ihnen die Zauberin des Schlosses erschien; eine junge
buhlrische Feye, welche die gerätheleeren Zimmer die-
ser Burg bewohnte. Zwar konte sie nicht, wie die
berühmte Circe, ihre Gäste in Schweine verwandeln,
dagegen war sie selbst einem Schweine viel ähnlicher,
als irgend einem andern menschlichen Geschöpfe. Jh-
re kleinen, langgespaltenen, mit weissen Haaren ein-
gefaßten, Augen waren den Schweinsaugen so ähn-
lich, als die Augen der Juno den Ochsenaugen. Jhr
Mund näherte sich so sehr der Gestalt eines Rüssels,
und ein paar grosse Zähne standen auf beyden Seiten

so

Erſter Geſang.
hatte eine verhungerte Katze bey ſich, welche hier nicht
einmal Maͤuſe fand, ihren zuſammengeſchrumpften
Magen zu fuͤllen. Kaum waren die beyden Helden
abgeſtiegen, und ihre Roſſe in den Stall gezogen, als
ihnen die Zauberin des Schloſſes erſchien; eine junge
buhlriſche Feye, welche die geraͤtheleeren Zimmer die-
ſer Burg bewohnte. Zwar konte ſie nicht, wie die
beruͤhmte Circe, ihre Gaͤſte in Schweine verwandeln,
dagegen war ſie ſelbſt einem Schweine viel aͤhnlicher,
als irgend einem andern menſchlichen Geſchoͤpfe. Jh-
re kleinen, langgeſpaltenen, mit weiſſen Haaren ein-
gefaßten, Augen waren den Schweinsaugen ſo aͤhn-
lich, als die Augen der Juno den Ochſenaugen. Jhr
Mund naͤherte ſich ſo ſehr der Geſtalt eines Ruͤſſels,
und ein paar groſſe Zaͤhne ſtanden auf beyden Seiten

ſo
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0199" n="191"/><fw place="top" type="header">Er&#x017F;ter Ge&#x017F;ang.</fw><lb/>
hatte eine verhungerte Katze bey &#x017F;ich, welche hier nicht<lb/>
einmal Ma&#x0364;u&#x017F;e fand, ihren zu&#x017F;ammenge&#x017F;chrumpften<lb/>
Magen zu fu&#x0364;llen. Kaum waren die beyden Helden<lb/>
abge&#x017F;tiegen, und ihre Ro&#x017F;&#x017F;e in den Stall gezogen, als<lb/>
ihnen die Zauberin des Schlo&#x017F;&#x017F;es er&#x017F;chien; eine junge<lb/>
buhlri&#x017F;che Feye, welche die gera&#x0364;theleeren Zimmer die-<lb/>
&#x017F;er Burg bewohnte. Zwar konte &#x017F;ie nicht, wie die<lb/>
beru&#x0364;hmte Circe, ihre Ga&#x0364;&#x017F;te in Schweine verwandeln,<lb/>
dagegen war &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t einem Schweine viel a&#x0364;hnlicher,<lb/>
als irgend einem andern men&#x017F;chlichen Ge&#x017F;cho&#x0364;pfe. Jh-<lb/>
re kleinen, langge&#x017F;paltenen, mit wei&#x017F;&#x017F;en Haaren ein-<lb/>
gefaßten, Augen waren den Schweinsaugen &#x017F;o a&#x0364;hn-<lb/>
lich, als die Augen der Juno den Och&#x017F;enaugen. Jhr<lb/>
Mund na&#x0364;herte &#x017F;ich &#x017F;o &#x017F;ehr der Ge&#x017F;talt eines Ru&#x0364;&#x017F;&#x017F;els,<lb/>
und ein paar gro&#x017F;&#x017F;e Za&#x0364;hne &#x017F;tanden auf beyden Seiten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;o</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[191/0199] Erſter Geſang. hatte eine verhungerte Katze bey ſich, welche hier nicht einmal Maͤuſe fand, ihren zuſammengeſchrumpften Magen zu fuͤllen. Kaum waren die beyden Helden abgeſtiegen, und ihre Roſſe in den Stall gezogen, als ihnen die Zauberin des Schloſſes erſchien; eine junge buhlriſche Feye, welche die geraͤtheleeren Zimmer die- ſer Burg bewohnte. Zwar konte ſie nicht, wie die beruͤhmte Circe, ihre Gaͤſte in Schweine verwandeln, dagegen war ſie ſelbſt einem Schweine viel aͤhnlicher, als irgend einem andern menſchlichen Geſchoͤpfe. Jh- re kleinen, langgeſpaltenen, mit weiſſen Haaren ein- gefaßten, Augen waren den Schweinsaugen ſo aͤhn- lich, als die Augen der Juno den Ochſenaugen. Jhr Mund naͤherte ſich ſo ſehr der Geſtalt eines Ruͤſſels, und ein paar groſſe Zaͤhne ſtanden auf beyden Seiten ſo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/199
Zitationshilfe: Zachariae, Justus Friedrich Wilhelm: Poetische Schriften. Bd. 2. [Braunschweig], [1763], S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/zachariae_schriften02_1763/199>, abgerufen am 18.05.2024.